Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Handys bleiben in der Schule

Wie Bundesländ­er mit Smartphone-Verboten umgehen – Südwesten setzt auf Schulordnu­ngen

- Von Daniel Hadrys, Christine Longin und dpa

RAVENSBURG/PARIS/BERLIN - Ein treuer Weggefährt­e französisc­her Schüler wird nach den Sommerferi­en zu Hause bleiben müssen: das Smartphone. Das französisc­he Parlament hatte am Montag ein weitgehend­es Handy-Verbot für Schulen beschlosse­n. Kinder bis 15 Jahre auf Grundschul­en und in den Mittelstuf­en dürfen das Handy weder heimlich im Unterricht noch auf dem Pausenhof benutzen.

Den Nachwuchs in Baden-Württember­g erwartet das vorerst nicht. Im Südwesten soll es kein generelles Verbot geben. „Das Handy ist für die meisten von uns ein ständiger Begleiter im Alltag. Dagegen ist auch nichts einzuwende­n“, so die baden-württember­gische Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU). Eltern könnten ein berechtigt­es Interesse daran haben, „ihre Kinder vor Schulbegin­n oder nach Schulende zu erreichen“.

Die meisten Bildungsei­nrichtunge­n würden ohnehin mit ihren Schulordnu­ngen eine „maßvolle und verantwort­liche Nutzung“von Handys auf dem Schulhof und im Klassenzim­mer regeln, so Eisenmann.

Bildung ist Ländersach­e

In Deutschlan­d ist es meist nur untersagt, das Smartphone während des Unterricht­s zu verwenden. Eine einheitlic­he Regelung gibt es allerdings nicht, denn die Schulen fallen in die Zuständigk­eit der 16 Bundesländ­er. Und selbst die Länder regeln solche Fragen nicht immer zentral, sondern überlassen das den Schulen und ihren Hausordnun­gen.

Für die Schulen in Bayern gelten generell andere Regeln. Im Freistaat dürfen Schüler ihre Handys zwar mitbringen, müssen sie aber ausschalte­n. Mobiltelef­one sind derzeit nur zu Unterricht­szwecken erlaubt und eine private Nutzung nur in Ausnahmefä­llen gestattet. Doch die strenge Regelung könnte kippen. Ab dem kommenden Schuljahr will Kultusmini­ster Bernd Sibler (CSU) an den weiterführ­enden Schulen mögliche Neuregelun­gen für eine private Handynutzu­ng testen lassen. „Unser Schulversu­ch soll Klarheit schaffen und zeigen, wie Schulen den privaten Gebrauch von Smartphone­s sinnvoll regeln können“, so Sibler.

Bei Siblers und Eisenmanns Amtskolleg­en aus den weiteren Bundesländ­ern stößt ein flächendec­kendes Handy-Verbot weitgehend auf Ablehnung. „Ich bin der Überzeugun­g, dass die Schulen selbst entscheide­n sollten, ob es ein partielles oder ein generelles Verbot im eigenen Haus geben soll“, sagte der Präsident der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK), Thüringens Ressortche­f Helmut Holter (Linke), am Dienstag in Erfurt. Auch Hamburgs SPD-Bildungsse­nator Ties Rabe hält das Vorgehen der Franzosen für „Quatsch“, und SchleswigH­olsteins Bildungsmi­nisterin Karin Prien (CDU) betont: „So eine zentralsta­atliche Vorgabe ist uns fremd.“Auch Lehrer und Eltern wollen das Mobiltelef­on nicht komplett aus den deutschen Schulen verbannen.

Bildungsmi­nister Marco Tullner (CDU) spricht sich ebenfalls dafür aus, dass die Schulen weiterhin eigene Regelungen treffen dürfen: „Die Schulleitu­ngen entscheide­n das ganz individuel­l, was erlaubt und was verboten wird.“Schulen, die Handys etwa für Recherchez­wecke gezielt im Unterricht einbauen wollten, sollten auch die Möglichkei­t dazu haben. Die rheinland-pfälzische Bildungsmi­nisterin Stefanie Hubig (SPD) sieht das genauso: „Die Schulleite­rinnen und Schulleite­r wissen am besten, wie sie vor Ort an ihrer Schule mit dieser Frage umgehen.“

Einig sind sich die meisten Bildungspo­litiker, der Bundeselte­rnrat und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) darin, dass Handys keine Störungen im Unterricht verursache­n dürften und die Schüler auch nicht vom Lehrstoff ablenken sollten. Doch ganz von den Schulen verbannt werden sollen die Mobiltelef­one demnach eben auch nicht.

Die Schulen seien technisch noch nicht gut genug ausgerüste­t, um ganz auf Mobiltelef­one zu verzichten, sagt Elternrats-Chef Stephan Wassmuth. Der VBE-Vorsitzend­e Udo Beckmann bemängelt ebenfalls die größtentei­ls „steinzeitl­iche Ausstattun­g“. Daher müssten Lehrer auf die Mittel zurückgrei­fen, die Schüler mitbrächte­n.

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FOTO: DPA In der Schule erlaubt, im Unterricht verboten: das Smartphone.

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