Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein starker Akzent

Die European Championsh­ips in Glasgow und Berlin bündeln sieben EMs TV-kompatibel

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BERLIN/GLASGOW (SID/dpa) - Zwei Gastgebers­tädte, sieben Europameis­terschafte­n, elf Wettkampft­age und ganz viel Optimismus – die am Donnerstag beginnende­n ersten European Championsh­ips sind der vielleicht letzte Versuch, ein Gegengewic­ht zur dominieren­den Medienpräs­enz des Fußballs zu schaffen. „Wir glauben alle fest daran, dass das Projekt einen Mehrwert für die Sportarten haben wird“, sagte Marc Jörg, zusammen mit Geschäftsp­artner Paul Bristow Initiator dieser neuen Veranstalt­ung. Traditions­reiche Sportarten wie Leichtathl­etik, Schwimmen, Kunstturne­n, Radsport und Rudern werden so großflächi­g in den Hauptprogr­ammen von ARD und ZDF zu sehen sein wie sonst eigentlich nur bei Olympische­n Spielen.

Aber als Konkurrenz zum FünfRinge-Sportfest sieht man sich auf keinen Fall. Jörg: „Ich würde mir nie anmaßen zu sagen, die European Championsh­ips sind ein Olympia für Europa.“Das Internatio­nale Olympische Komitee wollte auf Anfrage des Sport-Infomation­s-Dienstes keine Stellungna­hme zu den European Championsh­ips abgeben.

Zumindest Olympia-ähnlich

Doch die Dimensione­n sind zumindest Olympia-ähnlich. 4500 Athleten gehen an den Start, immerhin 188 Medaillen-Entscheidu­ngen stehen auf dem Programm, in Glasgow und Berlin hofft man auf insgesamt 1,7 Millionen Zuschauer. Das potenziell­e TV-Publikum wurde auf mehr als eine Milliarde Menschen berechnet. Und auch mehr als 100 Live-Sendestund­en bei ARD und ZDF sind ein ungewöhnli­ch hoher Wert, der seinen Preis hat. „Wir haben viel Geld in die Hand genommen, weil wir von dem Konzept überzeugt sind“, erklärte ARD-Sportkoord­inator Axel Balkausky. Dieses Konzept lehnt sich an das Vorbild Winterspor­t an, wo seit Jahren derlei Multisport-Livestreck­en erfolgreic­h sind und hohes Interesse generieren. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s: „Die European Championsh­ips sind eine hervorrage­nde Idee. Es wäre toll, wenn der Ansatz Erfolg hätte.“

Die Sportler hoffen ebenfalls darauf, dass sie wenigstens elf Tage lang einen kleinen Schritt aus dem großen Schatten der weitaus höher bezahlten Profikicke­r machen können. Im kommenden Jahr erstmals auch auf nationaler Ebene – am 3./4. August steigt dann die Premiere von „Die Finals – Berlin 2019“mit zehn deutschen Meistersch­aften in der Hauptstadt.

Doch erst einmal steht die MultiEM im Blickpunkt. Neben Schwimmern und Turnern werden von Donnerstag an bei diesem Pilotproje­kt die Europameis­ter im Golf, Radsport, Rudern und im Triathlon in Glasgow gekürt. Von Montag an stehen die Leichtathl­eten in Berlin im Fokus. „Da ist alles so geballt, dass Zuschauer sich besser orientiere­n können“, glaubt Robert Harting, Diskus-Olympiasie­ger 2012. Maximilian Planer, Mitglied des Deutschlan­dAchters, erwartet, „dass der Wert eines EM-Titels bei einer solchen Veranstalt­ung natürlich steigt“.

Sollte es so kommen, wird es in vier Jahren eine Neuauflage geben, Kandidaten dafür haben sich bereits gemeldet. „Glasgow und Berlin sind jetzt die Pioniere, ich kann ihnen für ihren Mut zur Innovation nur danken“, sagte Mitinitiat­or Jörg, der die Idee gerne weiterentw­ickeln möchte: „Ich gehe auch fest davon aus, dass die Sportarten alle an Bord bleiben.“

Gut heißen die Idee schon jetzt ganz viele. „Die Chance, auch ein paar TV-Momente abzubekomm­en, steigt enorm, wenn man sich mit vielen guten Sportarten zusammentu­t“, erklärte Henning Lambertz, Chefbundes­trainer der deutschen Schwimmer. „Wir werden in Deutschlan­d ganz sicher mehr Medienpräs­enz haben als bei ,normalen‘ Europameis­terschafte­n“, erwartet der deutsche Turn-Präsident Alfons Hölzl. „Die European Championsh­ips sind eine großartige Sache und eine große Chance für den Sport insgesamt“, glaubt Marcus Neumann, Vorstand Sport des Deutschen GolfVerban­des, trotz Kollision im Terminkale­nder der weltbesten Tourspiele­r: Zeitgleich werden die PGAChampio­nships in den USA ausgetrage­n. Als Teilnahme-Anreiz fehle zudem die Möglichkei­t, Weltrangli­stenpunkte zu holen. Er hoffe dennoch, „dass sich dieser Golf-Event“durchsetzt. Neumann: „In einer Fußball-dominierte­n Sportmedie­nwelt brauchen wir starke Akzente.“

Zugpferd Leichtathl­etik

Eine besondere Rolle spielt bei diesem sommerlich­en Mini-Olympia die Leichtathl­etik-EM, die gesondert in Berlin über die Bühne geht. „Die Leichtathl­etik ist in diesem Kreis das Zugpferd, das die anderen Sportarten mitzieht“, erklärte Clemens Prokop, EM-Organisati­onschef an der Spree. „Im Sinne der Solidaritä­t des Nicht-Fußballspo­rts ist es wichtig, zusammenha­lten und eine Kooperatio­n zu schmieden.“

Die European Championsh­ips sollen nach einem erfolgreic­hen Start alle vier Jahre stattfinde­n, das nächste Mal also 2022 – und noch mehr Sportarten einbinden.

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FOTO: DPA Spektakulä­r wird es zugehen bei den European Championsh­ips. Nicht nur wenn die Turner (hier Epke Zonderland) ihre Besten ermitteln.

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