Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Steinbruch als Landschaftsmuseum
80 Anmeldungen liegen für die Führung in Böttingen mit Siegfried Roth vor
MÜNSINGEN - Siegfried Roth, Geschäftsführer des Unesco-Geoparks Schwäbische Alb, ist von der guten Resonanz auf das neue Führungsangebot „After-Work-Führung“in den für die Öffentlichkeit geschlossenen Böttinger Steinbruch begeistert gewesen. „Wir können bei dieser Führung höchstens 30 Personen mitnehmen. Und um die 80 Anmeldungen haben wir bekommen.“Daher möchte er noch vor den Sommerferien eine weitere Führung anbieten.
„Der Geopark Schwäbische Alb an sich ist ein Ort der Superlative weltweit“, informiert Siegfried Roth die 30 Teilnehmer. „Und der Böttinger Marmorsteinbruch ist weltweit einmalig“. Mehrere geologische Vorgänge sorgten für diese Besonderheit: Während der Jurazeit von 200 bis 155 Millionen Jahren wurde das heutige weiße Juragestein der Schwäbischen Alb in einem flachen, warmen Meer abgelagert. Dann folgte 65 Millionen Jahre lang die Kreidezeit, während in der Region wenig passierte, außer dass rund 200 Meter vom Kalkgestein abgetragen wurde. Dabei reicherte sich das Gestein mit Eisen an.
Gleich mehrere Katastrophen
„Im Tertiär ging dann hier richtig die Post ab“, berichtet Roth den aufmerksamen Gästen. Über die flache Landschaft brachen vor rund 17 Millionen Jahren gleich mehrere Katastrophen herein: Der Oberrheingraben wölbte sich und brach etwa sieben Kilometer tief ein, zwei Meteoriten schlugen bei Nördlinger und Steinheim ein. Und dann falteten sich auch noch die Alpen auf und klappten auf Süddeutschland. In der Folge zerbrach die Jurascholle, Vulkanismus kam auf. Bei den Explosionen, die durch das Zusammentreffen von Magma mit Grundwasser entstanden, bildeten sich Krater mit aufsteigender Magma. „Aber wir sind ja hier im Schwabenland, da ist alles etwas sparsamer. Die Vulkane bildeten zwar Krater, aber es ist nie Magma ausgeflossen“, berichtet Roth.
In einem solchen Krater liegt auch Böttingen. Bekannte Vulkankrater sind das Randecker Maar und Zainingen. Im Böttinger Krater öffnete dann zusätzlich noch eine etwa 400 Meter lange und rund 30 Meter breite Spalte. Aus ihr drang warmes Thermalwasser wie in einer Art Geysir an die Oberfläche und setzte Eisenoxyd an den Wänden der Spalte ab. So entstand der berühmte Böttinger Marmor. Bekannt ist das Gestein vor allem aus dem Marmorsaal des Neuen Schlosses in Stuttgart. Wobei: „Eigentlich ist das gar kein echter Marmor“, räumt Roth ein.
Marmor entsteht erst, wenn Kalkstein unter hohen Druck kommt. Das war in Böttingen nicht der Fall. Dort lagerte sich im Prinzip das eisenhaltige und dadurch rötliche Wasser auf dem weißen Kalkgestein ab. „Aber wer will in seinem Bad schon Thermalsinterkalkfließen haben? Marmor lässt sich besser verkaufen“.
Für Siegfried Roth ist der Böttinger Steinbruch, der sich rund 20 Meter tief in den Hang unterhalb des Sternenbergs einkerbt, ein unglaubliches Highlight. Dreidimensionale Fossilien von Früchten, Tieren und Pflanzen wurden dort gefunden, darunter ein ganzer Bienenschwarm. Der Steinbruch, der in Privathand ist, liege nun einfach brach, wuchere immer mehr zu und wird nach und nach durch Erosion zerstört werden, bedauert Siegfried Roth.
Er würde das Gelände für den Geopark gerne aufkaufen und träumt davon, den Steinbruch als informatives Landschaftsmuseum zu erhalten und davon, im alten Böttinger Schulhaus ein Museum für den Schwäbischen Alb Vulkanismus einzurichten. Die Zustimmung seiner 30 Teilnehmer hat er bereits sicher.