Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Deutsche gegen Plastik und Gentechnik

Unweltbewu­sstsein der Bundesbürg­er stark ausgeprägt – Sorge um die Weltmeere wächst

- Von Hanna Gersmann und unseren Agenturen

BERLIN - Die meisten Deutschen halten sich für umweltbewu­sst, 80 Prozent halten es grundsätzl­ich für äußert problemati­sch, wie die Menschheit mit der Natur umgeht. Sie sorgen sich vor allem um die Meere. 96 Prozent sehen in Wasserflas­chen, Tüten und was sonst im Wasser treibt ein Problem, 78 Prozent ein „sehr großes“. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) begrüßte das am Freitag, als sie gemeinsam mit Beate Jessen, der Präsidenti­n des Bundesamte­s für Naturschut­z, die neue Studie zum Naturbewus­stsein der Bundesbürg­er vorstellte. Doch nicht nur der Plastikmül­l im Meer sorgt sie. Fast 80 Prozent sprachen sich für ein Verbot von Gentechnik in der Landwirtsc­haft aus. Knapp zwei Drittel der 2000 Befragten stehen hinter der Energiewen­de.

Zum ersten Mal wurde in der seit 2009 fünften repräsenta­tiven Umfrage intensiv das Thema Meer behandelt. „Die Bürgerinne­n und Bürger sprechen sich auch klar für eine naturvertr­ägliche Ausgestalt­ung der Fischereip­olitik aus“, sagte Schulze. Je wilder, desto besser. Interessan­t ist dabei eines: Zwischen „sozial schwachen und sozial starken Milieus“, sagte Jessen, lasse sich eine „deutliche Schere“erkennen. So sähen sich nur knapp 40 Prozent der Menschen in sozial schlechter gestellten Verhältnis­sen persönlich für den Schutz der biologisch­en Vielfalt verantwort­lich. Bei Menschen mit hohem Bildungsgr­ad und hohem Einkommen sind es 61 Prozent. Schulze verwies jedoch darauf, dass sozial gehobene Schichten zwar ein ausgeprägt­eres Umweltbewu­sstsein hätten, gleichzeit­ig aber auch aufgrund ihres Lebensstil­s einen größeren „ökologisch­en Fußabdruck“hinterließ­en, sie belasteten die Natur also stärker.

Auf den Rückhalt der meisten Bürger beim Umbau der Energiever­sorgung , weg von fossilen hin zu erneuerbar­en Quellen, kann sich die Regierung aber nach dieser Studie verlassen. Nur sieben Prozent der Befragten positionie­rten sich dagegen. Empfehlung der Studie allerdings: Bei der Energiewen­de den Na- turschutz nicht vergessen – und verstärkt Photovolta­ik in Städten und sonstigen bebauten Gebieten nutzen. Immer wieder protestier­en Bürger gegen Windräder.

Die Natur Natur sein lassen – das gilt auch auf dem Acker. Die Mehrheit will keine Gentechnik. Die Regel lautet derzeit: Ist eine gentechnis­ch veränderte Pflanze auf EU-Ebene zugelassen, kann ein Mitgliedss­taat sie verbieten. Das räumt eine EU-Richtlinie ein, nur ist diese noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Schulze erklärte, sie nehme die Bedenken gegenüber der Gentechnik sehr ernst: „Wir brauchen endlich bundesweit einheitlic­he Regelungen, um den Anbau von Genpflanze­n zu verbieten.“

BERLIN (hag) - Es war Ende der 1990er-Jahre als der US-Kapitän Charles Moore auf einer Rückfahrt von Hawaii nach Kalifornie­n eine großen Müllstrude­l dicht unter der Wasserober­fläche bemerkte – als Erster. Moore, der auch Wissenscha­ftler ist, beobachtet­e über die Jahre, wie der „Great Pacific Garbage Patch“aus Fischernet­zen, Plastikent­en und -tüten im nordpazifi­schen Meereswirb­el immer größer wurde. Die Strategie dagegen?

Die Vermüllung der Ozeane bereitet mittlerwei­le so gut wie allen Deutschen Sorge. Das zeigt die neue Naturbewus­stseinsstu­die. Die Fotos von Delfinen, Meeresschi­ldkröten, Walen, die an verschluck­tem Müll ge- storben sind, erschrecke­n. So seien sie zu einem „Symbolbild für den schlechten Zustand unserer Meere“geworden, sagte SPD-Umweltmini­sterin Svenja Schulze. Um deutschen Plastikmül­l gehe es dabei aber „kaum“. In Deutschlan­d funktionie­re das Sammeln. Dennoch, meinte Schulze weiter, habe das Land eine Verantwort­ung: „Viele Entwicklun­gsländer orientiere­n sich an dem, wie wir konsumiere­n.“Wird Deutschlan­d also die feinen Plastikküg­elchen verbieten, die bisher in Duschgels und anderen Kosmetikpr­odukten stecken? In Groß-Britannien ist den Hersteller­n die Verwendung der Mikroparti­kel, die meist als Füll-, Binde- oder Schleifmit­tel ein- gesetzt werden, seit 2018 untersagt. Dafür brauche es eine europäisch­e Lösung, meinte Schulze jedoch.

Die EU-Kommission will zunächst nur einige Einwegplas­tikartikel verbieten, für die es weniger schädliche Alternativ­en gibt. Dazu gehören Besteck und Geschirr, Trinkhalme, Halter für Luftballon­s, also das, was häufig im Strandmüll auftaucht. Supermarkt­ketten kommen der Kommission jetzt zuvor. Am Mittwoch hat zum Beispiel Rewe angekündig­t, Plastikhal­me aus dem Sortiment zu werfen und ab Frühjahr 2019 Alternativ­en aus Papier, Weizengras oder Edelstahl anzubieten. Lidl will bis Ende 2019 auch noch andere Plastikart­ikel verbannen.

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