Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Eine Abschiebung und viel Ungewissheit
Flüchtlingsbeauftragte Birgit Tegtmeyer über die Situation auf der Laichinger Alb
LAICHINGEN - Emotionen, böse Worte und Unverständnis prägen vielerorts die Debatten um den Umgang Deutschlands mit Asylsuchenden. Zum Glück nicht auf der Laichinger Alb, sagt die Flüchtlingsbeauftragte des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV) Birgit Tegtmeyer. Doch auch sie kritisiert staatlichen Stillstand. Wobei der Staat in Laichingen erstmals im April ernst gemacht und einen Flüchtling abgeschoben hat.
210 Flüchtlinge leben derzeit in Laichingen. 120 in der kommunalen Unterbringung, für die die Stadt Laichingen zuständig ist (wofür sie auch Geld bekommt), und 90 in der Unterbringung des Landkreises im Laichinger Cäcilienweg. Ein Novum für Laichingen hat sich im April ereignet: Ein Flüchtling, der in Laichingen gelebt hat, wurde abgeschoben. Der Mann, erzählt Birgit Tegtmeyer der SZ, ein Afrikaner, habe in einer Nacht- und Nebelaktion von der Polizei Besuch bekommen; er sei nach Frankfurt in Abschiebehaft genommen und von dort mit dem Flugzeug in sein Heimatland gebracht worden.
Was Tegtmeyer bedauert: Der Mann sei gut integriert gewesen und hatte einen Job.
Ein Dilemma
Solche Fälle menschlichen Dramas werden sich in Zukunft auch auf der Laichinger Alb wohl immer öfter ereignen. Weil die Ausgangslage einem Dilemma gleicht. Auf der einen Seite sollen die Geflüchteten in Deutschland integriert werden, sie sollen arbeiten und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Das erwartet die Bevölkerung, das wollen die Flüchtlinge in der Regel aber auch selbst. Sie sei für die Integration der Menschen zuständig, sagt Birgit Tegtmeyer, und zeigt gleichzeitig den Widerspruch auf: Mittelfristig wird nämlich erwartet, dass die Menschen, wenn sie keinen dauerhaften Schutz benötigen, Deutschland wieder verlassen. Integration ist dann plötzlich nichts mehr wert.
Auch Ali will sich integrieren. Der junge Pakistani arbeitete bei der Laichinger Firma Mayer, bis ihn die Nachricht erreichte, dass auch er keine Bleibeperspektive habe. Daraufhin setzten sich für ihn der Laichinger Flüchtlingskreis sowie die Mayer-Geschäftsführung ein (wir berichteten). Doch offenbar ohne größeren Erfolg. Der einzige Grund, warum Ali noch nicht abgeschoben worden ist, liege darin, so Tegtmeyer, dass er noch immer keine Papiere von der pakistanischen Botschaft habe, die seine Identität feststellen. Nur mit diesen kann er zurückgeführt werden. Tegtmeyer vermutet, dass Pakistan aber gar kein Interesse habe, Menschen wie Ali wieder zurückzunehmen. „Die sagen nicht: ,Schön, dass du wieder da bist.’“Grund: Für viele Herkunftsländer sind ihre Staatsbürger in Deutschland „wertvoller“als zuhause. Weil sie hier etwas verdienen und diese Devisen wieder in die Heimat schicken.
Diese Ausgangslage zermürbe die Flüchtlinge. Es herrsche: Ungewissheit. Auch klar: Manche wollen gar nicht dazu beitragen, dass ihre Identität festgestellt wird. Ihnen wird der finanzielle Zuschuss gekürzt. Aber: Sie bleiben.
Zwei gute Nachrichten
Tegtmeyer zeigt sich enttäuscht von der aktuellen Politik. Die Debatte um Grenzschließungen und Abweisungen verschleiere die wahren Probleme. Was aus ihrer Sicht angegangen werden muss: „Dass der Bund Abkommen mit den Heimatländern der Flüchtlinge trifft. Dass diese ihre Leute wieder zu Hause aufnehmen.“
Dem Stillstand zum Trotz: Es gibt auch gute Nachrichten, zumindest auf der Laichinger Alb. Das Zusammenleben laufe laut Birgit Tegtmeyer verhältnismäßig harmonisch, geräuschlos ab. Es herrsche Toleranz. Und: Sie hat seit Kurzem Unterstützung: Zwei Integrationsmanager helfen ihr bei ihrer täglichen Arbeit in Laichingen und Westerheim, wo sie ebenfalls zuständig ist.
Die beiden Integrationsmanager sind beim Regierungspräsidium angestellt. Jenes Amt, das aber auch für die Zurückführungen der Menschen zuständig ist. So schmerzvoll diese auch sind.