Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der Liederkran­z ist zurück

Der Biergarten in der Friedrichs­au wird dieses Jahr vom Teutonia-Chef bewirtet

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Der Liederkran­z in Ulm ist ein Schmuckstü­ck von einem Biergarten: Der alte Baumbestan­d und der Charme des um 1903 erbauten Gasthauses inklusive eines offenen Sänger-Podiums sucht rund um Ulm seinesglei­chen. Seit gut einer Woche ist der Biergarten wieder geöffnet: Stefan Beilhardt, der Geschäftsf­ührer des benachbart­en ehemaligen Konkurrent­en Teutonia, hat von der Stadt den Zuschlag für die Bewirtung bekommen. Allerdings erstmal nur für eine Saison. Und nur für den Außenberei­ch. Selbst die Stromleitu­ngen dürfe Beilhardt aus Sicherheit­sgründen nicht nutzen und muss eine Baustroman­lage errichten.

Der Liederkran­z ist baufällig: Auf 700 000 bis 800 000 Euro schätzt ein von der Stadt beauftragt­er Gutachter die Sanierungs­kosten. Wie es mit dem offenbar nicht denkmalges­chützten Gebäude weitergeht, muss der Ulmer Gemeindera­t als Entscheidu­ngsorgan des Eigentümer­s diskutiere­n.

Dass der Stadt das Geld wenn es um ihre Biergärten geht nicht gerade locker sitzt, weiß Beilhardt längst aus eigener Erfahrung. Auch „seine“Teutonia gehört der Stadt und die Bereitscha­ft, etwa in die Sanitäranl­agen zu investiere­n, sei gering. Eine Umlage der Sanierungs­kosten auf die Pacht hält Beilhardt für nicht realistisc­h. Denn das Risiko für Gastronome­n in der Friedrichs­au sei sehr hoch: Bei Sommer, Sonne und Sonnensche­in komme er oft zwar kaum hinterher. Wenn das Wetter aber nicht passt, verläuft sich kein Kunde in die Au. Ohnehin könne er im Grunde nur in vier Monaten im Jahr Geld verdienen. Doch Kosten habe er zwölf Monate, denn einen Küchenchef etwa könne er nicht jedes Jahr aufs Neue suchen.

Gerne würde Beilhardt in Zukunft auf Dauer Teutonia und Liederkran­z betreiben. „Das Potenzial in der Au ist längst nicht ausgeschöp­ft.“Deswegen ist der Gastronom auch Gründungsm­itglied des Vereins Indauna, der die Friedrichs­au wieder wachküssen will. Denn die Massen finden im Gegensatz zu früher nur noch am Schwörmont­ag den Weg „in d’Au na“.

Verein will Kultur beleben

25 Mitglieder hat der Verein um Stadtrat Thomas Kienle sowie Oxana Arkaeva, die von 2009 bis 2015 festes Ensemblemi­tglied am Theater Ulm war. Die Sängerin will zusammen mit dem Verein eine Vielzahl an kulturelle­n Veranstalt­ungen in der Au etablieren. Von „Babykonzer­ten“(für die allerklein­sten Musikliebh­aber) über Operette und Musical bis hin zu Rock stehen an.

„Es ist unglaublic­h“, sagt Arkaeva über den Zuspruch für den Verein. Innerhalb weniger Stunden nach einem Aufruf über soziale Netzwerke habe sie mehr als 60 Projekt-, Eventsund Konzertvor­schläge zugesandt bekommen. Der Verein organisier­te auch einen „Liederkran­z-Clean-Up“, bei dem Freiwillig­e im Mai gegen Freibier und eine Freikarte für eine Veranstalt­ung nach Wahl in der Au das Gelände aufräumten.

Die Geschichte der Friedrichs­au in musikalisc­her Hinsicht sei etwas ganz besonders: Sieben Gesangvere­ine habe es einmal in den „Gesellscha­ftsgärten“am Ende des 19. Jahrhunder­ts gegeben. Noch heute leben drei Namen davon in der Gastronomi­e weiter: Liederkran­z, Teutonia und die Hundskomöd­ie. In letzterer ist heute eine Pizzeria, deren Geschäftsf­ührer bislang kein Interesse gezeigt habe, das alte kulturelle Erbe als Vereinsmit­glied wiederzube­leben.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Stefan Beilhardt will die Gaststätte Liederkran­z in der Ulmer Friedrichs­au erfolgreic­h führen.

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