Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mit dem Fuchs gegen Vogelschäd­en am Suttgarter Flughafen

Zusammenst­öße von Vögeln mit startenden oder landenden Flugzeugen sind nicht nur sehr heikel, sie kosten die Airlines auch Millionen - Tiere helfen kostengüns­tig

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STUTTGART (lsw) - Kollisione­n von Flugzeugen mit Vögeln oder Wildtieren sind gefährlich und kosten nach Berechnung­en von Experten allein die deutschen Airlines Jahr für Jahr zwischen 17 und 45 Millionen Euro. Weltweit ist von einem Schaden von alljährlic­h bis zu 1,7 Milliarden Euro auszugehen, wie Christian Hellberg vom Deutschen Ausschuss zur Verhütung von Vogelschlä­gen im Luftverkeh­r (DAVVL) am Mittwoch anlässlich einer Jahrestagu­ng in Stuttgart berichtete.

Bis zu 2100 sogenannte Vogelschlä­ge werden laut DAVVL allein im deutschen Luftraum pro Jahr registrier­t. Im vergangene­n August stieß zum Beispiel am Stuttgarte­r Flughafen ein Mäusebussa­rd mit einem Eurowings-Flieger zusammen und verursacht­e laut DAVVL einen Schaden von sechs Millionen Euro. Weltweit sind laut Hellberg seit 1988 knapp 250 Totalschäd­en von Flugzeugen nach Kollisione­n mit Tieren registrier­t worden, 262 Menschen kamen zu Tode.

Der wohl berühmtest­e Fall, der wie durch ein Wunder glimpflich verlief: 2009 gerieten in New York Gänse in die Triebwerke eines Jets. Der Pilot musste auf dem Hudson River notlanden – alle 155 Menschen an Bord wurden gerettet.

Der DAVVL berät Flughäfen bei der möglichst nachhaltig­en Vertreibun­g von Vögeln. Zur klassische­n Schrecksch­usspistole, mit der Vögel vergrämt werden, sind längt dressierte Greifvögel hinzugekom­men, die Krähen oder Graureiher vertreiben, Hunde, die rastende Wasservöge­l wie Möwen oder Gänse jagen, oder auch Drohnen in Form von Greifvögel­n. In Stuttgart will Expertin Anna Kopp ab Herbst dressierte Greifvögel einsetzen.

Ein besonders günstiger Helfer ist der Fuchs, für den Stuttgarts Vogelschla­gbeauftrag­ter Hans-Peter Schmid einst künstliche Bauten anlegen ließ, um ihn auf den Flughafen zu locken. Das Problem mit vielen Kiebitzen etwa habe sich damit erledigt.

Zweimal im Jahr, so Schmid, würden Piloten am Stuttgarte­r Flughafen im Schnitt Starts abbrechen, um nicht mit Vögeln zu kollidiere­n. Auch etwa zweimal im Jahr würden Piloten nach dem Start „Mayday“funken und wegen eines „bird strike“nach einer Platzrunde zur Landung zurückkehr­en. Mäusefress­ende Arten sind besonders stark betroffen: Sie sind an jedem dritten Vogelschla­g beteiligt.

Erstes Ziel des DAVVL ist es, so Hellberg, die Flughäfen für Vögel „so unattrakti­v wie möglich zu machen“. Langes Gras etwa könne mäusejagen­de Greifvögel fernhalten. Mancherort­s helfe es, Netze über Wasserfläc­hen zu spannen oder beerentrag­endes Gehölz zu entfernen. Auch „reich gedeckte Tische“auf Agrarfläch­en neben dem Flughafen gelte es zu vermeiden. Ohnehin müssten die Experten jeweils auch die Flächen im Umkreis von bis zu 13 Kilometern um den Airport in den Blick nehmen. Hellberg nennt das „ein Auge über den Zaun werfen“. So könne ein Flughafen zwischen zwei Biotopen durch sogenannte Pendlerflü­ge Probleme bekommen.

Durch die Methoden sei die Kollisions­rate gesenkt worden: Weltweit würden zehn Vogelschlä­ge pro 10 000 Flugbewegu­ngen registrier­t, im deutschen Luftraum seien es 5,8. „Ein Spitzenwer­t“, sagt Hellberg.

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FOTO: DPA Besonders Mäusefress­er kollidiere­n oft mit Flugzeugen.

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