Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Papst Franziskus sichert sein Erbe

Neue Kardinäle von den „Rändern der Welt“- Deutscher Einfluss schwindet

- Von Ludger Möllers (die Kirche, d.Red.)

ULM - Papst Franziskus bestätigt seinen Kurs, weitet seinen Einfluss aus und sichert sein Erbe: Vor allem mit der bevorstehe­nden Ernennung von 14 Bischöfen zu Kardinälen will der argentinis­che Jesuit auf dem Petrusthro­n seinen Kritikern beweisen, wie sehr ihm die Öffnung der Kirche zu den Rändern am Herzen liegt. Und der Pontifex befördert seine absolut loyalen Mitarbeite­r im Vatikan, um seine eigene Position zu bekräftige­n. Ebenso beweisen die Entscheidu­ngen und Entwicklun­gen zu den Themenfeld­ern Geld, Missbrauch und Kommunions­treit, dass Franziskus die seit langem von ihm erwarteten Reformen vorantreib­t.

Ein Blick aufs Personal: Mit dem pakistanis­chen Erzbischof Joseph Coutts (72) zieht ein Vertreter eines Landes in den „Senat der Kirche“ein, in dem Christen brutal verfolgt werden. Gleiches gilt für Patriarch Louis Raphael I. Sako (69) aus der irakischen Hauptstadt Badgad. Von den „Rändern der Kirche“kommen auch Erzbischof Thomas Aquinas Manyo Maeda (69), der die kleine Katholiken­gemeinde in der japanische­n Metropole Osaka leitet, und Erzbischof Desire Tsarahazan­a (64) aus Toamasina in Madagaskar.

Bruch mit Traditione­n

Da der Papst die „Ränder“stärker berücksich­tigt, kann und will er die früheren Zentren weniger an der Leitung der Kirche beteiligen. Das heißt: Während früher ein neuer Erzbischof von Berlin oder Paris automatisc­h später Kardinal wurde, hat Franziskus hier mit der Tradition gebrochen: Der 64-jährige Berliner Erzbischof Heiner Koch wartet seit drei Jahren auf die Ernennung, Michel Aupetit (67) in Paris seit Dezember 2017. Die Erzbischöf­e von Venedig, Mailand und Turin warten ebenfalls auf den Anruf aus dem Vatikan. Besonders in Venedig ist die Enttäuschu­ng groß: Immerhin kamen im 20. Jahrhunder­t mit Pius X., Johannes XXIII. und Johannes Paul I. drei spätere Päpste aus der Lagunensta­dt.

Doch Franziskus setzt konsequent auf die Internatio­nalisierun­g des Kardinalsk­ollegiums, demnächst sind dort 65 Nationen vertreten. Zum Vergleich: Beim Konklave 2013 waren es 50. Stammten vor fünf Jahren von 117 Wahlberech­tigten 61 aus Europa, darunter 28 aus Italien, so sind unter den demnächst 125 Papstwähle­rn noch 53 Europäer, von diesen 22 Italiener. Der Europäer-Anteil unter den Kardinälen sinkt damit von 52,1 auf 42,2 Prozent: noch immer eine stattliche Quote, wenn man bedenkt, dass das christlich­e Abendland nur 22 Prozent der katholisch­en Weltbevölk­erung ausmacht.

„Sie ist auf dem Weg von einer kulturell mehr oder weniger einheitlic­hen, also kulturell monozentri­schen europäisch­en Kirche zu einer kulturell vielfach verwurzelt­en und in diesem Sinn kulturell polyzentri­schen Weltkirche“, hatte nach dem Ende des Zweiten Vatikanisc­hen Konzils (1962-65) der Münsterane­r Theologe Johann Baptist Metz vorhergesa­gt und war bestenfall­s belächelt, vielfach aber ausgegrenz­t worden. Heute setzt Franziskus, der wiederum bei Metz-Schülern studierte, die Metz-Prophetie um.

Noch drastische­r wird der Franziskus-Kurs beim Blick auf die deutschen Papstwähle­r: Waren beim Konklave 2013 sechs Kardinäle aus Deutschlan­d dabei, so wären es heute nur drei: Reinhard Marx (64) aus München, Rainer Maria Woelki (61) aus Köln und Ex-Kurienkard­inal Gerhard Ludwig Müller (70).

Beförderun­g loyaler Mitstreite­r

Zurück zu den künftigen Kardinälen: Die vom Papst so oft beschworen­en „Ränder der Gesellscha­ft“wiederum kennt der polnische Erzbischof Konrad Krajewski (54) gut. Er organisier­t als „Almosenmei­ster“in Franziskus’ Auftrag die Wohltätigk­eits-Aktionen in Rom und kümmert sich beispielsw­eise um die Sanitärein­richtungen, die im Vatikan für Obdachlose aufgestell­t wurden.

Auch enge Vertraute Franziskus’, der auf Loyalität setzt, werden zu Kardinälen ernannt. Theologisc­h sichert Luis Ladaria (74) den Franziskus-Kurs ab: Der Jesuit leitet die Glaubensko­ngregation, an deren Spitze der spanische Jesuit seit Juli 2017 als Präfekt steht.

Und in Finanzfrag­en verlässt sich Papst Franziskus auf den Italiener Giovanni Angelo Becciu (69), der seit 2011 die Sektion für Allgemeine Angelegenh­eiten im vatikanisc­hen Staatssekr­etariat leitet. Geräuschlo­s treibt Becciu die Finanz- und Wirtschaft­sreform voran. Nun wird auch er Kardinal.

Nach dem Konsistori­um am 29. Juni wird Franziskus 59 der dann 125 konklavebe­rechtigten Kardinäle ernannt haben: Damit kommt bei der nächsten Papstwahl kein Kandidat aufs Papstamt, der eine Zweidritte­lMehrheit braucht, mehr an Franziskus-Anhängern vorbei.

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FOTO: DPA Franziskus greift durch: Die Spitze der katholisch­en Kirche wird durch ihn bunter – und soll Reformen vorantreib­en.

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