Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Jäger schießen gegen Festival und Stadt

Gelände grenzt an Jagdrevier eines Jägers aus Feldstette­n, doch der sagt: „Wir wurden im Voraus nicht gefragt“

- Von Michael Kroha

LAICHINGEN - Jäger Bernhard Tiedeken ist verärgert. Sein Jagdrevier ist das Waldstück Feldstette­n Nord 1 – das sind beinahe die kompletten Wälder zwischen Festivalge­lände im Norden und Feldstette­n im Süden: insgesamt 454 Hektar. Er, beziehungs­weise vielmehr „seine“Tiere im Wald sind von der lauten Musik und den Besuchern direkt betroffen. Und trotzdem: „Wir wurden im Voraus nicht gefragt“, sagt das Mitglied der Jägerverei­nigung Ulm/Münsingen und kritisiert vor allem die Stadtverwa­ltung als Genehmigun­gsbehörde. Dem früheren Berufssold­aten geht es dabei um die Aspekte Sicherheit und Kostenausg­leich.

Hauptamtsl­eiter Stefan Binder war telefonisc­h und auch per E-Mail am Freitagvor­mittag nicht zu erreichen. Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann wisse darüber gar nichts, teilte er am Freitagmit­tag schriftlic­h mit. Er habe auch keine Möglichkei­t bei der Verwaltung nachzufors­chen – es seien schon alle im Feierabend gewesen. Veranstalt­er Andy Kamm gesteht jedoch ein: Im 150 Seiten langen Sicherheit­skonzept seien die Jäger nicht berücksich­tigt worden. Er wolle den Kontakt suchen.

Doch warum kommt Bernhard Tiedeken erst jetzt damit ums Eck? Schließlic­h ist ja schon seit mehr als einem halben Jahr im Gespräch, dass das Deutschroc­k-Festival auf dem Laichinger Flugplatz mit zwischen 6000 und 10 000 Besuchern stattfinde­n soll. Er habe es einfach nicht mitbekomme­n, nicht aufm Schirm gehabt. Erst als vergangene­n Dienstag bereits die ersten Laster mit ihrem Material vorgefahre­n waren, habe er sich schlau gemacht, hakte bei der Laichinger Stadtverwa­ltung nach und sei nach eigenen Angaben auch beim Hauptamtsl­eiter gewesen. „Der hat mir gesagt, dass sie nicht daran gedacht und uns vergessen haben“, so Tiedeken. Er spreche damit auch im Namen aller Jäger, die in dem Bereich ein Revier haben.

Aber was ist überhaupt das Problem, wenn an vier von 365 Tagen im Jahr auf dem Gelände nebenan mal der Punk abgeht? „Die Tiere hauen aus dem Wald ab“, erklärt er: „Und die bekommst du so einfach nicht mehr zurück.“Die laute Musik sei dabei auch nicht das einzige Problem: Er habe auch schon Festivalgä­ste im Wald erwischt, die versucht haben, über die Feldwege auf das Flugplatzg­elände zu kommen. „Die habe ich dann sofort wieder weggeschic­kt“, sagt er.

Bei Wildschwei­nen oder Rehen gehe das nicht so ohne Weiteres: „Die machen es sich im Weizen oder im Raps gemütlich“, sagt er. Dadurch entstünden Schäden. Und während andere Landwirte, die ihren Acker fürs Festival zur Verfügung stellen, entschädig­t werden, bekäme er nichts, klagt Tiedeken. Die Afrikanisc­he Schweinepe­st verschlimm­ere das Ganze noch. „Wir sind ja eigentlich von den Behörden dazu angehalten, dass die Schweine im Wald bleiben“, sagt er.

Aktuell passiere aber genau das Gegenteil. Mehr als 200 Quadratmet­er seines Weizens seien schon zerstört, erzählt der Feldstette­r Jäger. Mit Fotos einer Drohne will er die Ausmaße genau dokumentie­ren. Ob er sich Hoffnungen auf eine Entschädig­ung machen darf? „Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Darüber müssen wir reden“, sagt Veranstalt­er Andy Kamm.

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FOTO: KROHA Jäger Bernhard Tiedeken ist verärgert.

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