Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Bin der Marke lange hinterhergelaufen“
Leichtathletik: Der Ulmer Tim Nowak über seinen ersten Zehnkampf über 8000 Punkte
ULM (sibe) - Der Zehnkämpfer Tim Nowak vom SSV Ulm 1846 hat bei den offenen mitteldeutschen Mehrkampfmeisterschaften in Halle/Saale erstmals mehr als 8000 Punkte erzielt. Mit 8037 Punkten schloss der 22-Jährige den Wettkampf ab, nachdem er in der letzten Disziplin, dem 1500-Meter-Lauf, in 4:24,15 Minuten seine persönliche Bestzeit unterboten hatte. Im Interview spricht Nowak über den Zehnkampf in Halle, die Reaktionen auf seinen ersten 8000er und seine Chancen auf eine Teilnahme an den Europameisterschaften in Berlin.
Sie haben in Halle an der Saale mit mehr als 8000 Punkten erstmals die Schallmauer im Zehnkampf durchbrochen. War das so etwas wie ein Befreiungsschlag?
Genau das war es. Ich bin der Marke so lange hinterhergelaufen, fast vier Jahre lang. Sie war immer greifbar und immer ist etwas dazwischengekommen. Da habe ich den Druck schon krass gespürt und zwischendurch auch mit mehreren Psychologen zusammengearbeitet, weil ich gemerkt habe, dass mich die Jagd nach den 8000 Punkten runter zieht. Von daher ist die Erleichterung jetzt enorm. Wenn ich die Ergebnisliste ansehe, muss ich grinsen.
Am Ende kam es in Halle auf den 1500-Meter-Lauf an und die Bestleistung in dieser Disziplin, die für die 8000-Punkte-Marke nötig waren. Ihre Ulmer Trainingspartner Arthur Abele und Mathias Brugger haben Sie auf Ihrem Weg unterstützt. Nehmen Sie uns doch noch einmal mit zurück zu diesem Rennen – wie haben Sie es erlebt?
Es war ein Rennen, das ich fast in Trance gelaufen bin. Ich war extrem zielgerichtet, wollte nicht den nächsten 7980-Punkte-Wettkampf. Ich fühlte mich gut und wusste, dass ich die Zeit drauf habe. Wir hatten vor- her besprochen, dass Matze und Arthur für mich Tempo und Windschutz machen, das hat fast perfekt funktioniert. Bis zur letzten Kurve war es für mich nur kopfloses Hinterherlaufen, dann ist Matze ausgeschert und ich habe noch mal Vollgas gegeben.
Schwierig war wohl auch der Einstieg in den zweiten Tag. Nach 1,92 Metern im Hochsprung sah es nicht mehr nach einer neuen Bestmarke aus. Wie haben Sie sich für die weiteren Disziplinen motiviert?
Der erste Tag verlief nicht optimal, der Hochsprung mit 17 Zentimetern unter Bestleistung hat total reingehauen, das weiß ich natürlich. Aber ich habe am ganzen Wochenende nicht einmal den Rechner in die Hand genommen. Vielleicht war das gut. Ich hatte mir vorher schon oft gesagt: Tim, du darfst nicht rechnen.
Welche Reaktionen haben Sie auf Ihren Wettkampf erhalten?
Es kamen kaum Standardnachrichten nach dem Motto: Herzlichen Glückwunsch. Es gab aber sehr viele emotionale Reaktionen wie: Super, Du hast es dir so verdient. Darüber habe ich mich extrem gefreut.
Sie haben nun als erster deutscher Zehnkämpfer die Europameisterschaftsnorm für Berlin überboten. Wie bewerten Sie die Ausgangslage vor den weiteren Qualifikationswettkämpfen?
Einerseits bin ich in einer sehr guten Situation: Erster Zehnkampf des Jahres, Norm erfüllt. Andererseits werden 8037 Punkte mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem nicht reichen, sich für Berlin zu qualifizieren. Ausruhen werden ich mich darauf also natürlich nicht.
Die endgültige Entscheidung über die drei deutschen EM-Tickets fällt beim Mehrkampf-Meeting in Ratingen am 16. und 17. Juni. Was können wir dort erwartenn?
Ich hoffe, dass ich mich dort noch einmal steigere und damit eine realistische Chance habe, mich für Berlin zu qualifizieren. Über 100 Meter, 400 Meter und im Weitsprung hat in Halle noch einiges zu meinen normalen Leistungen vom vergangenen Jahr gefehlt. Und ich glaube, dass ich auch meine Stärken noch nicht ganz ausgespielt habe. Klar ist es schön, 45 Meter mit dem Diskus zu werfen. Aber ich weiß, dass ich auch 48 drauf habe. 62 Meter mit dem Speer sind auch ein sehr gutes Ergebnis, aber im Training werfe ich weiter. Entscheidend werden aber die Sprungdisziplinen sein und dass ich mich da noch steigern kann. Ich hoffe, dass ich überall noch ein bisschen drauf legen kann, um dann in Ratingen wirklich konkurrenzfähig zu sein.