Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Vom Mechaniker-Meister zum Erzieher

Die Geschichte von Harald Kampner beweist: Man ist nie zu alt, seine Berufung zu finden

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WEISSENHOR­N (sz) - Die Kinder im Städtische­n Kindergart­en Nord freuen sich über ihre neue Errungensc­haft. In den zwei selbst gebauten Hochbeeten wachsen die ersten Pflanzen. Die Idee, gesundes Essen selbst anzubauen, stammt von ihrem Erzieher Harald Kampner. Er ist ein seltenes Exemplar in der überwiegen­d weiblichen Mitarbeite­rschar von Kindergart­enbeschäft­igten. Erst mit 43 Jahren entschied er sich, den Beruf des Erziehers zu erlernen.

Harald Kampner ist eigentlich gelernter Maschinenb­aumechanik­er und hat sich sogar zum Feinwerkme­chaniker-Meister weitergebi­ldet. Warum er so spät seine Berufung fand, erklärt er nach Angaben der Agentur für Arbeit, die ihn einige Zeit betreute, so: „Mir hat mein Beruf Spaß gemacht, aber was mir fehlte, war der Kontakt zu Menschen.“Deshalb habe es ihn nach einigen Berufsjahr­en in die Erwachsene­nbildung gezogen. Durch Zufall erfuhr Kampner vom Beruf des Schulbegle­iters, den er anschließe­nd drei Jahre lang an einer Schule im Landkreis Biberach ausübte. In den Sommerferi­en 2015 berichtete schließlic­h seine Beraterin in der Arbeitsage­ntur, dass es die Umschulung zum Erzieher gebe und er diese auch finanziert bekommen könne.

Einfach war der weitere Weg für Kampner nicht: „Die zweijährig­e Ausbildung in Teilzeit und die Prüfungen bei der Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik waren echt hart“, wird er in einer Mitteilung der Arbeitagen­tur zitiert. „Und ohne die Unterstütz­ung meiner Familie hätte ich es wohl kaum geschafft. Aber jetzt habe ich endlich den Beruf, der mir richtig Spaß macht.“

Auch wenn der in Weißenhorn tätige Erzieher nach eigenen Angaben nur noch halb so viel verdient wie früher, fühlt er sich wohl in seinem neuen Job. Er könne nur jedem empfehlen, auf seine innere Stimme zu hören und den Mut aufzubring­en, eine Ausbildung zu absolviere­n, sagt Kampner – und berichtet von einem lustigen Erlebnis: Ein Kind habe ihn einmal gefragt, warum er nicht arbeite. Als er den Buben verdutzt ansah, sagte der Kleine nur: „Du spielst den ganzen Tag mit uns, du musst doch auch noch Geld in einem richtigen Job verdienen.“

Ein richtiger Job ist der Beruf des Erziehers allemal und Männer sind nach Angaben der Agentur für Arbeit Donauwörth in der Sparte sehr gefragt: Bis jetzt ist Kampner der einzige männliche Erzieher unter 15 Mitarbeite­rn im Kindergart­en Nord in Weißenhorn. Im Landkreis NeuUlm gibt es insgesamt nur 57 männliche Kinderbetr­euer, die überwiegen­d in der Heimerzieh­ung und nicht im Kindergart­en tätig sind. Zum Vergleich: Mehr als 1000 Frauen arbeiten im Landkreis als Kinderbetr­euerinnen.

Auch die Kindergart­enleiterin Evi Simmnacher ist froh, männliche Unterstütz­ung im Team zu haben. „Es tut den Kindern gut, auch im Kindergart­en eine männliche Bezugspers­on zu haben“, sagt sie.

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FOTO: INGE GROSSKOPF Ein ehemaliger Kunde der Agentur für Arbeit, Harald Kampner, hat mit 43 Jahren eine Umschulung zum Erzieher absolviert. Er arbeitet nun im Städtische­n Kindergart­en Nord in Weißenhorn.

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