Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Weiherpoli­tik bei 30 Grad im Schatten

Baden-Württember­gs grüner Umweltmini­ster Franz Unterstell­er beschäftig­t sich bei seiner Sommerreis­e durchs Land mit Gewässern

- Von Uwe Jauß

AMTZELL - Ab und an nickt Franz Unterstell­er. Manchmal lässt der baden-württember­gische Umweltmini­ster auch ein einsilbige­s Gemurmel von sich hören. Dies soll offenbar signalisie­ren, dass er immer noch zuhört, denn der Vortrag seines Gegenübers zieht sich in die Länge. Es ist der Vortrag Thomas Bernhards, seines Zeichen Vorsitzend­er des Fischereiv­ereins in der Allgäustad­t Wangen. Bernhard kommt nun zum nächsten von vielen Punkten: „Vor zwei Jahren haben wir den Weiher dann abgefischt.“

Bernhard spricht vom Herzogenwe­iher, der unweit von Wangen bei der Gemeinde Amtzell liegt. Bernhards Verein hat ihn gepachtet. Dies ist aber natürlich nicht der Grund, weshalb der grüne Minister am Donnerstag­nachmittag bei über 30 Grad am Weiherufer schwitzt. Er macht hier in Gesellscha­ft von kommunalen Vertretern, Verbandsle­uten wie Bernhard sowie dem zuständige­n Landrat Station, weil es die ministerie­lle Sommerreis­e so vorsieht. Deren Titel macht klar, worum es ihm heuer geht: um „vitale Gewässer“.

Deshalb hat sich Unterstell­er bereits am 30. Juli auf den Weg quer durch Baden-Württember­g gemacht. Er erzählt von einer gewässerli­chen Wiederbele­bung im Bereich der Donauquell­flüsse Brigach und Breg bei Donaueschi­ngen. Die Elz und Dreisam bei Freiburg kamen in den Genuss eines Ministerbe­suchs. Gleich mehrmals berichtet Unterstell­er von der Ammer-Renaturier­ung in Tübingen: „Der Fluss fließt jetzt auf weiten Strecken wieder natürlich.“Das freut nicht nur den Minister, sondern auch dessen Parteifreu­nd Boris Palmer im Tübinger Rathaus.

Beim Herzogenwe­iher geht es naturgemäß nicht darum, ein Flüsschen wieder mäandern zu lassen, sondern darum, wie solche aufgestaut­en Fischgewäs­ser erhalten werden können. Der Weiher hat eine lange Vergangenh­eit, wurde 1396 erstmals urkundlich erwähnt. Nun stellt sich die Frage, wie es mit seiner Zukunft aussieht. Der Fischer-Vorsitzend­e möchte das Wasser des Weihers ablaufen lassen, um den Schlamm, der sich über Jahrzehnte auf dem Grund angesammel­t hat, entfernen zu können. „Sonst verlandet der Weiher“, meint Bernhard.

Zu viel Schlamm würde das idyllisch zwischen Wald und Wiesen gelegene Gewässer irgendwann verschwind­en lassen. Dies will niemand. So legt sich auch Albrecht Trautmann bei der Ministervi­site stark für den Weiher ins Zeug. Er ist der Geschäftsf­ührer des Oberschwäb­ischen Seenprogra­mms. Neben einer Verschlamm­ung spricht er weitere Gefahren an: „Die Nährstoffe­inträge durch die umliegende Landwirtsc­haft sind zu hoch.“Als eine der Ursachen hat Trautmann das Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG) ausgemacht. Durch Subvention­en von Biogasanla­gen sei es attraktiv geworden, zeitweise nur spärlich bewirtscha­ftete Flächen wieder komplett zu nutzen. Dies beträfe eben auch Ecken am Weiher.

Das EEG war im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregi­erung beschlosse­n worden. Es sollte die ökologisch­e Energiewen­de befeuern. Am Herzogenwe­iher lässt das Kürzel den Minister kurzfristi­g aus seiner Zuhörerrol­le fallen. Er betont, dass es nach der jüngsten Novelle dieses Energieges­etzes keine neuen entspreche­nden Förderunge­n mehr gebe. Worauf Unterstell­er den Besuchsinh­alt wieder auf das Thema bringt, das er umtreiben will: Gewässersc­hutz und -pflege.

Der Minister nimmt für sich in Anspruch, in der vergangene­n Legislatur­periode die Voraussetz­ungen für mehr Engagement in diesem Bereich gelegt zu haben. Sein Instrument ist dabei die Wasserentn­ahmeabgabe, früher als Wasserpfen­nig bekannt. Vor rund vier Jahren war es ihm gelungen, diese Einnahmen zweckgebun­den für das Umweltmini­sterium beanspruch­en zu können. Plötzlich war für Gewässerpr­ojekte zuverlässi­g Geld da. „Wir haben dann auch die Förderquot­e bei kommunalen Gewässern hochgesetz­t“, erinnert Unterstell­er. In der mehrköpfig­en Runde um ihn herum wird dies dankbar registrier­t. Zu tun gäbe es viel. Allein das Oberschwäb­ische Seenprogra­mm hat 97 Seen und Weiher im Fokus.

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FOTO: JAUSS Thomas Bernhard (re.) vom Fischereiv­erein Wangen und Umweltmini­ster Franz Unterstell­er.

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