Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Messerangr­iff war wohl kein Terrorakt

Anlass für Streit im Zug unklar – Getöter Angreifer stammt vermutlich aus Eritrea – Polizei sucht Zeugen

- Von Birgitta von Gyldenfeld­t

FLENSBURG (AFP) - Nach dem Messerangr­iff in einem Zug im schleswig-holsteinis­chen Flensburg gibt es bislang keine Erkenntnis­se zu einem terroristi­schen Motiv. Wie die Ermittler am Donnerstag mitteilten, stach ein Mann am Mittwochab­end während der Einfahrt des Intercitys in den Bahnhof der Stadt auf einen Fahrgast und eine Polizistin ein, die sich zufällig mit an Bord befand. Sie erschoss den Angreifer. Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei dem Täter mutmaßlich um einen 24jährigen Asylbewerb­er aus Afrika. Die genauen Abläufe des Geschehens seien noch unklar.

FLENSBURG (dpa) - Die Staatsanwa­ltschaft vermutet hinter der Messeratta­cke eines Afrikaners in einem Intercity-Zug in Flensburg weder einen terroristi­schen noch einen sonstigen politische­n Hintergrun­d. „Es gibt überhaupt keine Hinweise darauf“, sagte Flensburgs Leitende Oberstaats­anwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt am Donnerstag.

Der 24 Jahre alte Messerstec­her war am Mittwochab­end von einer Polizistin mit ihrer Dienstwaff­e erschossen worden. Zuvor soll er sie und einen 35 Jahre alten Mitreisend­en aus Köln nach einem Streit angegriffe­n und schwer verletzt haben. Lebensgefa­hr bestand nicht.

Der getötete Angreifer stammte nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur aus Eritrea. Er wohnte in Nordrhein-Westfalen und soll eine befristete Aufenthalt­serlaubnis für Deutschlan­d gehabt haben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF) wollte sich „aus datenschut­zrechtlich­en Gründen“nicht zu dem Fall äußern und verwies auf die Ermittlung­sbehörden.

Die Nationalit­ät des verletzten 35Jährigen war zunächst nicht bekannt. Auch dazu, ob sich die Männer, die beide in Nordrhein-Westfalen wohnten, kannten, machten die Ermittler keine Angaben.

Am Mittwochab­end gegen 19 Uhr fuhr der IC 2406 von Köln nach Flensburg in den Zielbahnho­f ein. Zu diesem Zeitpunkt muss das Streitgesp­räch zwischen dem 24-Jährigen und dem 35-Jährigen bereits eskaliert sein. Die Polizistin aus Bremen, die nicht dienstlich, aber in Uniform an Bord des Zuges war, griff ein und wurde selbst verletzt. Die 22-Jährige erschoss den Täter.

Der Flensburge­r Bahnhof wurde am Mittwochab­end geräumt. Auch die Zufahrtsst­raßen waren vorübergeh­end gesperrt, der Zugverkehr nach Flensburg wurde für einige Zeit unterbroch­en. Am frühen Donnerstag­morgen war am Flensburge­r Bahnhof von den Vorfällen des Vorabends fast nichts mehr zu sehen: keine Polizei, keine Absperrung­en mehr. Nur an einer Anzeigetaf­el lief auch gegen 6 Uhr noch der Hinweis über den Bildschirm: „Wegen eines Polizeiein­satzes ist der Bahnhof gesperrt.“

Polizistin schweigt zu Vorfall

Wieso es zu dem Angriff auf den 35Jährigen kam und der Streit derart eskalierte, dass sich eine junge Polizistin offensicht­lich genötigt sah, die Dienstwaff­e zu zücken und zu schießen, war am Donnerstag weiter offen. Direkte Augenzeuge­n gab es ersten Erkenntnis­sen zufolge nicht. Die Polizei sucht dennoch Mitreisend­e, die noch nicht registrier­t wurden und Hinweise zum Verhalten des Angreifers machen könnten. Die Polizistin nutzte nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft ihr Schweigere­cht und äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall.

Der 35-Jährige wurde zunächst nicht vernommen. Der IC wurde beschlagna­hmt. Der Zug befand sich auch am Donnerstag noch in Flensburg.

Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) sprach den Verletzten sein Mitgefühl und Genesungsw­ünsche aus. „Ich bin erleichter­t, dass durch das beherzte Eingreifen der Bremer Beamtin mutmaßlich Schlimmere­s verhindert werden konnte. Ihr danke ich ganz besonders für ihren Mut“, sagte er. Auch der Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei SchleswigH­olstein, Torsten Jäger, lobte das Verhalten der jungen Polizistin.

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