Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Die Arbeitnehmer müssten die Zeche bezahlen“
Unternehmen können sich auf mögliche Strafzölle der US-Regierung notfalls einstellen, sagt Gabriel Felbermayr vom ifo-Zentrum
MÜNCHEN - Die Drohungen von USPräsident Donald Trump, Einfuhrzölle auf Autos und Autoteile aus Deutschland drastisch anzuheben, könnten tatsächlich böse Folgen haben, meint der Leiter des ifo-Zentrums für Außenwirtschaft Gabriel Felbermayr.
Herr Prof. Felbermayr, was würde die Umsetzung der Drohung von US-Präsident Trump für die deutsche Wirtschaft bedeuten?
Man muss unterscheiden zwischen den Effekten für die Automobilbranche und für die deutsche Volkswirtschaft. Die Autobranche verfügt über viel Freiheit, da sie stark globalisiert ist und weltweit produziert. Das gilt auch für die Zulieferer. Für sie sind die Zölle ärgerlich, tun aber nicht wahnsinnig weh, weil sie ihre Aktivitäten so strukturieren können, dass sie von den Zöllen wenig betroffen sind. Weh tun kann es aber den Arbeitnehmern in den deutschen Automobilwerken, die nicht einfach in die USA gehen können. Wir müssen damit rechnen, dass sich langfristig auf Kosten der Arbeitnehmer das Bruttoinlandsprodukt um etwa fünf Milliarden Euro reduziert, wenn es diese 25-Prozent-Zölle gäbe.
Gerade die bayerischen PremiumAutomobile sind unterschiedlich betroffen. Audi produziert in den USA gar nicht, dafür steht die größte BMW-Fabrik dort, nämlich in Spartanburg. Macht das nicht einen Unterschied?
Audi wird es stärker treffen. Aber Audi produziert auch in Mexiko und deshalb wird es darauf ankommen, wie es mit der amerikanischen Freihandelszone Nafta weitergeht. Möglicherweise kann Audi über Mexiko den US-Markt zollfrei bedienen. Aber es ist richtig: BMW ist sicher weniger stark betroffen, aber auch in dem Fall kommen Motoren, Getriebe und viele hochwertige Teile aus Deutschland. Wenn die Zölle auch auf Autoteile erhoben werden, trifft das die Zulieferer und auch BMW.
Sie meinen also, Wertschöpfung würde im Fall der Zölle in die USA zu Lasten deutscher Arbeitsplätze verlagert?
Genau. Die Konzerne können sich darauf einstellen. Es sind die deutschen Arbeitnehmer, die darunter leiden würden, weil sie nicht einfach von Dingolfing nach Spartanburg umziehen können. Die müssten die Zeche bezahlen und sie sind die großen Verlierer, nicht so sehr die Eigentümer von BMW und den anderen.
Donald Trump sagt, Waren aus den USA würden in Europa höher besteuert. Das sei unfair. Hat er Recht?
Das ist schon so. Gerade bei Autos haben wir in Europa vier Mal so hohe Zölle wie derzeit die Amerikaner – die Amerikaner 2,5 Prozent, wir zehn. Im Durchschnitt erheben wir in Europa höhere Zölle, gerade auch im Lebensmittelbereich. Bei Fleisch, Getreide und Zucker zum Beispiel haben wir hohe Barrieren. Da hat Herr Trump schon Recht. Man muss aber auch sagen, dass die heutige Zolllandschaft das Ergebnis von Verhandlungen ist, die schon eine Weile zurückliegen. Damals war das ein Deal, bei welchem man den Amerikanern andere Zugeständnisse gemacht hat. Es wäre höchste Zeit, sich an einen Tisch zu setzen und die Handelsbeziehungen zu modernisieren. Das gescheiterte Handelsabkommen TTIP hätte viele der Probleme, die jetzt von Trump angesprochen werden, aus der Welt geschafft.
Trump hätte auch das Handelsabkommen TTIP wieder aufkündigen können ...
Das ist wahr. Es gibt jetzt zwei Varianten des Umgangs miteinander. Erstens: Ein Handelskrieg. Wenn sich zwei gleich große Blöcke mit einem relativ ausgeglichenen Handel wie die USA und Europa gegenüber stehen, dann kann keiner gewinnen. Dann hat man letztlich nur ökonomischen Schaden angerichtet. Die andere Variante besteht im steinigen Weg der Verhandlungen. Dazwischen ist nicht viel. Ich nehme an, dass in der zweiten Amtszeit von Trump die Handelskriegspropaganda zurückgefahren wird und er versucht, seine Ziele auf dem Verhandlungsweg zu erreichen, weil das letztlich die einzige Möglichkeit ist.
Sie rechnen also wirklich mit einer zweiten Amtszeit des US-Präsidenten ?
Ich fürchte, den Herrn kriegen wir nicht so schnell los.
Trump begründet die angekündigte Heraufsetzung der Zölle mit einer „Gefährdung der nationalen Sicherheit“. Ist da was dran ?
Das ist absolut vorgeschoben! Die Autoimporte der Amerikaner kommen zu 98 Prozent aus Ländern, die militärische Alliierte sind. Da eine Bedrohung der militärischen Sicherheit der USA zu konstruieren, ist vollkommen abwegig. Das weiß jeder. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich ein Fußtritt gegen die Welthandelsorganisation und ihre Regeln.