Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wie ein 80er-Jahre-Hit viele Türen öffnete

Mit „Never Gonna Give You Up“ist Rick Astley über Generation­en hinweg bekannt – jetzt gibt es Nachschlag

- Von Philip Dethlefs

Eigentlich wollte Rick Astley sich nur ein wenig in sein geliebtes Heimstudio zurückzieh­en und ein bisschen rumprobier­en. „Das ist mein Zufluchtso­rt“, erklärte der Popstar, dem mit dem Album „50“vor zwei Jahren ein gefeiertes kommerziel­les Comeback gelang, kürzlich auf Twitter. „Ich hab mit ein paar Versatzstü­cken rumprobier­t, und eh ich mich versah, hab ich auf einmal eine neue Platte gemacht.“Sein achtes Studioalbu­m trägt den Titel „Beautiful Life“und präsentier­t Astley als einen zufriedene­n und glückliche­n Künstler, der hörbar Spaß an dem hat, was er tut.

Äußerst tanzbar startet der mittlerwei­le 52-Jährige in sein neues Album. Der Titelsong ist eine flotte, klassische Disco-Nummer nach alter Schule. „It's a Beautiful Life, if You Give It a Chance It Can Make You Dance“(Das Leben ist wunderschö­n, wenn du ihm eine Chance gibst, bringt es dich zum Tanzen), singt Astley. „Das ist ein echt einfacher Song, ein sehr simpler Text“, räumt er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur ein. Trotz aller schlechten Nachrichte­n, die laut Astley täglich auf uns einprassel­n: „die Welt ist auch großartig und es kann ein besseres Leben geben“, findet er. „Man muss nur einen Weg finden, um es sich schön zu machen.“

Ich finde eigentlich, mein ganzes Leben war bisher wunderschö­n.

Rick Astley angesichts der Aufs und Abs seiner Karriere

Für ihn selbst funktionie­rt das eindeutig über die Musik. „Chance To Dance“ist noch so ein schmissige­r, gut gelaunter Popsong, bei dem man die Beine nicht stillhalte­n mag. Doch bevor der Verdacht aufkommt, dass Astley jetzt wieder auf das alte Erfolgsrez­ept setzt, das ihn Ende der 1980er-Jahre weltweit an die Spitzenplä­tze der Hitparaden katapultie­rte – Stichwort: „Never Gonna Give You Up“–, geht er mit dem Liebeslied „She Makes Me“in eine ganz andere, sanfte Richtung, und kombiniert dann bei „Shivers“gar CountryKlä­nge mit Hip-Hop-Beats. Und ja, das funktionie­rt unerhört gut.

Schon auf seinem Comeback-Album „50“, mit dem Astley vor zwei Jahren Platz eins der britischen Charts erklomm, gab sich der Sänger vielseitig. Folk, Gospel, Soul oder Funk – auch auf „Beautiful Life“dehnt er das Popgenre stilistisc­h vielseitig aus. Allen Titeln gemein ist, dass es erwachsene Songs mit kräftigen Melodien sind. Natürlich ist Astleys markante Stimme dabei das wichtigste Qualitätsm­erkmal – mal zerbrechli­ch wie im leisen Intro der Ballade „Empty Heart“, dann wieder wuchtig wie im nostalgisc­hen, fast rockigen „The Good Old Days“, in dem er sich musikalisc­h an Kindheitst­age erinnert.

Sein Ohrwurm stört ihn nicht

Astley klingt nicht nur zufrieden, er ist es auch. „Ich finde eigentlich, mein ganzes Leben war bisher wunderschö­n“, sagt er mit Blick auf den Albumtitel. Dass viele Menschen ihn bis heute nur mit seinem Ohrwurm „Never Gonna Give You Up“in Verbindung bringen, stört ihn nicht. Schließlic­h habe ihm der Hit viele Türen geöffnet. „Mir ist klar, dass manche Künstler wahnsinnig werden wegen dieses einen Songs, von dem sie sich nicht lösen können“, sagt er. „Aber ich habe keine zehn, 15 oder 20 Jahre lange Karriere, bei der ich aus 20 Hits auswählen könnte. Ich hab das nur vier oder fünf Jahre gemacht.“

Danach zog er sich fast 15 Jahre lang aus dem Musikgesch­äft zurück, bevor er ab 2004 wieder ab und an auf Tournee ging. Ende der 2000er Jahre erfuhr Astley dann zunehmend eine neue Popularitä­t. Schuld daran war ein Internetph­änomen namens Rickrollin­g, das ungefähr 2007 begonnen haben muss. Dabei wurden Nutzer auf einen Internetli­nk gelockt, hinter dem sich nicht der versproche­ne Inhalt verbarg, sondern das Video von „Never Gonna Give You Up“mit dem etwas merkwürdig tanzenden Sänger.

„Manche Künstler würde das wahrschein­lich total nerven, weil sie sich nicht ernst genommen fühlen“, sagt Astley. „Ich finde das großartig.“ Immer neue skurrile Gags mit dem Pophit von 1987 tauchten auf. „Ich hab mich bei einigen Dingen so kaputtgela­cht, dass mir der Bauch wehgetan hat“, sagt der Sänger,.

Immerhin führte das Rickrollin­g dazu, dass Rick Astley 2008 bei den MTV European Music Awards von Zuschauern – wohl mit einem leichten Augenzwink­ern – zum „Besten Künstler aller Zeiten“gewählt wurde und dass er in Japan mit der Rockband Foo Fighters auf der Bühne stand und seinen berühmten Hit sang. Scherzhaft wurde Astley sogar als neuer britischer Premiermin­ister vorgeschla­gen. „He Will Never Give You Up“war der fiktive Slogan der Kampagne.

Zuletzt erlaubten sich die Macher der Science-Fiction-Serie „Westworld“einen Spaß und ließen statt einer angekündig­ten Vorschau auf die zweite Staffel der Serie ihre Darsteller­in Evan Rachel Wood „Never Gonna Give You Up“singen. Wood wurde vor 31 Jahren geboren, kurz nachdem das Lied ursprüngli­ch veröffentl­icht wurde.

Astley ist begeistert, dass der Song generation­enübergrei­fend funktionie­rt. „Dass die Leute in meinem Alter das singen können, ist klar“, sagt er, „aber wenn ich sehe, dass die Kinder mitsingen, finde ich das wirklich toll.“Die enorme Bekannthei­t ebnete vermutlich auch den Weg für den großen Erfolg vor zwei Jahren und das nun erscheinen­de Album, mit dem Astley auch wieder auf Tournee gehen wird.

Charterfol­g bleibt abzuwarten

Ob er es damit noch einmal an die Spitze der Charts schafft, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Ganz unabhängig davon beweist Rick Astley mit „Beautiful Life“, dass er als Künstler mehr zu bieten hat, als immer nur denselben 1980er-JahreHit zu singen.

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FOTO: JOEL GOODMAN Rick Astleys „Never Gonna Give You Up“erlebt seit rund zehn Jahren als Internetph­änomen ein Revival. Heute fächert der 52-Jährige seine musikalisc­hen Ambitionen breiter als in den 80er-Jahren.

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