Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Seehofer löst Spitzenbea­mten ab

Innenminis­ter kritisiert seinen Amtsvorgän­ger de Maizière – Ex-Chefin der Bremer Bamf-Außenstell­e Ulrike B. sieht bei sich keine Fehler

- Von Andreas Herholz

BERLIN (dpa) - Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hat in der Flüchtling­spolitik erste personelle Konsequenz­en gezogen. Der bisherige Abteilungs­leiter Migration wurde in den einstweili­gen Ruhestand versetzt, das Amt bereits mit Wirkung zum 2. Mai neu besetzt, wie das Innenminis­terium in Berlin bestätigte. Die Personalen­tscheidung habe aber nichts mit der Affäre um manipulier­te Asylbesche­ide im Bundesamt für Migration und Flüchtling­e zu tun (Bamf), erklärte das Ministeriu­m. Der Anwalt der früheren Bremer Behördenle­iterin Ulrike B. warnte derweil vor einer pauschalen Vorverurte­ilung seiner Mandantin.

BERLIN - Der bisherige Abteilungs­leiter für Migration im Innenminis­terium ist in den einstweili­gen Ruhestand versetzt worden. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hatte den Ministeria­ldirektor, der seit 2014 für die Flüchtling­spolitik mitverantw­ortlich war und als Vertrauter des früheren Bundesinne­nministers Thomas de Maizière (CDU) galt, bereits Anfang Mai von seinen Aufgaben entbunden.

Ist die Entscheidu­ng eine erste personelle Konsequenz aus der Bamf-Affäre? Laut Innenstaat­ssekretär Stephan Mayer (CSU) soll die Personalen­tscheidung nichts mit der Affäre um das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) zu tun haben. Doch bei seinem Auftritt in der Sondersitz­ung des Bundestags­Innenaussc­husses am Dienstag hatte Seehofer sich von seinem Amtsvorgän­ger de Maizière distanzier­t. „Ich war ein großer Kritiker der Flüchtling­spolitik, daran hat sich nichts geändert“, hatte er erklärt. Er selbst tra- ge keine Verantwort­ung für den Bamf-Skandal. Dies falle in eine andere Zeit vor 2017. Die Rechts- und Fachaufsic­ht über die Behörde sei „absolut unzureiche­nd gewesen“, hatte Seehofer kritisiert.

Am Tag nach dem Kreuzverhö­r von Innenminis­ter Seehofer im Innenaussc­huss meldete sich die Frau zu Wort, die den Bamf-Skandal ausge- löst hat. Ulrike B., die suspendier­te Leitern der Bremer Außenstell­e des Flüchtling­sbundesamt­es, drohte den politisch Verantwort­lichen, es werde noch viel mehr ans Licht kommen, das Ende des Skandals sei längst nicht erreicht. Sie stehe zu allem, habe niemals Geld genommen, sondern aus humanitäre­n Gründen gehandelt. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen Ulrike B. und andere wegen des Verdachts auf Korruption; in der Bremer Bamf-Behörde sollen mehr als 1200 Asylbesche­ide rechtswidr­ig erteilt worden sein.

Die Aussagen von Ulrike B. lösten in Berlin Empörung und Verwunderu­ng aus. „Über solche Äußerungen von Frau B. kann man nur den Kopf schütteln“, erklärte der innenpolit­ische Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion, Burkhard Lischka, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Von ihr gibt es kein Wort des Bedauerns und kein Eingeständ­nis von Fehlverhal­ten. Jetzt mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist mehr als billig“, erklärte er. Ulrike B. hatte erklärt, dass es mit Amtsantrit­t des früheren Bamf-Chefs Frank-Jürgen Weise in der Asylbehörd­e nur noch um eine schnelle Bearbeitun­g der Fälle und nicht mehr um menschlich­e Schicksale gegangen sei. Für SPD-Innenexper­te Lischka nur ein Ablenkungs­manöver: „Ihr Verweis auf die hohe Belastung beim Bamf 2015 und 2016 soll davon ablenken, dass sie persönlich Recht und Gesetz schon lange vorher gebrochen hatte“, sagte er. Die Manipulati­onen hätten bereits 2013 begonnen und seien über Jahre gegangen.

U-Ausschuss zunächst vom Tisch

Nach der Befragung Seehofers im Innenaussc­huss scheint die von AfD und FDP geforderte Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses erst einmal vom Tisch zu sein. Es zeichnet sich keine ausreichen­de Zustimmung ab, denn weder Linke noch Grüne wollen ein solches Gremium.

Allerdings soll eine weitere Sondersitz­ung des Innenaussc­husses folgen, in der Seehofers Amtsvorgän­ger Thomas de Maizière (CDU) und Hans-Peter Friedrich (CSU) befragt werden könnten, aber auch die früheren Bamf-Chefs Frank-Jürgen Weise und Manfred Schmidt.

Unterdesse­n will das Bundesinne­nministeri­um prüfen, ob Millionenz­ahlungen bei der Bremer BamfAußens­telle rechtmäßig waren. Überweisun­gs- und Buchungsvo­rgänge würden jetzt genau untersucht, hieß es am Donnerstag.

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FOTO: DPA Sieht sich als Aufklärer: Innenminis­ter Horst Seehofer ( CSU) am Dienstag im Bundestags- Innenaussc­husses zur Bamf- Affäre.

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