Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Jäger schießen gegen Festival und Stadt
Gelände grenzt an Jagdrevier eines Jägers aus Feldstetten, doch der sagt: „Wir wurden im Voraus nicht gefragt“
LAICHINGEN - Jäger Bernhard Tiedeken ist verärgert. Sein Jagdrevier ist das Waldstück Feldstetten Nord 1 – das sind beinahe die kompletten Wälder zwischen Festivalgelände im Norden und Feldstetten im Süden: insgesamt 454 Hektar. Er, beziehungsweise vielmehr „seine“Tiere im Wald sind von der lauten Musik und den Besuchern direkt betroffen. Und trotzdem: „Wir wurden im Voraus nicht gefragt“, sagt das Mitglied der Jägervereinigung Ulm/Münsingen und kritisiert vor allem die Stadtverwaltung als Genehmigungsbehörde. Dem früheren Berufssoldaten geht es dabei um die Aspekte Sicherheit und Kostenausgleich.
Hauptamtsleiter Stefan Binder war telefonisch und auch per E-Mail am Freitagvormittag nicht zu erreichen. Bürgermeister Klaus Kaufmann wisse darüber gar nichts, teilte er am Freitagmittag schriftlich mit. Er habe auch keine Möglichkeit bei der Verwaltung nachzuforschen – es seien schon alle im Feierabend gewesen. Veranstalter Andy Kamm gesteht jedoch ein: Im 150 Seiten langen Sicherheitskonzept seien die Jäger nicht berücksichtigt worden. Er wolle den Kontakt suchen.
Doch warum kommt Bernhard Tiedeken erst jetzt damit ums Eck? Schließlich ist ja schon seit mehr als einem halben Jahr im Gespräch, dass das Deutschrock-Festival auf dem Laichinger Flugplatz mit zwischen 6000 und 10 000 Besuchern stattfinden soll. Er habe es einfach nicht mitbekommen, nicht aufm Schirm gehabt. Erst als vergangenen Dienstag bereits die ersten Laster mit ihrem Material vorgefahren waren, habe er sich schlau gemacht, hakte bei der Laichinger Stadtverwaltung nach und sei nach eigenen Angaben auch beim Hauptamtsleiter gewesen. „Der hat mir gesagt, dass sie nicht daran gedacht und uns vergessen haben“, so Tiedeken. Er spreche damit auch im Namen aller Jäger, die in dem Bereich ein Revier haben.
Aber was ist überhaupt das Problem, wenn an vier von 365 Tagen im Jahr auf dem Gelände nebenan mal der Punk abgeht? „Die Tiere hauen aus dem Wald ab“, erklärt er: „Und die bekommst du so einfach nicht mehr zurück.“Die laute Musik sei dabei auch nicht das einzige Problem: Er habe auch schon Festivalgäste im Wald erwischt, die versucht haben, über die Feldwege auf das Flugplatzgelände zu kommen. „Die habe ich dann sofort wieder weggeschickt“, sagt er.
Bei Wildschweinen oder Rehen gehe das nicht so ohne Weiteres: „Die machen es sich im Weizen oder im Raps gemütlich“, sagt er. Dadurch entstünden Schäden. Und während andere Landwirte, die ihren Acker fürs Festival zur Verfügung stellen, entschädigt werden, bekäme er nichts, klagt Tiedeken. Die Afrikanische Schweinepest verschlimmere das Ganze noch. „Wir sind ja eigentlich von den Behörden dazu angehalten, dass die Schweine im Wald bleiben“, sagt er.
Aktuell passiere aber genau das Gegenteil. Mehr als 200 Quadratmeter seines Weizens seien schon zerstört, erzählt der Feldstetter Jäger. Mit Fotos einer Drohne will er die Ausmaße genau dokumentieren. Ob er sich Hoffnungen auf eine Entschädigung machen darf? „Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Darüber müssen wir reden“, sagt Veranstalter Andy Kamm.