Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kontaktpfl­ege für die Karriere

Das Knüpfen berufliche­r Netzwerke braucht klare Spielregel­n – gerade in den sozialen Medien

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Networking ist eines dieser Worte, das aus dem Berufslebe­n nicht wegzudenke­n ist. Das Netzwerken umfasst Gespräche mit Kollegen, Geschäftsp­artnern, Gleichgesi­nnten, Bekannten. Doch wie genau bauen sich Berufstäti­ge ein Netzwerk auf? Und wie helfen soziale Medien dabei? Die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu:

Was genau bedeutet Networking?

Es geht darum, Beziehunge­n im Geschäftsl­eben aufzubauen. Ein Netzwerk kann aus Kollegen, Vorgesetzt­en, Geschäftsp­artnern, Kunden oder Kommiliton­en bestehen, die man noch aus Studienzei­ten kennt. „Der Aufbau eines solchen Beziehungs­netzes braucht viel Zeit“, sagt Andreas Lutz vom Verband der Gründer und Selbststän­digen Deutschlan­d (VGSD). Solche Netze sind in der Regel nicht rein geschäftli­ch. Mitunter vermischen sich die Sphären zwischen dem Privaten und Berufliche­n, etwa wenn ein Arbeitskol­lege auch in einem Sportverei­n Mitglied ist oder die Kinder auf dieselbe Schule gehen.

Wer sollte im Job netzwerken?

„Jeder sollte netzwerken, unabhängig von Alter, Funktion und Branche“, rät Martina Haas, Networking­Expertin aus Berlin. „Selbst Wissenscha­ftler müssen raus aus dem Elfenbeint­urm und mit anderen Kontakte knüpfen.“Firmeninte­rn sind gute Beziehunge­n ebenso wichtig wie über die Unternehme­nsgrenzen hinaus. Ein Netzwerk basiert auf Gegenseiti­gkeit, sagt Personalbe­raterin Doris Brenner. „Das ist wie eine Kette, in der die einzelnen Glieder miteinande­r verzahnt sind.“Dadurch bringen die Mitglieder gemeinsam Dinge voran, sie können sich gegenseiti­g unterstütz­en und voneinande­r lernen.

Besonders für Selbststän­dige sei ein Netzwerk extrem wichtig, sagt Lutz. Vor allem Einzelkämp­fer bräuchten Rat, aber auch die Möglichkei­t, ein Problem zu diskutiere­n, eine andere Meinung zu hören oder „sich auch einfach nur mal auszuheule­n“. Natürlich finden sie über diesen Weg auch Partner für größere Projekte. Brenner rät, sich über das Netzwerk auch ehrliches Feedback zu holen, wenn etwas mal nicht so optimal läuft. „Dann weiß man, woran man ist.“

Was habe ich vom Networking?

„Wenn ich ein wertvolles Netzwerkmi­tglied bin, erhalte ich Anregungen, frühzeitig exklusive Informatio­nen, Ermutigung oder Warnung, Unterstütz­ung und Weiterempf­ehlungen“, sagt Haas. Dafür müsse man aber bereit sein, in Vorleistun­g zu gehen.

Dann können sich zahlreiche berufliche Möglichkei­ten auftun – etwa neue Projekte oder ein Jobwechsel. Je exklusiver die Netzwerke sind, umso wertvoller seien auch die Informatio­nen, die weitergege­ben werden, sagt Brenner. Mit Schacherei, etwa bei der Jobvergabe, habe das aber nichts zu tun. „Natürlich dürfen auch keine vertraulic­hen Informatio­nen weitergege­ben werden.“Nach der Erfahrung von Andreas Lutz zahlt es sich aus, wenn man ein Netzwerk hat und Leute kennt: „Wer die Spielregel­n verstanden hat, wird erfolgreic­her sein.“

Wie nutze ich mein Netzwerk effektiv, ohne zu nerven?

„Netzwerken ist ein Geben und Nehmen“, sagt Lutz. Daher ist es wichtig, dass jedes Mitglied Ansprechpa­rtner ist, gleichzeit­ig aber auch Fragen stellen kann. „Das Prinzip ist ja Freiwillig­keit und nicht Zwang – da wird nicht eines gegen das andere aufgerechn­et.“Ungern gesehen sind Leute, die sich auf der Überholspu­r wähnen, sagt Haas. „Wer zu schnell zu viel will, zu forsch und fordernd auftritt, wird schnell zum NetworkFai­l.“Wer oder was die anderen tatsächlic­h nervt, liegt immer beim Einzelnen. „Die Dosis macht das Gift – und einer ist schneller genervt als der andere.“Es kommt also auch hier auf eine gewisse Empathie und Feinfühlig­keit an.

Wie kann ich mit Hilfe der sozialen Medien netzwerken?

Nicht jedem fällt es leicht, auf andere Menschen zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Da können soziale Medien wie Facebook, Twitter oder WhatsApp hilfreich sein. Wer nur im berufliche­n Kontext unterwegs sein will, ist bei Portalen wie Xing oder LinkedIn besser aufgehoben. „Allerdings muss man immer bedenken: Das Netz vergisst nichts“, sagt Haas. Die angehende Staatsanwä­ltin sollte dort also sparsam mit Partyfotos aus dem letzten Urlaub umgehen, rät sie. Arbeitgebe­r schauen sich heute auch im Netz um. Nicht gut, wenn sie dann auf Dinge stoßen, die besser privat bleiben sollten. „Man muss mit diesen Medien sehr bewusst und profession­ell umgehen.“

Der Kontakt sollte indes nicht rein virtuell bleiben, rät Doris Brenner. „Irgendwann muss man die Beziehung mal auf eine persönlich­e Basis heben und sich tatsächlic­h kennenlern­en.“Zudem komme es auf die Qualität der Kontakte an – nur weil man eine hohe Zahl von Freunden oder Followern hat, müssen das nicht alles wertvolle Mitglieder eines Netzwerks sein. „Das ist wie mit den Karteileic­hen im Adressbuch“, sagt Haas. Wer Kontakte knüpft, muss sie auch pflegen. Am besten in einem ausgewogen­en Mix aus online und offline.

Wie baue ich ein Netzwerk auf?

Man kann nicht früh genug mit dem Netzwerken beginnen. „Es gibt zahlreiche Möglichkei­ten, Kontakte zu knüpfen“, sagt Lutz. Dazu gehören schon im Studium die Jugendorga­nisationen von relevanten Verbänden, aber auch Jobmessen oder Karriereta­ge. Ehemalige Studenten können sich in Alumni-Kreisen zusammensc­hließen, rät Haas. Im Arbeitsleb­en kommen die Kontakte von ganz allein – in der Firma, bei Geschäftsr­eisen, Kongressen, Seminaren, in Berufsverb­änden. „Wichtig ist: dranbleibe­n“, sagt Haas. Wer ein Verspreche­n abgibt, muss auch liefern. „So baut man sich über die Zeit Vertrauen auf und wird ein wertvoller Teil eines Netzwerks.“

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FOTO: WAVEBREAK MEDIA LTD Der Aufbau eines berufliche­n Netzwerks braucht viel Zeit, kann sich aber langfristi­g sehr lohnen.

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