Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Häufigkeit und Stärke der Unwetter nehmen zu
Einsatzleitstelle registriert am 170 Einsätze im Alb-Donau-Kreis und Ulm – Es kommt zu Stromausfällen, Straßen- und Gleissperrungen
EHINGEN/ULM - Das Unwetter hat am Montagabend schwer gewütet im Alb-Donau-Kreis und in der Stadt Ulm. Entwurzelte Bäume, Schäden an Gebäuden, blockierte Straßen und Gleise sowie Stromausfälle waren die Folge des heftigen Gewitters. Roland Roth, Wetterexperte der „Schwäbischen Zeitung“, macht indes deutlich, dass die Häufigkeit und vor allem die Stärke der Wärmegewitter massiv zunehmen werden.
„Die Schäden allein für die Stadt gehen in die Tausende“, sagt Bettina Gihr, Sprecherin der Stadt Ehingen, wo das Unwetter ebenfalls eine Spur der Verwüstung hinterlassen hat. Seit Montagabend sind nicht nur die Feuerwehrleute im Einsatz, sondern auch Mitarbeiter der Stadtgärtnerei und des städtischen Bauhofs. Zahlreiche Äste sind umgeknickt und behinderten dann den Verkehr.
Baum auf Friedhofgräber gefallen
„Es wird Tage dauern, bis wir das ganze Totholz auf den öffentlichen Flächen und Straßen beseitigt haben“, sagt Bettina Gihr. Auch die große Birke, die am Ehinger Friedhof entwurzelt wurde und auf mehrere Gräber gefallen ist, beschäftigt die Stadt: „Wir haben mit den Eigentümern der Gräber bereits Kontakt aufgenommen und werden uns mit diesen auch abstimmen“, so Gihr.
Grundsätzlich seien alle Bäume, die auf den Grundstücken der Stadt Ehingen stehen, in einem Baumkataster geführt. „Wir überprüfen regelmäßig die Standfestigkeit unserer Bäume, weil wir natürlich unserer Verkehrssicherungspflicht nachkommen müssen und wollen“, betont Gihr, fügt aber hinzu: „Bei Bäumen, deren Wurzelwerk beschädigt ist, ist es immer schwer zu erkennen. Und genau dieser Baum auf dem Friedhof hatte kaputte Wurzeln“, sagt Gihr, die dennoch froh ist, dass es auf dem Gebiet der Stadt Ehingen lediglich Sachschäden gegeben hat.
Doch nicht nur Ehingen, den gesamten Alb-Donau-Kreis hat das Unwetter erwischt. Die Einsatzleitstelle in Ulm – zuständig für die Stadt, aber auch den gesamten Kreis – zählte am Tag danach rund 170 Einsätze, die auf das Konto des Unwetters gehen. Zwischenzeitlich musste in der Leitstelle der Ausnahmezustand ausgerufen und das Personal verfünffacht werden. Verletzte seien laut Hansjörg Prinzing, Kommandant der Ulmer Feuerwehr, nicht zu beklagen gewesen. Auch die Höhe des Sachschadens sei schwierig bis gar nicht möglich, zu beziffern. Bei Kellern, die mehrere Zentimeter unter Wasser stehen, könnten allein schon Kosten bis zu 10 000 Euro entstehen.
Beim Polizeipräsidium Ulm gingen am Montagabend im Zeitraum zwischen 17.05 und 21.10 Uhr rund 100 Notrufe ein. Die meisten polizeilichen Einsätze drehten sich um umgestürzte Bäume, Bauzäune und Verkehrszeichen. In machen Ortschaften seien durch den Wasserdruck die Schachtdeckel aus der Fahrbahndecke gehoben worden, teilte die Polizei mit. In wenigen Fällen beschädigte das Sturmholz abgestellte Fahrzeuge. Die Beamten schätzen den Sachschaden auf rund 7000 Euro.
Schwer getroffen wurde auch der nördliche Alb-Donau-Kreis rund um Amstetten. Es kam ab 18.30 Uhr zu mehreren Stromausfällen, wie das Albwerk in Geislingen mitteilt. Betroffen waren Amstetten (Bahnhof und Dorf), Urspring, Halzhausen, Sinabronn und Luizhausen und später auch Hofstett, Stubersheim, Bräunisheim, Schalkstetten und Gerstetten-Sontbergen. Ursache waren nach Angaben des Albwerks Starkregen und Gewitter mit Blitzeinschlägen und Bäume, die in die Mittelspannungsleitung gestürzt sind. Weitere Störungen lagen im Niederspannungsortsnetz in Lonsee, Radelstetten und Merklingen vor.
Durch den Einsatz zahlreicher Mitarbeiter sei mit Umschaltungen und Reparaturen im Stromnetz die Versorgung noch in den Abendstunden wieder hergestellt worden, so Albwerk-Sprecher Hubert Maier. Letzte Teile hätten kurz nach 21 Uhr wieder Strom gehabt.
Bahnstrecken gesperrt
Die Bahn teilte über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, dass die Zugstrecke zwischen Schelklingen und Blaubeuren gesperrt werden musste. Ein Baum sei demnach in die Gleise gefallen. Auf Twitter schrieb die Bahn, dass es nicht möglich war, einen Schienenersatzverkehr einzurichten. Auch auf der Strecke zwischen Ulm und Ehingen seien laut der Deutschen Bahn Bäume auf die Gleise gefallen. Es kam zu Verspätungen und Teilausfällen.
In Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) zählte die Feuerwehr am Montagabend rund 200 Einsätze. Ein 81-Jähriger wurde von der Polizei aus seinem mit Wasser vollgelaufenen Auto befreit – womöglich wäre er sonst ertrunken. Ein Polizist schlug die Scheibe des Wagens ein und verletzte sich dabei leicht. Das Wasser habe fast das ganze Auto gefüllt. Der Autofahrer, der in einer Unterführung vom Hochwasser stecken geblieben war, blieb unverletzt. Der Technikraum einer Klinik in Kirchheim war zeitweise überflutet. Der Klinikbetrieb war laut Feuerwehr aber nicht beeinträchtigt.
In Ehingen hatte die Feuerwehr insgesamt 27 Einsätze zu bewältigen, unter anderem wurde der städtische Kindergarten Hopfenhaus überschwemmt. „Wir haben die Reparaturarbeiten für das Hopfenhaus sowie für das beschädigte Dach an der Schwimmhalle der Realschule bereits in Auftrag gegeben. Wir arbeiten eben nun alle Schäden ab, die entstanden sind“, so Sprecherin Gihr.
Region immer häufiger getroffen
„Die Region rund um Ehingen wird derzeit häufig getroffen“, sagt Wetterexperte Roland Roth, was an der Wetterlage liege, die seit rund sechs Wochen nahezu unverändert sei. „Wir haben weder ein Hoch, noch ein Tief, sondern einen so genannten Isobarensumpf. Das heißt, eine schwül-warme Luftmasse liegt hier träge herum und wird an warmen und heißen Tagen von der Sonne aufgeladen. Das führt dann zu Schauern und Gewittern, die direkt an Ort und Stelle runtergehen. Zudem regnen sich diese Wärmegewitter ganz langsam ab“, erklärt Roth. Diese Wetterlage staue sich derzeit am Fuße der Schwäbischen Alb.
Dass solche Wetterextreme nicht weniger werden, macht Roland Roth deutlich. „In Ehingen haben wir im Durchschnitt 1,3 Grad mehr als noch vor 100 Jahren, das führt wieder zu mehr Wasserdampf. Deswegen sind Wärmegewitter perspektivisch öfters der Fall“, macht Roland Roth deutlich. Hinzu komme, dass die Wärmegewitter im Gegensatz zu den Kaltfrontgewittern quasi nicht wirklich vorherzusagen sind. „Ein Kaltfrontgewitter können wir Stunden im voraus vorhersagen. Ein Wärmegewitter vielleicht 15 Minuten im voraus“, so Roth.