Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Seehofer löst Spitzenbeamten ab
Innenminister kritisiert seinen Amtsvorgänger de Maizière – Ex-Chefin der Bremer Bamf-Außenstelle Ulrike B. sieht bei sich keine Fehler
BERLIN (dpa) - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat in der Flüchtlingspolitik erste personelle Konsequenzen gezogen. Der bisherige Abteilungsleiter Migration wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, das Amt bereits mit Wirkung zum 2. Mai neu besetzt, wie das Innenministerium in Berlin bestätigte. Die Personalentscheidung habe aber nichts mit der Affäre um manipulierte Asylbescheide im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu tun (Bamf), erklärte das Ministerium. Der Anwalt der früheren Bremer Behördenleiterin Ulrike B. warnte derweil vor einer pauschalen Vorverurteilung seiner Mandantin.
BERLIN - Der bisherige Abteilungsleiter für Migration im Innenministerium ist in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte den Ministerialdirektor, der seit 2014 für die Flüchtlingspolitik mitverantwortlich war und als Vertrauter des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) galt, bereits Anfang Mai von seinen Aufgaben entbunden.
Ist die Entscheidung eine erste personelle Konsequenz aus der Bamf-Affäre? Laut Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) soll die Personalentscheidung nichts mit der Affäre um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu tun haben. Doch bei seinem Auftritt in der Sondersitzung des BundestagsInnenausschusses am Dienstag hatte Seehofer sich von seinem Amtsvorgänger de Maizière distanziert. „Ich war ein großer Kritiker der Flüchtlingspolitik, daran hat sich nichts geändert“, hatte er erklärt. Er selbst tra- ge keine Verantwortung für den Bamf-Skandal. Dies falle in eine andere Zeit vor 2017. Die Rechts- und Fachaufsicht über die Behörde sei „absolut unzureichend gewesen“, hatte Seehofer kritisiert.
Am Tag nach dem Kreuzverhör von Innenminister Seehofer im Innenausschuss meldete sich die Frau zu Wort, die den Bamf-Skandal ausge- löst hat. Ulrike B., die suspendierte Leitern der Bremer Außenstelle des Flüchtlingsbundesamtes, drohte den politisch Verantwortlichen, es werde noch viel mehr ans Licht kommen, das Ende des Skandals sei längst nicht erreicht. Sie stehe zu allem, habe niemals Geld genommen, sondern aus humanitären Gründen gehandelt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ulrike B. und andere wegen des Verdachts auf Korruption; in der Bremer Bamf-Behörde sollen mehr als 1200 Asylbescheide rechtswidrig erteilt worden sein.
Die Aussagen von Ulrike B. lösten in Berlin Empörung und Verwunderung aus. „Über solche Äußerungen von Frau B. kann man nur den Kopf schütteln“, erklärte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Von ihr gibt es kein Wort des Bedauerns und kein Eingeständnis von Fehlverhalten. Jetzt mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist mehr als billig“, erklärte er. Ulrike B. hatte erklärt, dass es mit Amtsantritt des früheren Bamf-Chefs Frank-Jürgen Weise in der Asylbehörde nur noch um eine schnelle Bearbeitung der Fälle und nicht mehr um menschliche Schicksale gegangen sei. Für SPD-Innenexperte Lischka nur ein Ablenkungsmanöver: „Ihr Verweis auf die hohe Belastung beim Bamf 2015 und 2016 soll davon ablenken, dass sie persönlich Recht und Gesetz schon lange vorher gebrochen hatte“, sagte er. Die Manipulationen hätten bereits 2013 begonnen und seien über Jahre gegangen.
U-Ausschuss zunächst vom Tisch
Nach der Befragung Seehofers im Innenausschuss scheint die von AfD und FDP geforderte Einsetzung eines Untersuchungsausschusses erst einmal vom Tisch zu sein. Es zeichnet sich keine ausreichende Zustimmung ab, denn weder Linke noch Grüne wollen ein solches Gremium.
Allerdings soll eine weitere Sondersitzung des Innenausschusses folgen, in der Seehofers Amtsvorgänger Thomas de Maizière (CDU) und Hans-Peter Friedrich (CSU) befragt werden könnten, aber auch die früheren Bamf-Chefs Frank-Jürgen Weise und Manfred Schmidt.
Unterdessen will das Bundesinnenministerium prüfen, ob Millionenzahlungen bei der Bremer BamfAußenstelle rechtmäßig waren. Überweisungs- und Buchungsvorgänge würden jetzt genau untersucht, hieß es am Donnerstag.