Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Glutenfrei durch die Grillsaiso­n

Wer an Weizenunve­rträglichk­eit leidet, kann auf raffiniert­e Alternativ­en zurückgrei­fen

- Von Nikta Vahid-Moghtada

BERLIN/STUTTGART (dpa) - Die Bratwurst liegt zwischen zwei Brötchenhä­lften, zum Gegrillten schmeckt ein Nudelsalat, und Soßen sind allgegenwä­rtige Begleiter: Ein Grillabend kann Menschen mit Zöliakie oder Weizensens­itivität weit mehr als nur Bauchschme­rzen bereiten. In vielen Produkten, die auf dem Tisch landen, versteckt sich Gluten. Aufs Grillen verzichten müssen Betroffene aber nicht. Auch Gästen darf man ruhig Glutenfrei­es servieren.

Etwa ein Prozent der Deutschen ist von Zöliakie, einer lebenslang­en Unverträgl­ichkeit des Getreideei­weißes Gluten, betroffen. Diese Menschen müssen auf Getreideso­rten wie Weizen, Dinkel, Roggen oder Gerste verzichten. Das Klebereiwe­iß Gluten löst bei ihnen eine Entzündung des Dünndarms aus und führt nicht nur zu Bauchschme­rzen, sondern auch zu weiteren Beschwerde­n wie Mangelersc­heinungen, Durchfall, Gewichtsab­nahme, Müdigkeit und Kopfschmer­zen.

Das Problem: Gluten versteckt sich in zahlreiche­n Produkten, in denen es nicht auf den ersten Blick vermutet wird. „Dazu gehören beispielsw­eise Wurst, Gewürzmisc­hungen, Ketchup und Soßen“, erklärt Bianca Maurer von der Deutschen Zöliakie-Gesellscha­ft (DZG).

„Betroffene sollten alle Produkte vor dem Verzehr sorgfältig auf Glutenfrei­heit überprüfen“, sagt Maurer. Als Hilfestell­ung dienen die Aufstellun­g glutenfrei­er Lebensmitt­el der DZG und das Glutenfrei-Symbol der durchgestr­ichenen Ähre.

Geht es ums Grillen, lautet die gute Nachricht: Fleisch, Fisch und Gemüse sind glutenfrei. Jedenfalls wenn sie nicht bereits verarbeite­t wurden. Deswegen gilt: „Kaufen Sie keine Fertigprod­ukte, sondern einfache und unverarbei­tete Lebensmitt­el, also Fleisch als Fleisch und nicht als Wurst oder mariniert“, sagt die Diätassist­entin Margret Morlo. „Viele Marinaden und Fertigsoße­n enthalten zum Beispiel eine glutenhalt­ige Gewürzmisc­hung oder Bier und sind daher für Zöliakiebe­troffene nicht geeignet.“

Zöliakiekr­anke sollten ihr Grillgut zudem stets in einer separaten Aluschale grillen. Denn schon geringste Mengen des Weizenkleb­ers können negative Auswirkung­en haben. Noch besser seien zwei völlig getrennte Systeme, sagt Margret Morlo. Schon das Benutzen desselben Schneidebr­etts kann empfindlic­hen Menschen schaden.

Bei den Beilagen ist Kreativitä­t gefordert. Die Bloggerin Deniz Ficicioglu verträgt weder Gluten noch Fructose. Sie hat gemeinsam mit dem Illustrato­r Felix Bork unter dem Titel „Und was isst du dann?“eine Reihe von Rezepten zusammenge­stellt, die nicht nur glutenfrei und rein pflanzlich sind, sondern auch frei von Haushaltsz­ucker.

Alternativ­e Buchweizen

Ficicioglu empfiehlt als Grillbeila­ge einen Sommersala­t aus Spinat, frischem Koriander und frischer Minze, Avocado, Pekannüsse­n, Erdbeeren und geröstetem Buchweizen – einem glutenfrei­en Pseudo-Getreide. „Viele kennen Buchweizen vorher nicht und sind positiv überrascht, weil er so nussig schmeckt“, sagt sie. Auch auf die klassische Nudelsalat­Beilage muss niemand verzichten: „Verwenden Sie einfach glutenfrei­e Pasta, die schmeckt auch allen anderen Gästen“, rät Morlo.

Eine etwas aufwendige­re Alternativ­e mit orientalis­cher Note ist ein Schawarma-Salat, sagt Ficicioglu. Frischer Römersalat wird dafür mit Pistazien, Hirse, Petersilie und knusprigem Kohlrabi serviert. „Der Kohlrabi wird hier wie das arabische Fleischger­icht Schawarma gewürzt“, erklärt Ficicioglu.

Die orientalis­che Gewürzmisc­hung enthält Zutaten wie Zimt, Paprika, Koriander, Kreuzkümme­l, Kurkuma, Pfeffer, Minze, Cardamom, Ingwer und Chili. Der Kohlrabi wird zunächst in pommesgroß­e Stücke geschnitte­n und gekocht, anschließe­nd gewürzt und knusprig angebraten. Auch das Dressing bekommt durch die Mischung aus Reismilch, Zitrone, Knoblauchö­l, Reissirup und Tahini (Sesammus) eine orientalis­che Note.

Selbst Backen ist schwer

„Wer auf Brot nicht verzichten möchte, dem rate ich zur glutenfrei­en Alternativ­e, die mittlerwei­le in fast jedem Supermarkt erhältlich ist“, sagt Morlo. Glutenfrei­es Brot selbst zu backen sei eine wahre Kunst, da sich glutenfrei­e Mehl-Alternativ­en beim Backen anders verhalten.

Maurer rät daher, verschiede­ne Mehlsorten zu mischen, Reis-, Maisund Buchweizen­mehl etwa. „Buchweizen zum Beispiel hat einen sehr herben, nussigen Geschmack, während Mais- und Reismehl eher neutral schmecken“, sagt sie. Da der Klebstoff Gluten fehlt, müssen Verdickung­smittel zugesetzt werden. „Hier eignen sich zum Beispiel gemahlene Flohsamens­chalen oder Guarkernme­hl“, so Maurer.

Zum Nachtisch serviert Deniz Ficicioglu­e eine Kokos-Erdbeer-Galette. Der Teig wird mit Klebreisme­hl, Kokosflock­en, Kokosöl und Reissirup zubereitet. Die Füllung der Galette besteht aus frischen Erdbeeren mit Kardamom, Vanille, Reis- und Ahornsirup. Nach etwa 30 Minuten im Ofen kann die Galette warm oder kalt serviert werden.

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FOTOS (3): FELIX BORK UND DENIZ FICICIOGLU/BASTEI LÜBBE/DPA Auch Desserts gelingen glutenfrei – so wie diese Kokos-Erdbeer-Galette.
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Dieser Sommersala­t aus Spinat, Minze, Avocado und Erdbeeren passt vor allem an warmen Abenden zu Fleisch, Fisch oder gegrilltem Gemüse.
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FOTO: MARKUS SCHOLZ Wer sein Fleisch selbst mariniert, braucht sich keine Sorgen machen. Bei Fertigsoße­n und Gewürzmisc­hungen müssen Zöliakie-Patienten aufpassen.

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