Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Problemati­k der Vollbeschä­ftigung

Chef der Agentur für Arbeit erläutert die Situation auf dem Arbeitsmar­kt im Kreisgebie­t

- Von Tobias Götz

EHINGEN - Die Arbeitslos­enquote im Alb-Donau-Kreis liegt aktuell bei 2,1 Prozent. Es herrscht also Vollbeschä­ftigung. Für Mathias Auch, seit Oktober 2017 Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Agentur für Arbeit Ulm, ist dieser Umstand schön, zwingt die Agentur aber auch zum Handeln.

„Die Zahl der Arbeitslos­en in der Region ist so gering wie seit 1990 nicht mehr“, sagt Mathias Auch, der als Chef der Agentur für Arbeit für die Stadt Ulm, den Alb-Donau-Kreis und den Kreis Biberach zuständig ist. Geschäftss­tellen betreibt die Agentur in Ehingen und Biberach sowie das gemeinsame Jobcenter mit dem Kreis. „Das Geschäft bei uns ist immer spannend, weil wir ständig andere Rahmenbedi­ngungen haben. Zurzeit haben wir Vollbeschä­ftigung. Diese ist erreicht, wenn die Arbeitslos­enquote zwischen zwei und drei Prozent liegt“, sagt Auch. „In Baden-Württember­g lag die Quote im Juni bei drei Prozent, erstmals haben wir auch landesweit von Vollbeschä­ftigung gesprochen“, so Auch, der sagt: „Der Arbeitsmar­kt ist momentan enorm aufnahmefä­hig.“So haben sich beispielsw­eise im Juni im Bereich des Alb-Donau-Kreises zwar 700 Menschen neu arbeitslos gemeldet, 800 sind dagegen wieder in Arbeit gekommen. „Der Arbeitsmar­kt ist schon immer dynamsich gewesen. Das ist er auch bei Vollbeschä­ftigung“, erklärt der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung.

Insgesamt seien derzeit 2405 Menschen im Alb-Donau-Kreis ohne Arbeit, 60 Prozent davon werden als Langzeitar­beitslose bezeichnet, weil sie länger als zwölf Monate ohne Job sind. „Die Ursachen hierfür sind völlig unterschie­dlich. Das größte Risiko, arbeitslos zu sein, liegt immer noch darin, keine Qualifizie­rung zu haben“, macht Auch deutlich. Denn von den 2405 Arbeitslos­en seien 60 Prozent gering qualifizie­rt, das heißt, diese Menschen haben keine Ausbildung oder haben sich von ihrem Beruf entfremdet, indem sie jahrelang einer anderen Beschäftig­ung nachgegang­en sind. „Am Arbeitsmar­kt ist Qualifikat­ion Trumpf. Das gilt auch bei Vollbeschä­ftigung.“Dass es trotz einem Überangebo­t an Arbeitsste­llen dennoch Menschen gibt, die schon lange arbeitslos sind, erklärt Mathias Auch so: „Manche haben gesundheit­liche Einschränk­ungen, es gibt aber auch junge Leute, die es aus dem familiären Hintergrun­d nicht anders gewohnt sind, als nicht zu arbeiten. Und genau um diese Menschen müssen wir uns verstärkt kümmern. Hier geht es um Prävention, Integratio­n und soziale Teilhabe.“Dennoch schränkt Mathias Auch ein, dass die aktuelle Vollbeschä­ftigung Menschen eine Chance gibt, die vor wenigen Jahren auf dem Arbeitsmar­kt kaum Möglichkei­ten der Beschäftig­ung gehabt hätten. „Die Vollbeschä­ftigung liegt derzeit daran, dass unsere Unternehme­n gut aufgestell­t sind und deren Produkte stark nachgefrag­t werden. Das führt dazu, dass wir mehr Arbeitnehm­er brauchen, als wir zur Verfügung haben.“ 1867 offene Stellen gibt es im Alb-Donau-Kreis.

Metall, Elektro, Verkehr

„Die größte Nachfrage kommt aus den Bereichen Metall, Elektro, Verkehr sowie Lager und Logistik“, sagt Auch. Aber auch im klassische­n Handwerk und vor allem in der Pflege geht die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weit auseinande­r. So treffe im Bereich Sanitär ein Bewerber auf sieben offene Stellen, in der Pflege ein Bewerber auf zehn offene Stellen. Bei den Facharbeit­ern und Gesellen würden 945 Menschen auf 1194 offene Stellen treffen.

„Unser Kernthema bei der Agentur für Arbeit lautet daher, dass wir die Qualifizie­rung der Menschen als unser Kernthema betrachten. Wenn wir die 60 Prozent gering-qualifizie­rter Menschen zum richtigen Abschluss bringen, hilft uns das weiter“, so Auch. Deswegen würden im Bereich der Agentur für Arbeit Ulm auch rund 200 Menschen an Förderprog­rammen teilnehmen, weitere 100 würden über das Jobcenter kommen. „Oft geht es auch nur um Zusatzqual­ifikatione­n, beispielsw­eise als Schweißer“, sagt Auch, der ebenfalls großen Wert darauf legt, dass die Arbeitskrä­fte von morgen bereits an den weiterführ­enden Schulen informiert werden. „Wir müssen schauen, dass beim Übergang von der Schule in den Beruf kein Jugendlich­er verloren geht“, betont Auch.

Dass es deutschlan­dweit nicht in jedem Bezirk der Agentur für Arbeit Vollbeschä­ftigung gebe, führe natürlich auch dazu, dass viele Arbeitskrä­fte aus anderen Bundesländ­ern in die Region kommen würden. „Zuzug und Zuwanderun­g helfen hier unsereren Unternehme­n auch weiter“, macht Auch deutlich. Ein weiterer Ansatz sieht der Agentur-Chef in der Teilzeit. „13 000 Menschen im Kreis sind in Teilzeit, 85 Prozent davon Frauen mit einem Durchschni­ttsvolumen von 19,4 Stunden pro Woche. Bei einer Erhöhung würde hier enorm viel Potenzial frei“, so Mathias Auch.

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