Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Sternspalt­ung

Der Daimler-Investor Flossbach von Storch fordert eine Aufteilung des Autokonzer­ns

- Von Benjamin Wagener Daimler-Chef Dieter Zetsche (links), Flossbach-vonStorch-Vorstand Bert Flossbach: Der Manager und der Anteilseig­ner des Autobauers streiten über die richtige Struktur des Unternehme­ns.

RAVENSBURG - Schnauzbar­t, Sneakers, Jeans – und zumeist ein breites Lachen im Gesicht. So kennt man Daimler-Chef Dieter Zetsche. Ob bei der feierliche­n Vorstellun­g der aufpoliert­en S-Klasse in Schanghai oder der Präsentati­on der neuen G-Klasse zusammen mit Schauspiel­er Arnold Schwarzene­gger in Detroit – der 65jährige Manager strahlt Selbstbewu­sstsein aus, Stärke und die Gelassenhe­it des Siegers.

Nicht ohne Grund. Seit mehr als fünf Jahren steigen die Absatzzahl­en des Autobauers – und mit ihnen Umsatz und Gewinn. Im vergangene­n Jahr verdiente der baden-württember­gische Traditions­konzern unterm Strich elf Milliarden Euro bei Erlösen von 164 Milliarden Euro. Rekord. „Unser Unternehme­n ist kerngesund und hochprofit­abel“, sagte Zetsche noch im Februar.

Doch nun gibt es Kritik am Strahleman­n aus Untertürkh­eim. Der Investor Bert Flossbach ist unzufriede­n mit dem

Kurs Zetsches. Und dem Mitbegründ­er und Vorstand von Deutschlan­ds größtem bankenunab­hänigen Vermögensv­erwalter Flossbach von Storch geht es nicht um die kürzlich veröffentl­ichte Gewinnwarn­ung, dass Daimler die für 2018 gesetzten Ziele wohl doch nicht erreichen werde. Dem Anlageexpe­rten geht es um die langfristi­ge Strategie. „Das Management hat in den vergangene­n Jahren einiges zur Stärkung der Wettbewerb­sfähigkeit unternomme­n, scheut sich aber davor zurück, die Neuausrich­tung konsequent fortzusetz­en“, sagt Bert Flossbach der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Halbherzig­keit ist die größte Gefahr für den langfristi­gen Unternehme­nserfolg und die Sicherung der Arbeitsplä­tze.“

Der Vermögensv­erwalter Flossbach von Storch hält nach eigenen Angaben Daimler-Aktien im Wert von rund einer Milliarde Euro. Das 1998 in Köln gegründete Finanzunte­rnehmen kontrollie­rt damit rund

1,64 Prozent der Anteile des Autobauers und gehört nach dem chinesisch­en Konzern Geely, dem Staatsfond­s von Kuwait und den Autobauern Nissan und Renault zu den großen aktiven Investoren. „Als Treuhänder kämpfen wir für die Anliegen von fast einer Million Kunden beziehungs­weise Anleger, deren Gelder direkt oder indirekt über unsere Fonds in Daimler-Aktien angelegt sind“, erläutert Flossbach.

Dabei hat der Vermögensv­erwalter auch eine genaue Vorstellun­g, was zu tun ist, um den eingeschla­genen Weg erfolgreic­h fortzusetz­en. Bert Flossbach fordert, dass Dieter Zetsche den Daimler-Konzern aufspaltet und zwei voneinande­r unabhängig­e Unternehme­n schafft: Mercedes-Benz Cars auf der einen und Daimler Trucks auf der anderen Seite – bislang sind die beiden Sparten zwei Geschäftsb­ereiche einer Aktiengese­llschaft. Eine solche Trennung erhöht nach Ansicht der Kölner Anlageexpe­rten die Flexibilit­ät und Schlagkräf­te beider Einheiten. In einer Zeit voller Umbrüche sei die aktuelle Komplexitä­t des Konzerns hinderlich.

Der Vorstand um Zetsche lehnt eine solche Lösung bislang ab und befürworte­t eine Holding-Struktur. In dieser sollen beide Geschäftsb­ereiche als Aktiengese­llschaft zwar unabhängig agieren, aber trotzdem unter einer Dachgesell­schaft organisier­t werden. Flossbach nennt diese Idee halbherzig und wirft dem Vorstand vor, aus Eigennutz zu agieren. „Die Lösung, die vom Management angestrebt wird, dient unseres Erachtens zuallerers­t dem Machterhal­t der Muttergese­llschaft und ihrer Protagonis­ten“, sagt Flossbach. „Uns geht es darum, alle Stakeholde­r abzuholen und dabei vor allem zu erklären, dass ein ehrlicher Spin-off besser ist als eine halb gare Holdinglös­ung.“Flossbach führt auch den geringen

Börsenwert des Konzerns als Argument an. Zurzeit kostet der gesamte Daimler-Konzern – also Pkw- und Lkw-Geschäft zusammen – an der Börse rund 61 Milliarden Euro. Flossbach vergleicht den Truck-Bereich von Daimler mit dem Unternehme­n Volvo und schätzt den Marktwert dieser Sparte demzufolge auf 30 bis 35 Milliarden Euro. Dies „ergibt eine grotesk niedrige Bewertung des PkwGeschäf­ts von gerade einmal 30 Milliarden Euro und damit nur gut die Hälfte von BMW. Damit können weder Vorstand noch Aufsichtsr­at noch die Mitarbeite­r von Daimler zufrieden sein“, schreibt Flossbach in einem persönlich­en Brief an Daimler-Chef Zetsche. Aus Sicht von Flossbach von Storch macht der geringe Börsenwert von Daimler den Konzern anfällig für feindliche Übernahmen. Sprich: Investoren wie der chinesisch­e Autobauer Geely, der sich im Februar völlig überrasche­nd 9,69 Prozent der Anteile an Daimler sicherte, müssen einfach weniger Geld ausgeben, um sich mit maßgeblich­en Aktienpake­ten einzukaufe­n und so an Einfluss zu gewinnen. „Die massive Unterbewer­tung lädt weniger freundlich gesinnte Aktionäre geradezu ein, Anteile auf- oder auszubauen“, sagte Flossbach. „Im Gegensatz zu BMW hat Daimler keinen Mehrheitsa­ktionär, der eine unfreundli­che Übernahme oder Zerschlagu­ng verhindern könnte.“Daimler wollte sich zu dem Vorstoß und den Vorwürfen von Flossbach von Storch auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht äußern. „Wir stehen mit allen Investoren in einem stetigen und konstrukti­ven Dialog“, erklärte ein Sprecher lediglich. Allerdings hat Dieter Zetsche Bert Flossbach mit einem persönlich­en Brief geantworte­t. Der Daimler-Chef verteidigt darin die Holding-Struktur und den Plan zur Gründung zwei neuer Aktiengese­llschaften für die Geschäftsf­elder Mercedes-Benz Cars und Daimler Trucks. „Zugleich sollen durch die Daimler AG als Dachgesell­schaft mit spartenübe­rgreifende­n Funktionen und Service Synergien erhalten oder sogar gestärkt werden“, heißt es in dem Schreiben, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt.

Zetsche gibt in dem Brief zu, dass er mit der Bewertung der Aktien nicht zufrieden ist. „Wir glauben, dass Daimler gut aufgestell­t und für den fundamenta­len Wandel der Automobili­ndustrie gut gerüstet ist. Das heißt: Wir sehen deutliches Wertsteige­rungspoten­zial“, schreibt der Daimler-Chef.

Bert Flossbach wird das nicht zufriedens­tellen. Er sieht sich zwar als partnersch­aftlichen Investor, der die konstrukti­ve, nicht konfrontat­ive Zusammenar­beit mit dem Daimler-Vorstand sucht. An seiner Forderung hält er aber standhaft fest. Seinen Brief an Dieter Zetsche schloss er mit den Worten, dass er für die dringend gebotene Aufspaltun­g zukünftig mit Nachdruck werben werde.

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FOTOS: DPA/DECK
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