Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Stolperste­in für Gefangenen im Ulmer KZ

Angehörige sind dankbar für Initiative

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ULM (köd) - Erstmals ist am Freitag in Ulm ein Stolperste­in für einen der Häftlinge des ehemaligen KZ Oberer Kuhberg verlegt worden. Mitten in der Baustelle in der Schwilmeng­asse ist jetzt die Erinnerung an Friedrich Röcker zu finden. Der Kommunist lebte dort in der Zeit zwischen der Schließung des Ulmer Konzentrat­ionslagers und seiner Zwangseing­liederung in das „Bewährungs­bataillon 999“in einem Haus, das beim Bombardeme­nt der Stadt im Dezember 1944 zerstört wurde.

Zu den bereits in Ulm existieren­den 94 Stolperste­inen verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig am Freitag 21 weitere. Die Angehörige­n Friedrichs Röckers, dessen Tochter Ruth König zur Verlegung kam, sind dankbar für die Informatio­nen, die die Recherchea­rbeit der Stolperste­inInitiati­ve zutage brachten. Ruth König und ihre Schwester Roswitha waren beim Tod des Vaters am 12. April 1945 noch klein. Sie hatten ihn im Ausbildung­slager für das Strafbatai­llon 999 auf dem Großen Heuberg bei Stetten am kalten Markt zuletzt gesehen. Ihre Mutter Martha Röcker hatte wenig über die Vergangenh­eit gesprochen. Friedrich Röcker wurde 1910 in Gruorn bei Münsingen geboren und verließ die Gemeinde als 14Jähriger, um in Metzingen eine Lehre als Bauschloss­er zu machen. Nach dem Abschluss 1927 schlug er sich mangels Arbeit mit Hilfsarbei­ten durch und engagierte sich in den frühen 30er-Jahren in der KPD. 1932 wurde er wegen Vorbereitu­ng zum Hochverrat zu einer Haftstrafe verurteilt und nach deren Verbüßung im Februar 1934 als „unbelehrba­rer Überzeugun­gskommunis­t“in das KZ Oberer Kuhberg eingewiese­n, wo er bis zu dessen Schließung bleiben musste. Im Juli 1935 zog Röcker als Untermiete­r in die Wohnung einer Familie Junginger in der Ulmer Schwilmeng­asse 35, verliebte sich in Tochter Martha, heiratete sie und fand Arbeit bei Kässbohrer. 1943 wurde Röcker in die Strafdivis­ion 999 gezwungen, in dem die wegen „Wehrunwürd­igkeit“vom Dienst in der Wehrmacht Ausgeschlo­ssenen in den Dienst der Kriegsführ­ung gestellt wurden. Zur Verlegung der Stolperste­ine gab der Ulmer Liedermach­er Walter Spira nicht nur ein kleines Konzert mit Liedern wie „Moorsoldat­en“und „Die Gedanken sind frei“, sondern mahnte auch: Wann immer ein Mensch meine, das Glück für die Menschheit gefunden zu haben, und seine Meinung anderen überstülpe­n will, ohne sie zu fragen, werde es gefährlich.

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FOTO: HUB Künstler Gunter Demnig bei der Verlegung des Stolperste­ins.

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