Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mächtige Zentralban­k in unruhigen Zeiten

Die EZB soll die Währung stabil halten – Kritiker beklagen Kompetenzü­berschreit­ung

-

FRANKFURT (dpa) - Am Anfang stand ein Kompromiss: Den Chefposten bei der neu gegründete­n Europäisch­en Zentralban­k (EZB) bekam im Sommer 1998 nicht etwa ein Deutscher oder ein Franzose, sondern der Niederländ­er Wim Duisenberg. Abgesehen vom Gerangel um das Spitzenper­sonal wurde eines der bedeutends­ten Projekte der europäisch­en Wirtschaft­sgeschicht­e fast unbemerkt in die Tat umgesetzt: Die Gründung einer gemeinsame­n Zentralban­k und somit das gemeinsame Einstehen für eine stabile Währung im Euroraum.

EZB-Präsident Duisenberg ließ keinen Zweifel, worum es der neuen Behörde vor allem gehen muss: um das Vertrauen der Bürger, dass die Gemeinscha­ftswährung ebenso stabil ist wie zuvor D-Mark, Franc, Gulden und Co. „Der Euro ist ihre Wäh- rung, und sie sollten sich darauf verlassen können, dass er seinen Wert behält“, mahnte der Niederländ­er.

In einer auf 19 Länder gewachsene­n Eurozone ist das eher noch schwierige­r geworden. Während Südeuropa über den Billiggeld-Kurs der EZB nach der jüngsten Finanzkris­e 2007/2008 jubelt, müssen die Währungshü­ter die diversen Sondermaßn­ahmen etwa in Deutschlan­d immer wieder rechtferti­gen.

Sehnsucht nach der Bundesbank

Staatsanle­ihenkäufe, Finanzspri­tzen für klamme Banken, Nullzins, Strafzinse­n für geparkte Bankeinlag­en – dass die EZB im Kampf gegen MiniInflat­ion und schwache Konjunktur auch manches Tabu brach, nährte bei manchem die Sehnsucht nach der Stabilität­skultur der Deutschen Bundesbank. Sparer fühlen sich enteig- net, auch wenn auf der anderen Seite zum Beispiel Immobilien­käufer vom Zinstief profitiere­n.

In Deutschlan­d ist die Hoffnung groß, dass Bundesbank­präsident Jens Weidmann im Herbst 2019 den derzeitige­n EZB-Präsidente­n Mario Draghi beerbt. Die Machtfülle des Amtes demonstrie­rte Draghi eindrucksv­oll im Sommer 2012. „Die EZB wird alles tun, um den Euro zu retten“, versprach der Italiener: „Whatever it takes.“Draghis Machtwort stabilisie­rte die Eurozone in der tiefsten Krise ihrer jungen Geschichte, als die Politik schnelle Entscheidu­ngen vermissen ließ – das gestehen Draghi sogar seine Kritiker zu. Gleichwohl wird bis heute auch vor Gericht gestritten, ob die EZB, die nicht demokratis­ch gewählt ist, unter Draghis Führung nicht ihre Kompetenze­n überschrit­ten hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany