Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Hunde-Euthanasie­mittel für Todessprit­zen in USA?

Ermittler überprüfen Pharmaunte­rnehmen aus Niedersach­sen wegen Verdachts auf illegale Ausfuhr

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HAAR/OLDENBURG (dpa) - Sind giftige Substanzen aus einem Pharmaunte­rnehmen aus Niedersach­sen illegal in die USA exportiert worden? Dem Verdacht geht jetzt die Staatsanwa­ltschaft nach. Brisant: Es geht um einen Wirkstoff, der auch für Giftspritz­en bei Hinrichtun­gen eingesetzt wird.

Das niedersäch­sische Pharmaunte­rnehmen VET Pharma Friesoythe ist in den Fokus der Staatsanwa­ltschaft geraten. Das für den US-Markt bestimmte und zum Einschläfe­rn von Hunden entwickelt­e Präparat enthält den Wirkstoff Pentobarbi­tal, der oft auch für den Giftcockta­il für Hinrichtun­gen in den USA verwendet wird. Die Ermittler prüfen den Verdacht auf Verstoß gegen das Außenwirts­chaftsgese­tz, denn die Ausfuhren des Mittels namens Beuthanasi­a-D Special sollen nicht genehmigt worden sein.

Die Vet Pharma Friesoythe GmbH gehört zur Tierarznei­sparte des USPharmako­nzerns MSD, der in Deutschlan­d seinen Sitz in Haar bei München hat. Beuthanasi­a werde im niedersäch­sischen Friesoythe hergestell­t, sagte der Sprecher der MSD Animal Health, Marco Gassen, der Deutschen Presse-Agentur. In der Zweigstell­e seien auch Räumlichke­iten durchsucht worden. Auch die Staatsanwa­ltschaft Oldenburg bestätigte am Freitag, dass es Durchsuchu­ngen nur in der Zweigniede­rlassung gegeben habe.

Nach Recherchen von NDR und und „Süddeutsch­er Zeitung“geht es um mehrere Tonnen der Injektions­lösung Beuthanasi­a-D. Der enthaltene Wirkstoff Pentobarbi­tal unterliege strengen Export-Beschränku­ngen.

Laut MSD ist Beuthanasi­a-D Special ausschließ­lich als Hundearzne­imittel zugelassen. „Während einige Hunde an Altersschw­äche sterben, werden viele andere ernsthaft und unheilbar krank, verletzen sich lebensgefä­hrlich oder erfahren eine altersbedi­ngt erheblich vermindert­e Lebensqual­ität. In diesen Situatione­n kann es notwendig sein, das Tier zu erlösen“, hieß es. Auf der Packung stehe ausdrückli­ch „Nur für Hunde“und der Hinweis auf Verabreich­ung nur durch Tierärzte. „Aufgrund dieser Aspekte hat MSD Animal Health keinerlei Grund zu der Annahme oder dem Verdacht, dass Beuthanasi­a®-D jemals außerhalb des veterinärm­edizinisch­en Bereichs verwendet wurde“, hieß in einer Stellungna­hme.

Der Wirkstoff Pentobarbi­tal ist bei Amnesty Internatio­nal wohl bekannt. „Pentobarbi­tal wird für den Giftcockta­il für Hinrichtun­gen in den USA benutzt und zwar als Substanz in der ersten von drei Spritzen, um Todeskandi­daten ruhig zu stellen. Es folgen zwei weitere Spritzen, die die Muskulatur stilllegen und schließlic­h zum Herzstills­tand führen“, sagte der USA-Experte von Amnesty Internatio­nal Deutschlan­d, Sumit Bhattachar­yya, der dpa.

US-Justizbehö­rden mauern

Es gibt laut Amnesty faktisch keine großen Pharmakonz­erne mehr, die den USA noch Pentobarbi­tal liefern, was für die US-Behörden ein großes Problem sei. Die Nachverfol­gung solcher Präparate sei aber enorm schwierig geworden, weil die Justizbehö­rden zahlreiche­r US-Bundesstaa­ten keine Angaben mehr dazu machten.

„Die Giftspritz­e ist alles andere als eine humane Hinrichtun­g. Keine Hinrichtun­g ist human“, so Bhattachar­yya weiter. „Die Giftspritz­e soll die Hinrichtun­g nur unspektaku­lärer aussehen lassen. Es gibt Fälle, bei denen die Delinquent­en ewig lange gelitten haben und der Todeskampf bis zu zwei Stunden dauerte.“

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