Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Sigmaringer Klinik bittet Hinterbliebene zur Kasse
Angehörige sind betroffen über Gebühr für die Aufbahrung der verstorbenen Mutter
SIGMARINGEN - Vor wenigen Tagen ist ihre 88-jährige Mutter überraschend im Sigmaringer SRH-Krankenhaus gestorben. Angela Klekler und ihre Schwester wollten sich am Morgen danach in der Klinik von der Verstorbenen verabschieden. Doch zu diesem Zeitpunkt war sie schon nicht mehr in ihrem Zimmer. Die Schwester bot den Angehörigen an, dass sie in einem dafür vorgesehenen Raum Abschied nehmen könnten. Aber sie sollten dafür bezahlen.
Je länger sie darüber spricht, desto emotionaler wird Angela Klekler. Als sie, ihre Schwester und die Ehemänner im Krankenhaus eintrafen, empfing sie eine Krankenschwester. Sie könnten ihre Mutter sehen, aber nur gegen eine Gebühr in Höhe von 50 Euro, soll ihnen die SRH-Mitarbeiterin gesagt haben. „Die Angehörigen waren von dieser Unmenschlichkeit abgestoßen“, beschreibt eine Freundin die Reaktion von Angela Klekler und ihren Verwandten. Angela Klekler selbst spricht von einem Schock: „Wir wollten uns von unserer Mutter verabschieden und das Krankenhaus will uns abkassieren.“
Das SRH-Klinikum verweist darauf, dass die Verpflichtung der Krankenkassen, für die Versicherten zu bezahlen, mit dem Tod endet. Aus diesem Grund hätten Krankenhäuser die Möglichkeit, die entstehenden Kosten den Hinterbliebenen in Rechnung zu stellen, erläutert Kliniksprecherin Barbara Koch. Für die Sigmaringer Klinik und ihre Außenstellen in Bad Saulgau und Pfullendorf gelte diese Regelung seit April dieses Jahres. „Wir haben uns an andere Kliniken angepasst“, sagt Barbara Koch. Eine Nachfrage bei der Oberschwaben-Klinik und dem Medizin Campus Bodensee ergab, dass die vergleichbare Leistung in den Häusern der beiden Klinikverbünde kostenlos ist. Susann Ganzert, die Sprecherin des Verbundes mit Sitz in Friedrichshafen, sagt: „Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich Angehörige in einem angemessenen Rahmen von den Verstorbenen verabschieden können.“
Das SRH-Krankenhaus Sigmaringen erklärt die Gebühr mit dem entstehenden Aufwand. Die Verstorbenen werden in einen Raum gebracht und für die Verabschiedung hergerichtet. „Ein Bestatter erbringt diese Leistung genauso und verlangt ebenso eine Gebühr. Ich sehe da keinen Unterschied“, sagt die Sigmaringer Kliniksprecherin Barbara Koch.
Bestatter verlangen mehr
Die Bestattungsunternehmen transportieren den Leichnam eines Verstorbenen in eine Aussegnungshalle und stellen sowohl den Transport als auch die Hallenmiete in Rechnung. Angela Klekler und ihre Schwester hätten für die Überführung nach Mengen oder Hohentengen, wo ihre Mutter beigesetzt wird, 110 Euro bezahlen müssen.
Die Miete für ein Zimmer in der Leichenhalle hätte mindestens genau soviel gekostet. Für die Kühlung verlangt die Stadt Mengen pro Tag 50 Euro. „Das Krankenhaus ist da deutlich günstiger“, erklärt ein Vertreter des Bestattungshauses. Er ist der Ansicht, dass im Krankenhaus keine überteuerten Preise verlangt werden. Doch Angela Klekler und ihre Familie sehen das anders. Sie hätten sich nur für wenige Minuten von der Verstorbenen verabschieden wollen. Dann wurde ihre Mutter von Sigmaringen direkt ins Krematorium nach Tuttlingen gebracht.