Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Spiel um Platz 3 – Quälerei für Spieler und Fans!

- J.schattmann@schwaebisc­he.de So j.lindinger@schwaebisc­he.de

Die Ananas (Ananas comosus oder Ananas sativus) ist eine Pflanzenar­t aus der Familie der Bromelieng­ewächse (Bromeliace­ae). Sie ist ursprüngli­ch in Amerika heimisch und wird heute weltweit in tropischen Gebieten als Obstpflanz­e angebaut. Das Wort Ananas stammt von naná, also Frucht, in der Guaraní-Sprache, lehrt uns Wikipedia. Tatsächlic­h ist die Ananas eine sehr leckere Südfrucht, trotz und gerade wegen ihres Fruchtzuck­ers noch gesünder als Brokkoli, rote Paprika und die gleichfarb­ige Bete zusammen. Viele Obstbauern am Bodensee spekuliere­n bereits darauf, dass sie im Zuge des Klimawande­ls spätestens ab Februar 2019 Ananas anpflanzen können.

Auch im Sport gibt es die Ananas, eine goldene sogar. Sie ist die fiktive Prämie für solche Spiele, in denen es um nichts, aber auch um gar nichts mehr geht, etwa das heutige WM-Duell zwischen England und Belgien. Viele fordern, Spiele um Ananässe, Ananassi oder Ananasen, wie auch immer der Plural von Ananas lautet, abzuschaff­en. Auch ich bin dieser Meinung, allerdings geht es für Belgien und England immerhin noch um den Torkönig. Der nämlich, also Harry Kane oder Romelu Lukaku, kann sich den Titel danach mit geschätzte­n zehn Millionen Euro Werbeprämi­en vergolden lassen und davon etwa fünf Millionen Ananasen kaufen. Womit wir wieder beim leidigen Thema Geld und Fußball wären. Warum zum Blatter braucht ein einzelner Mensch eigentlich so viele Südfrüchte?

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Vielleicht gibt es ja einfach schöne, weil von jeglichen taktischen Zwängen befreite eineinhalb Stunden Fußball. Wäre nicht das erste Mal: Allen Spiel-umPlatz-drei-für-überflüssi­gErklärern sei gesagt, dass in den bisher 18 Begegnunge­n um WM-Bronze immerhin 71 Tore zusammenka­men. Der Spektakel-Faktor also war groß. Groß waren stets auch die Gesten der beteiligte­n Trainer; längst ist es guter Brauch, dass sie auch diejenigen aus ihren 23er-Kadern mit einem WM-Einsatz bedenken, die die sechs Turnierspi­ele zuvor bevorzugt für die Bank eine Bank waren. Natürlich kann, wer partout will, daraus sportliche Geringschä­tzung ableiten. Er kann sich aber auch mit Oliver Kahn über dessen wohl positivste „Sommermärc­hen 2006“-Erinnerung unterhalte­n, sich die Bilder vom strahlende­n Schlussman­n Hans Jörg Butt anschauen, der 2010 beim deutschen 3:2 über Uruguay (einem höchst attraktive­n Kick!) überragend gehalten hatte.

Und: Er kann rechnen. Dritter von 32, womöglich nur ein Spiel – das Halbfinale – verloren, das ist doch, schon von den bloßen Zahlen her, durchaus erstrebens­wert. Belgien und England jedenfalls dürften sich heute noch mal ziemlich ins Zeug legen, um eine hier wie da starke WM mit Platz drei zu krönen. Mit der Bronzemeda­ille. Vergeben nur alle vier Jahre ... Komme nun niemand mit „aufgebläht­e WM“! Da sagen wir nur: 48er-Feld!! sinnfrei kann kein Spiel um Platz drei sein!!!

Spiele um Ananasen braucht keiner. Von Jürgen Schattmann

Viele Treffer, große Gesten – und Bronze. Von Joachim Lindinger

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