Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Prachtbau bei Milvischer Brücke in Rom entdeckt
Ausgrabung nährt Spekulationen über frühe Kirche
ROM (KNA) - In Rom ist ein antiker Prachtbau ans Licht gekommen, nahe der Milvischen Brücke. Manches weist auf einen Kultbau. Handelt es sich um eine Kirche an der Stätte der Entscheidungsschlacht für das frühe Christentum?
Es begann mit einem Stromkabel, das im Herbst 2017 an einem kleinen Uferweg am Tiber verlegt werden sollte. Die Arbeiter des städtischen Netzbetreibers stießen, in Rom nicht unüblich, auf antike Mauern. Archäologische Sondierungen entlang der geplanten Kabeltrasse an der Via Capoprati brachten Abschnitte eines Fußbodens zutage, der mit kostbaren vielfarbigen Einlegearbeiten belegt war. Man dachte an eine stadtnahe Villa aus dem 4. Jahrhundert.
Dann beschloss die Archäologiebehörde, die Grabungen auszuweiten – und fand direkt benachbart zwei kreisrunde Strukturen, die an Mausoleen denken lassen, und drei oder vier Einzelgräber aus der gleichen spätantiken Epoche wie die zuerst entdeckten Prachträume.
Für die Archäologin Marina Piranomonte ist klar, dass es sich bei dem Komplex wegen der benachbarten Gräber um kein Privathaus handeln kann. Sie spricht von einem „staatlichen“Gebäude, möglicherweise mit religiöser Funktion. Das Baudatum, nach ersten Erkenntnissen Mitte des 4. Jahrhunderts, fällt in eine Epoche, „in der das Christentum weit Fuß gefasst hat“. Weiter will Piranomonte mit Interpretationen derzeit nicht gehen.
Dabei ist die Milvische Brücke ein Schicksalsort. Vor der Schlacht, so die Legende, sah Konstantin ein leuchtendes Kreuz am Himmel und vernahm die Botschaft: „In diesem Zeichen wirst du siegen.“Ein Jahr später, 313, erklärte Konstantin den christlichen Kult für legal. Er selbst, sei es aus Überzeugung oder Kalkül, machte das Christentum zu seinem religiösen Markenzeichen.
Könnte der Apsidialbau also eine Kirche sein, just dort, wo der Christengott erstmals seine militärische Macht bezeugte? Konstantin untermauerte auch sonst seinen Herrschaftsanspruch mit Basiliken an symbolischen Orten, etwa Bethlehem, Jerusalem oder über dem Grab des Apostels Petrus.
Die Keramikfunde der Ausgrabung warten noch auf eine Auswertung. Dass die Grabung allerdings vervollständigt werden könnte, ist nur ein Traum: Direkt oberhalb verläuft der stark befahrene Lungotevere. Wer die pracht- und rätselreiche Stätte sehen will, muss sich beeilen: In wenigen Wochen, so Piranomonte, wird das Areal wieder zugeschüttet.