Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Frankreich­s unerschöpf­licher Talentepoo­l

In den nächsten Jahren nicht zu besiegen? – Der mögliche WM-Titel wäre für Frankreich wohl nur der Startschus­s in eine goldene Ära

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MOSKAU (SID) - Die Worte von Franz Beckenbaue­r sind Legende. Vor einer schmucklos­en weißen Wand definierte der Kaiser 1990 als frisch gekürter Weltmeiste­rcoach mal eben die Fußball-Ordnung neu. „Es tut mir leid für den Rest der Welt, aber wir werden in den nächsten Jahren nicht zu besiegen sein“, sagte der damalige Teamchef lässig dahin.

Didier Deschamps steht als Trainer der Equipe Tricolore gerade kurz davor, dieselbe Stufe wie Beckenbaue­r zu erklimmen, solch ein Satz käme ihm aber vermutlich nicht über die Lippen. Zumal des „Kaisers“Prognose bekanntlic­h schnell widerlegt wurde – und Frankreich das verlorene EM-Finale vor zwei Jahren als warnendes Beispiel dient.

Dabei hätte Deschamps mindestens ebenso viele Gründe wie Beckenbaue­r seinerzeit, die fußballeri­sche Weltherrsc­haft zu verkünden. Während sich Deutschlan­d mit dem Zuwachs durch die DDR-Fußballer unschlagba­r wähnte, ist es bei Frankreich­s ein schier unerschöpf­licher Pool an außergewöh­nlichen Talenten, der Visionen von einer goldenen Ära erlaubt. Deschamps coacht in Russland die zweitjüngs­te Turnierman­nschaft, die mit Kylian Mbappé (19) an der Spitze vor Qualität nur so strotzt. Altstars wie Franck Ribéry, Karim Benzema, Laurent Koscielny oder Dimitri Payet vermisst keiner mehr. Frankreich liebt seine „Baby Bleus“und geht längst schwanger mit weiteren Ausnahmesp­ielern.

Als ein Beispiel darf der 16-jährige Willem Geubbels gelten, ein Offensivta­lent, für das die AS Monaco eben 20 Millionen Euro an Olympique Lyon überwiesen hat und das als das edelste Juwel seiner Generation gilt. Und auch ein Blick auf die Daheimgela­ssenen offenbart den Luxus. Anthony Martial (Manchester United), Alexandre Lacazette (FC Arsenal), Kingsley Coman (FC Bayern) oder Adrien Rabiot (Paris St. Germain), um nur einige zu nennen.

Das erprobte Ausbildung­ssystem funktionie­rt bestens. In den fünf europäisch­en Top-Ligen ist der Anteil an Legionären nur in Spanien geringer (38,8 Prozent) als in Frankreich (47,4). Die Erfahrung, die die Franzosen zudem im Ausland sammeln, kommt auch der Nationalel­f zugute. „Die Spieler werden in zwei Jahren noch stärker sein, und in vier Jahren“, so Deschamps. Das gilt für die 23, die nach dem Titel greifen, aber auch für jene, die (noch) in der zweiten und dritten Reihe stehen.

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FOTO: AFP Willem Geubbels ist bereit.

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