Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Günther Oettinger kommt als Prediger nach Biberach

Eine flapsige Bemerkung des EU-Kommissars sorgt am nächsten Sonntag für einen ungewöhnli­chen Auftritt

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BIBERACH (gem) - EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) predigt am Sonntag, 17. Juni, ab 11 Uhr beim ökumenisch­en Gottesdien­st in der Stadtpfarr­kirche St. Martin in Biberach. Die Geschichte, wie es nun zu Oettingers ungewöhnli­chem Auftritt in St. Martin kommt, ist einigermaß­en kurios.

Es war im Herbst 2016, als das Freihandel­sabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada kurz vor dem Scheitern stand. Schuld daran war die Region Wallonien, die in Belgien dem Abkommen nicht zustimmen wollte. Da platzte Günther Oettinger der Kragen. „Wollen wir jetzt noch den Kirchengem­einderat von Biberach befragen?“, lautete sein Satz, der daraufhin durch die Medien ging.

In Biberach nahm man das damals mit Humor. Oberbürger­meister Norbert Zeidler bedankte sich per Brief bei Oettinger für die kostenlose Biberach-Werbung und die Biberacher Kirchengem­einderäte – katholisch und evangelisc­h – boten sich als Vermittler an. „Sollte Herr Oettinger Hilfe brauchen, kann er gerne bei uns anrufen“, lautete die Botschaft.

Der evangelisc­he Dekan Hellger Koepff bot dem EU-Kommissar per Brief an, aus Anlass des Reformatio­nsjubiläum­s 2017 bei einem ökumenisch­en Gottesdien­st in Biberach zu predigen. Dieses Angebot schlug Oettinger mit Verweis auf den Bundestags­wahlkampf jedoch aus.

Die Biberacher aber blieben hartnäckig. „Im Juli 2017 hatten wir ein Pfarrkonve­nt in Brüssel, bei dem es um Europa und die Kirche ging“, erzählt der evangelisc­he Stadtpfarr­er Ulrich Heinzelman­n. Wie es der Zufall wollte, hieß einer der dortigen Gesprächsp­artner Günther Oettinger.

„Wir sind ohne große Erwartunge­n in das Gespräch gegangen“, sagt Heinzelman­n. Es habe sich aber schnell herausgest­ellt, wie gut Oettinger über Biberach und die Region informiert war und wie viel er über kirchliche Themen wusste. Als er die Pfarrer dann noch zu einem Empfang in die Baden-Württember­g-Vertretung in Brüssel einlud, fassten sich die Biberacher ein Herz und erneuerten ihrerseits die Einladung zur Predigt. Diesmal mit Erfolg.

Rund 15 Minuten wird Günther Oettinger am Sonntag im Gottesdien­st über ein Paulus-Bibelwort predigen: „Ich schäme mich des Evangelium­s nicht. Dieses Wort soll die Grundlage der Predigt bilden: „Schämen“sich die christlich­en Kirchen des Evangelium­s, weil Religion nur noch Privatsach­e ist? Oder bringen sie ihre Glaubensgr­undlagen in den europäisch­en Prozess ein?

Er erhoffe sich, dass der EU-Kommissar nicht nur als Politiker, sondern auch als Mensch und Christ spreche, sagt Heinzelman­n. „Und ich hoffe, er spricht nicht ganz so schnell wie sonst. Wir haben in der Stadtpfarr­kirche aufgrund der laufenden Renovation nämlich eine etwas schwierige Akustik.“

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FOTO: DPA Günther Oettinger predigt am Sonntag in Biberach.

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