Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zu wenig Platz für Abschiebeh­äftlinge

Bayern will aufstocken, Baden-Württember­g zögert – Kritik an Innenminis­ter Strobl

- Von Katja Korf

STUTTGART - Obwohl mehr als die Hälfte der Abschiebun­gen in BadenWürtt­emberg scheitert, will Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) aktuell keine weiteren Plätze für Abschiebeh­äftlinge schaffen. Wie hoch der Bedarf an solchen Einrichtun­gen ist, können aber weder Strobl noch sein bayerische­r Amtskolleg­e Joachim Herrmann (CSU) genau beziffern. Beide Bundesländ­er führen keine Statistik darüber, wie viele Menschen in Abschiebun­gshaft genommen werden könnten.

Bayern hat 131 Haftplätze für Menschen, die keinen Anspruch auf Asyl oder anderen Schutz haben und abgeschobe­n werden sollen. In BadenWürtt­emberg gibt es derzeit 36, weitere 44 sollen bis 2020 folgen. Auf Anfrage der SPD im Stuttgarte­r Landtag teilte Strobl mit, weitere Abschiebeh­aftanstalt­en würden „derzeit nicht als erforderli­ch betrachtet“. Bayerns Innenminis­ter dagegen wünscht sich für den Freistaat mehr Plätze. Ein Sprecher sagte, die Zahl der vollziehba­r Ausreisepf­lichtigen steige weiter, „was auch einen zusätzlich­en Bedarf an Abschiebun­gshaftkapa­zitäten verursacht“. Die Erfahrung zeige, dass Abschiebun­gen immer häufiger nur gelängen, wenn die Betroffene­n in Haft seien.

Die opposition­elle SPD kritisiert Strobl scharf. Deren Innenexper­te Sascha Binder sagte: „Zwischen den Ankündigun­gen des Innenminis­ters alles zu tun, um Ausreisepf­lichtige abzuschieb­en und diese dazu auch in Abschiebun­gshaft zu nehmen und der Realität in Baden-Württember­g liegen Welten.“Es gebe zu wenig Abschiebeh­aftplätze im Land. Außerdem sei es ein Fehler, keine Statistik über den Bedarf an Plätzen zu führen. „Der Innenminis­ter will immer schärfere Gesetze und ist nicht einmal in der Lage, nach der bestehende­n Rechtslage zu handeln.“

Baden-Württember­gs FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke fordert Strobl auf, sich ein Beispiel an Bayern zu nehmen und über die Einrichtun­g von Ankerzentr­en nachzudenk­en. „Der bayerische Weg ist nicht falsch“, sagte Rülke. Strobl müsse seinen Worten Taten folgen lassen: „Es kann nicht sein, dass 60 Prozent der Abschiebun­gen misslingen und Strobl sich trotzdem als starker Mann darstellt.“

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