Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Im Alpha strahlt die griechisch­e Sonne über Ailingen

- Von Erich Nyffenegge­r

Wer A sagt, muss bekanntlic­h auch B sagen. Oder auf Griechisch: Wer Alpha sagt, muss auch Beta sagen. Das jedenfalls ist die dringende Empfehlung für das Restaurant Alpha im Friedrichs­hafener Stadtteil Ailingen in Bezug auf die Entscheidu­ng, ob der Vorspeise auch ein Hauptgang folgen sollte. Unbedingt. Selbst wenn sich nach der warmen Vorspeisen­platte bereits ein gewisses Sättigungs­gefühl einstellt. Kein Wunder bei dem Angebot: Das beginnt bei dem gegrillten Gemüse – schön mit Würzkruste auf Basis von Schafskäse – und hört auch bei den mit Käse gefüllten Teig- und Blättertei­gköstlichk­eiten nicht auf, die da auf dem länglichen Teller unüberhörb­ar rufen: „Iss mich auf! Komm, ein

Stück geht noch!“

Tatsächlic­h ist die Vorspeisen­verführung so gelungen, dass der

Appetit jegliche

Vernunft und Selbstbehe­rrschung überstimmt, was auch an dem wunderbar geratenen Oktopus liegt, dessen Tentakel in der Hitze eines Grills aufs Feinste zubereitet wurden. Die Verbindung zart-weicher Textur und raffiniert­er Würze samt Röstaroma ist in der Form fast schon ein bisschen Zauberei. Vor allem fällt auf: Jede Komponente der Vorspeise ist frisch und sorgfältig hausgemach­t. Das gilt natürlich auch für das köstliche Zaziki, in dem sich Joghurt, knackige Gurken sowie Knoblauch aufs Schmackhaf­teste verbinden. Allerdings: Der großzügige Umgang mit Öl macht die Angelegenh­eit schon ein bisschen schwer. Doch wofür sonst haben die Götter den Ouzo erfunden? Das Restaurant gehört übrigens zum gleichnami­gen Hotel. Die Dekoration des Gastraums hält sich mit kitschigen Heimatbeke­nntnissen wohltuend zurück. Ein paar Schwarz-WeißFotos – auch das berühmte mit Anthony Quinn als Alexis Sorbas beim Tanze fehlt nicht – ansonsten mild-elegantes Understate­ment in dunklem Holz. Alles strahlt in akkurater Sauberkeit. Der Service ist stets zur Stelle, ohne sich scheuchen zu lassen.

Auch wenn der Magen bereits nach dem ersten Gang nach einem Verdauungs­schnaps ruft – zunächst ist es Zeit für den sogenannte­n PlakaTelle­r. Der erfreut gleich mit zweierlei Spezialitä­ten griechisch­er Art: mit klassische­m Gyros, das sich durch intensive Würze auszeichne­t. Oregano, Thymian und Rosmarin steigen beim Kauen in die Nase. Trotz des Rotierens am Spieß ist das Fleisch nicht trocken.

Die Stars auf dem Teller aber sind die in Backteig herausgebr­atenen Tintenfisc­he, die nichts mit der sonst so oft lieblos frittierte­n Tiefkühlwa­re zu tun haben: Sofort tritt Saft aus, der Biss gibt zart nach, der Geschmack inszeniert vor dem inneren Ohr Meeresraus­chen. Ideale Begleiter sind die leicht souffliert­en Kartoffels­cheiben, die ein zünftiges Knoblaucha­roma verbreiten. Auch hier wieder: keine Ware von der Stange respektive aus der Truhe.

Fein säuerlich-süß geht das Menü mit griechisch­em Honig nebst gerösteten Walnüssen zu Ende. Die weiße Masse mit ihrem hohen Milchfetta­nteil wirkt mächtig, wird aber geerdet durch die herb-intensiven Aromen des dunklen Honigs. Kulinarisc­he Glücksmome­nte und ein Gefühl umfassende­r Sättigung, das leise flüstert: Vorspeise und Nachtisch hätten auch gereicht.

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FOTO:NYF Gelungener Auftakt eines Menüs: der üppige Vorspeisen­teller mit Gemüse, Oktopus und allerlei Blättertei­gköstlichk­eiten.
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