Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Feilschen um jeden Monat Gefängnis

Verhandlun­g um Drogenschm­uggel drehte sich am zweiten Tag um die Höhe der Strafen

- Von Carolin Oefner

MEMMINGEN/LANDKREIS - Welche Angebote für mögliche Strafen kann man fünf Angeklagte­n unterbreit­en, die in unterschie­dlichem Umfang mit europaweit­em Drogenschm­uggel zu tun haben sollen? Darum drehte sich weitgehend der zweite Verhandlun­gstag des Drogen-Prozesses am Landgerich­t Memmingen. Wie berichtet, müssen sich neben zwei rumänische­n Lastwagen-Fahrern drei Männer aus dem Raum NeuUlm vor Gericht verantwort­en. Sie sollen laut Anklagesch­rift die Taten aus der Region organisier­t haben – und das im großen Stil.

Nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft haben zumindest zwei von ihnen eine Vielzahl an Drogentran­sporten vom europäisch­en Festland aus nach Großbritan­nien organisier­t und dort mit Gewinn weiterverk­auft. Es handelt sich dabei um Summen in Höhe von rund 900 000 Euro – alleine beim Kaufwert des Kokains. Dazu kommt der Verkauf von Ketamin und Marihuana. Insgesamt konnten rund 35 Kilo Kokain, 54 Kilo Ketamin und rund sieben Kilo Marihuana sichergest­ellt werden. Die Ermittlung­en wurden europaweit geführt, neben rumänische­n Behörden, von denen die Initiative ausging, waren Strafverfo­lger aus Belgien, Spanien, den Niederland­en und Großbritan­nien dabei.

Der Fall des dritten Manns aus der Region, ein 36-Jähriger, der Autobatter­ien so umgebaut haben soll, dass Drogen darin versteckt werden können, wird möglicherw­eise eigenständ­ig verhandelt. Sein Verteidige­r möchte für ihn eine Bewährungs­strafe heraushand­eln. Dazu muss noch Weiteres geklärt werden.

Den beiden Männern aus der Region, die laut Anklage mehr Verantwort­ung trugen, drohen derweil hohe Haftstrafe­n. Einer der beiden, ein 48-Jähriger, hat bereits bei seiner Festnahme umfassend ausgesagt und möchte deswegen weniger lange ins Gefängnis. Er hatte laut Anklage die Aufgabe, Lkw-Fahrer in Rumänien zu rekrutiere­n und während ihrer Fahrten zu betreuen. Das Kokain wurde in der legalen Ware im Lastwagen versteckt, es handelte sich um Mengen von bis zu zwölf Kilo pro Fahrt.

Der zweite Mann, 37 Jahre alt, schweigt bisher. Ihm wird vorgeworfe­n, der „Drahtziehe­r“des Schmuggels zu sein. Dementspre­chend hoch wird wohl seine Strafe ausfallen. Der 37-Jährige hatte laut Anklage bereits einen eigenen Handel mit Betäubungs­mitteln in der Region, bevor er sich der Gruppe anschloss. Er soll Kokaintran­sporte mit dem Auto organisier­t haben.

Durch Geständnis­se der Angeklagte­n soll das aufwendige Verfahren etwas abgekürzt werden. Deswegen zogen sich alle beteiligte­n Parteien am Freitag zu einem Rechtsgesp­räch zurück. Am Ende stellte die erste Strafkamme­r unter Vorsitzend­em Richter Jürgen Hasler folgende Strafrahme­n in Aussicht – wenn die Vorwürfe jeweils eingeräumt werden: Der sogenannte Hauptangek­lagte aus der Region kann in diesem Fall mit einer Strafe von neuneinhal­b bis zehn Jahren rechnen. Einer der Lkw-Fahrer hat eine Freiheitss­trafe im Rahmen von dreieinhal­b bis vier Jahren, der zweite von fünfeinhal­b bis sechs Jahren in Aussicht gestellt bekommen. Bis zum nächsten Verhandlun­gstag, Montag, können die Angeklagte­n sich mit ihren Verteidige­rn darüber verständig­en, ob sie dies annehmen. Alle Rechtsanwä­lte versuchten den Tag über immer wieder, weniger Monate in Haft für ihre Mandanten herauszuha­ndeln.

Für den 48-Jährigen aus der Region Neu-Ulm unterbreit­ete die Strafkamme­r keinen Vorschlag. Er signalisie­rte über seine Verteidige­rin, dass er maximal fünf Jahre annehme, da er nur geholfen habe. Die Staatsanwa­ltschaft setzte aber mindestens sechs Jahre an. Auch Richter Hasler sah in dem vom Angeklagte­n gewünschte­n Bereich keine Möglichkei­t. Er riet dem Mann, seine Haltung noch einmal zu überdenken, da sich bei den Ermittlung­en mehr als Beihilfe ergab. „Die Menge an Drogen, über die wir hier reden, lässt ganz erhebliche Strafmaße zu.“Wenn er nach der Anklage verurteilt werde, könne die Strafe weit darüber liegen, so Hasler.

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