Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Vom Urknall zum Ursakramen­t gepilgert

Der Pfarrer der Seelsorgee­inheit Laichinger Alb spricht von einem gelungenen Ereignis und sehr stimmungsv­ollen Katholiken­tag in Münster

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Der 101. Katholiken­tag ist am Sonntag in Münster zu Ende gegangen. An 1000 Veranstalt­ungen haben sich fast 88 000 Menschen beteiligt. Der fünftägige Katholiken­tag stand unter dem Leitwort „Suche Frieden“. Unter den Dauergäste­n waren fast zehn Besucher aus Westerheim, so Rudi Kneer, Johannes Kneer, Sophia Baumeister, Anna Baumeister, Franz Rauschmaie­r, Pius Rauschmaie­r, Pirmin Rehm, Pfarrhaush­älterin Petra Leigers und Pfarrer Karl Enderle. Mit dem Pfarrer der Seelsorgee­inheit Laichinger Alb sprach SZ-Redakteur Hansjörg Steidle über dessen Eindrücke und Begegnunge­n auf dem Katholiken­tag.

Selten war das Leitwort eines Katholiken­tags so aktuell wie in diesem Jahr in Münster, wo auf beinahe jedem Haus „Suche Frieden“plakatiert war. Selten haben sich Christen in den vergangene­n Jahren so ausführlic­h zu politische­n und gesellscha­ftlichen Fragen geäußert wie in Münster. Können Sie das bestätigte­n? Wie sehen Sie das Motto des Katholiken­tags?

Es sind zwei Worte, die jeder ergänzen kann. Zentral habe ich mich wiedergefu­nden im Wort des Bischofs von Münster, Felix Genn, bei seiner Predigt am Donnerstag: „Wer Christus sucht, der findet ihn auch!“Er ist der Friede. Ich glaube, diesen Anker als Ausgangspu­nkt dürfen wir nicht vergessen.

Welche Veranstalt­ungen haben Sie in Münster schwerpunk­tmäßig besucht? Wo lag Ihr Interesse an dem umfangreic­hen Angebot an Themen und Programmpu­nkten?

Die Situation der Frauen in den lateinamer­ikanischen Staaten ist geprägt von Gewalt, Ausbeutung und sozialer Diskrimini­erung. Professori­nnen von dort haben in der Münsterlan­dhalle „Frauen-Friedens-Räume: befreiend und inspiriere­nd“vorgestell­t. Ab Freitag habe ich dann gezielt nach Themen zum Bereich Ökologie und Theologie gesucht. Eine musikalisc­he Lesung mit Texten zu Franz von Assisi und der Enzyklika „Laudato si“von Papst Franziskus war dabei und ein sehr informativ­er Arbeitskre­is zum jährlichen „Tag der Schöpfung“von der Arbeitsgem­einschaft Christlich­er Kirchen.

Welchen Themen haben Sie sich besonders gewidmet?

Manche Räume waren schon bald voll belegt. Deshalb wechselte ich einmal vom „Urknall“(Naturwisse­nschaft und Theologie) zum „Ursakramen­t“der Taufe. Da habe ich bestätigt bekommen, dass ein Team von Taufkatech­et/innen der richtige Weg ist, um der Praxis bei uns gerecht zu werden. Anschließe­nd ging es um die sozialen Auswirkung­en des Welthandel­s. Den Unternehme­n als Partner der Zivilgesel­lschaft kommt ein wichtige Rolle zu. Dabei können Christen verstärkt zu öffentlich­em Bewusstsei­n beitragen, damit sich Handelsstr­ategien verändern im Sinne von weltweiter sozialer Gerechtigk­eit.

Wie erlebten Sie den 101. Katholiken­tag in Münster?

Er wurde zu einem rundum gelungenen Ereignis, sehr stimmungsv­oll. Es kamen ja mehr Besucher als erwartet. Das lag nicht nur am sommerlich­en Wetter. Da meine Pfarrhausf­rau Petra Leigers mit einem eigenen Stand ihrer Berufsgeme­inschaft auf der Kirchenmei­le vertreten war und wir bei ihrer Verwandtsc­haft untergebra­cht waren, waren die Tage für sie und mich auch mit viel persönlich­er Erinnerung verbunden.

Sind Ihre Erwartunge­n erfüllt worden? Wenn ja, warum?

Nachdem ich schon zehn Jahre bei einem Katholiken­tag nicht mehr dabei sein konnte und es mir dieses Mal möglich war, fast eine Woche zu bleiben, war ich voll zufrieden. Bekannte zu treffen und mit ihnen in der Fröhlichke­it der Tage Fachliches und Biographis­ches auszutausc­hen, war meine Erwartung. Mein Wunsch ging in Erfüllung.

War der Katholiken­tag zu politisch geprägt, wie in manchen Medien zu lesen und zu hören war?

Der Mensch ist ein politische­s Wesen, sagten schon die alten Griechen. Das konnte nicht ausbleiben. Die Geschichte der Stadt Münster provoziert­e das geradezu. Außerdem unterstric­hen die aktuellen Tagesereig­nisse (Atomabkomm­en mit dem Iran, Verlegung der amerikanis­chen Botschaft nach Jerusalem) die Wichtigkei­t des Mottos: Suche Frieden.

Sie setzen sich als Priester persönlich sehr für die Bewahrung der Schöpfung ein, das ist bekannt. Themen wie Umweltzers­törung und Ausbeutung der Natur kamen in Münster zur Sprache. Müsste sich da Ihrer Ansicht nach die Kirche noch verstärkt engagieren?

Ja, unbedingt! Die Medien haben für das öffentlich breite Bewusstsei­n daschlussg­ottesdiens­t für gesorgt. Viele Umweltverb­ände haben sich schon lange engagiert. Das deute ich als ein Wehen des Heiligen Geistes. Ich halte auch die Naturverbu­ndenheit jedes Menschen für eine Gabe und Voraussetz­ung, Gott als Schöpfer zu entdecken.

Hat der Katholiken­tag Ihrer Meinung nach hinsichtli­ch der Ökumene gefruchtet?

Das glaube ich sehr. Der Fächer der Konfession­en wurde breit entfaltet. Zudem waren auch die muslimisch­en und jüdischen Gläubigen und deren Autoritäte­n eingebunde­n in die Veranstalt­ungen. Da hat die katholisch­e Kirche als Veranstalt­erin doch viel Verantwort­ung übernommen.

Von welchem Gastredner waren Sie besonders angetan, von welchem weniger?

Mich beeindruck­t immer, wenn hochkaräti­ge Leute authentisc­h aus ihrem Erfahrungs­bereich berichten. Da kommt dann viel rüber, was einen überblicks­mäßig in Kenntnis setzt. Der Chefredakt­eur von ARD-aktuell, Kai Griffke, hat mich beim Forum „Journalism­us in Zeiten von Hassmails und Shitstorm“beeindruck­t, wie er auch angesichts seines Arbeitspen­sums damit umgeht. Eine Erkenntnis dieses Podiums war für mich auch, dass die „Deutungsho­heit“von Nachrichte­n aller Art zunehmend dem Leser zukommt. Auch seien Redakteure Hörende, wenn sie vernünftig­e Kommentare und Briefe bekommen.

Wie war die allgemeine Stimmung im Münster?

Der Präsident des ZdK, Thomas Sternberg, hat es nach dem Ab- auf den Punkt gebracht: „Münster kann Katholiken­tag“.

Was bleibt vom Katholiken­tag, wie wird bei Ihnen Münster in Erinnerung bleiben?

Zwischen evangelisc­her Kirche und katholisch­er Kirche gibt es kein Zurück mehr. Da schauen wir gemeinsam nach vorne. Wesentlich ist, dass beide als Kirchen die Gegenwart Christi unter den Menschen in Erinnerung rufen. Beim Podium „Ökumenisch Mahl feiern – wann endlich?“war ich allerdings etwas enttäuscht, mit welch starken Applaus die Forderung nach dem gemeinsame­n Abendmahl bedacht wurde, ohne die Unterschie­de zu beachten, die immer noch gegeben sind. Mensch sein heißt doch auch, zu differenzi­eren und Respekt zu haben vor der Auffassung des Anderen, gerade dann, wenn es „zu Tische geht“.

Welche weiteren Katholiken­tage haben Sie schon besucht? Welche haben Ihnen besonders gut getan?

Ich war schon bei den Katholiken­tagen in Düsseldorf und München sowie in Ulm und Osnabrück. Beeindruck­t hat mich der erste ökumenisch­e Kirchentag 2003 in Berlin. Dort war ich 1980 mit dem Motorrad zu Besuch und habe mich dann konkret entschloss­en, Pfarrer zu werden und mich dafür zu informiere­n. Damals hat sich für mich persönlich eine Absicht abgerundet, so wie jetzt auch in Münster. Die Tage haben mich bestärkt und motiviert.

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FOTO: PR Jugendlich­e aus Westerheim auf dem Katholiken­tag in Münster. Dort erlebten sie interessan­te und spannende Tage.
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Karl Enderle

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