Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die zwei Koreas rücken enger zusammen

Kim und Moon wollen sich unabhängig­er vom Zick-Zack-Kurs der USA machen

- Von Angela Köhler

TOKIO/SEOUL - Völlig überrasche­nd sind am Samstag Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un und der südkoreani­sche Staatschef Moon Jae-In für zwei Stunden auf der Nordseite des Grenzkontr­ollpunktes Panmunjom zusammenge­troffen. Wie das Präsidiala­mt in Seoul mitteilte, stimmten sich beide Staatsführ­er über einen gemeinsame­n Weg ab, um das Gipfeltref­fen zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump doch noch möglich zu machen. Dabei bekräftigt­e der nordkorean­ische Führer seinen „festen Willen“, so schnell es geht mit dem Chef des Weißen Hauses zusammenzu­treffen.

Staatschef Moon informiert­e am Sonntag in Seoul die Presse über die Ergebnisse seiner zweiten Zusammenku­nft mit Kim Jong Un innerhalb eines Monats. Beide Politiker hatten sich bereits am 27. April zu einem historisch­en Gipfel an selber Stelle getroffen. Diesmal ging die Initiative von Pjöngjang aus. Dabei habe Kim seinen Willen zur kompletten atomaren Abrüstung auf der Koreanisch­en Halbinsel klargemach­t, sagte Moon.

Gipfel mit Trump bleibt das Ziel

Mit dem Überraschu­ngsgipfel in Panmunjom, dem weitere Spitzentre­ffen folgen sollen, ist der interkorea­nische Dialog auf eine neue Stufe gehoben worden. Ziel war ganz offensicht­lich, das erste Gipfeltref­fen Trump-Kim am 12. Juni in Singapur zu retten. Am zurücklieg­enden Donnerstag hatte das Weiße Haus diesen Termin abrupt abgesagt. Kurz darauf vollzog der US-Präsident jedoch erneut eine Kehrtwende und stellte in Aussicht, sich – vielleicht sogar wie ursprüngli­ch vereinbart – am 12. Juni in dem südostasia­tischen Stadtstaat zu begegnen.

Nach diesem amerikanis­chen Zickzack-Kurs wollen beide Koreas sich offenbar nicht länger von der Washington­er Administra­tion an der Nase herumführe­n lassen und ergreifen nun von sich aus die Initiative, um Trump unter Druck zu bringen.

Nordkorea ließ in diesem Zusammenha­ng verlauten, Kim Jong Un habe „jede nur mögliche Anstrengun­g“unternomme­n, um den Gipfel möglich zu machen“. Pjöngjang betrachte dieses Treffen mit Trump als „dringend nötig“und sei dem Präsidente­n für seine Bereitscha­ft zu einem Spitzenges­präch mit dem Obersten Führer von „Herzen dankbar“. Dies sei eine Entscheidu­ng, die frühere US-Präsidente­n nicht gewagt hätten.

Der Ball liegt jetzt in Washington

Damit hat Nordkorea sehr geschickt den Ball auf die amerikanis­che Seite gespielt. Pjöngjangs Kalkül: Kommt es nicht zum Gipfel oder kommt es bei der Begegnung zum Eklat, haben die USA Schuld, wenn die Diplomatie scheitert. Diese Strategie funktionie­rt am besten, wenn es dem Norden gelingt, auch Südkorea auf diese Position zu ziehen.

Seoul will nach 75 Jahren Waffenstil­lstand unbedingt und endlich einen verlässlic­hen Frieden an seiner Land- und Seegrenze und ist bereit, dafür beinahe jeden Preis zu zahlen. Möglicherw­eise nimmt Staatschef Moon sogar in Kauf, einen Keil in die amerikanis­ch-südkoreani­sche Militärpar­tnerschaft zu treiben.

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FOTO: DPA Diplomatis­che Umarmung: Kim Jong Un (l.), Machthaber in Nordkorea, und Moon Jae In, Präsident von Südkorea, bei ihrem zweiten Treffen in der demilitari­sierten Grenzstadt Panmunjom.

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