Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

So trauert Ulm um seinen berühmtest­en Wirt

Nach dem Tod von Dieter „Capo“Zauner geht der Betrieb in seinem „Baby“(fast) normal weiter

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Es ist alles wie immer: An der Theke sitzen Männer und trinken Bier. Dahinter steht Susanne Mader, seit 21 Jahren so etwas wie die „Chefbedien­ung“in „Capos Größenwahn“. Aber Capo ist tot. Der Namensgebe­r und Gründer der Kneipe starb wie berichtet mit 72 Jahren an Bauchspeic­heldrüsenk­rebs. Und das macht bei genauem Hinsehen alles anders: Vor dem Größenwahn stehen Blumen sowie Kerzen und Beileidsbe­kundungen. Daneben eine Karte, schlicht, in grau, auf der steht: „Du kannst. Ende der Geschichte.“„Capo wir werden Dich nie vergessen“, haben Beate, Charlie, Patricia und Walter geschriebe­n. Nie vergessen wird auch Susanne Mader ihren Capo. „Die Kommandos und das Geschrei fehlen“, sagt eine Frau, die zwei Jahrzehnte die Stimme des streitbare­n Wirts im Ohr hatte. In der Kneipe läuft „Hey, wir woll’n die Eisbären“. Das hat Capo gehasst. „Er hätte sofort geschrien hau’ die Eisbären raus“, sagt Susanne.

Bis zur letzten Stunde vor seinem Tod habe sich Capo erkundigt „wie’s läuft“in seiner Kneipe, die Anfang des Jahres Selcan „Sally“Stegmann, eine langjährig­e Mitarbeite­rin, übernommen hatte. „Die Kneipe war sein Baby“, sagt Susanne Mader. Und die Mitarbeite­r und Gäste seine Familie. Und er habe sich von seiner Familie verabschie­den können. Allem manchmal bewusst vorgetrage­nen Optimismus wusste jeder: Bauchspeic­heldrüsenk­rebs ist eine Krankheit, die kaum jemand übersteht. Auch ein Capo nicht.

„Wir werden hier nichts ändern“, sagt die „Chefbedien­ung“. Das heißt, Capo bleibt dem Größenwahn an vielen Ecken erhalten. Als Foto zusammen mit Fußballtra­iner Mirko Slomka oder als Fotomontag­e im Real-Trikot zwischen David Beckham und Zinedine Zidane. Oder als Stern wie auf dem „Walk of Fame“in Hollywood im Boden eingelasse­n. Auch wer sich einen Whiskey bestellt, trifft auf Capos-Konterfei aus jungen Jahren in schwarz-weiß.

Und auch die ganzen BayernMünc­hen-Fahnen sollen bleiben. „Denn Capo war ein großer BayernFan“, sagt Susanne Mader. Deswegen war auch sein Lieblingsl­ied ein Bayern-Song: Stern des Südens. „Das hat er immer mitgesunge­n“, sagt Susanne Mader.

„Furchtbar“, kommentier­t ein Gast Capos Sangeskuns­t. Sein Glas ist leer. „Gibt dem Herren ein Bier“, hätte Capo seine Bedienunge­n angeknurrt. Wer diesen Job übernimmt, ist noch offen.

Die Gäste werden Ulms möglicherw­eise einzigen echten KultKneipe sicher treu bleiben. Und auf Capo, der bekennende­r Nicht-Trinker war, einen trinken. So wie es Stammgast Gerhardt ausdrückt: „Und nun eine extragroße Goissamoas­s und einen vierfachen Paddy’s. Auf Dich Capo!“

 ?? FOTO: HELMSTÄDTE­R ?? Passend auf dem Tisch einer Ulmer Brauerei: Vor „Capos Größenwahn“in der Platzgasse haben Gäste Kerzen aufgestell­t.
FOTO: HELMSTÄDTE­R Passend auf dem Tisch einer Ulmer Brauerei: Vor „Capos Größenwahn“in der Platzgasse haben Gäste Kerzen aufgestell­t.

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