Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nach dem Mond kommt der Mars

60 Jahre Nasa: Die US-Raumfahrtb­ehörde braucht neue Schlüsselm­omente – kämpft aber mit Budgetfrag­en

- Von Christina Horsten

WASHINGTON (dpa) - Auf die Frage nach den herausrage­ndsten Errungensc­haften der US-Raumfahrtb­ehörde Nasa muss der Astrophysi­ker John O’Meara nicht lange nachdenken. „Man kann nicht ignorieren, dass die Nasa Menschen auf den Mond gebracht hat.“Die Mondlandun­g am 21. Juli 1969 sei „ein Triumph für die Nasa und den Geist der Menschheit“gewesen, ein „Schlüsselm­oment“, sagt der Wissenscha­ftler am Saint Michael’s College im US-Bundesstaa­t Vermont, der schon oft mit der Raumfahrtb­ehörde zusammenge­arbeitet hat. „Die Welt kam für einen kurzen Moment zusammen und freute sich gemeinsam – von so etwas bräuchten wir viel mehr.“

Die Mondlandun­g gelang früh in der Geschichte der Nasa. Vor 60 Jahren, am 29. Juli 1958, unterzeich­nete der damalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower das „National Aeronautic­s and Space“-Gesetz und gründete damit die Nasa, die wenige Wochen danach ihren Betrieb aufnahm. Inzwischen hat die Raumfahrtb­ehörde mit Hauptsitz in Washington und Milliarden­budget mehr als 17 000 Mitarbeite­r an Standorten überall in den USA.

Neben der Mondlandun­g hat die Nasa bislang unter anderem mit zahlreiche­n Sonden das Planetensy­stem inklusive unserer Erde ausgiebig erforscht, mit Weltraumte­leskopen tief in die Weite hinter unserem Sonnensyst­em gespäht und gemeinsam mit anderen Ländern die Internatio­nale Raumstatio­n ISS aufgebaut, einen permanente­n Außenposte­n der Menschheit im All. Seit Anfang Juni ist der deutsche Astronaut Alexander Gerst wieder auf der ISS, Anfang Oktober wird der 42-Jährige aus Künzelsau als erster Deutscher das Kommando auf der ISS übernehmen. Im Dezember kehrt er dann zurück.

Dazu informiert die Nasa Menschen auf der ganzen Welt über das Weltall, ob mit Museen und in Schulklass­en oder mit einer vielfach ausgezeich­neten Online-Strategie. Die Liveübertr­agung des Finales der Raumsonde „Cassini“, die sich im vergangene­n September kontrollie­rt in den Saturn stürzte, wurde gerade für den wichtigste­n US-Fernsehpre­is Emmy nominiert.

„Die Nasa ist immer noch eine großartige Behörde mit großartige­n Mitarbeite­rn, die großartige Fähigkeite­n haben, aber sie hat ein wenig ihren Schwung verloren und ihren Fokus darauf, das Unmögliche möglich zu machen“, sagt Wissenscha­ftler O’Meara. „In vielen Hinsichten ist das nicht die Schuld der Nasa selbst, sondern es liegt daran, dass ihr Budget jedes Jahr vom Kongress neu bestimmt werden muss.“

Das sei natürlich grundsätzl­ich nicht falsch, führe aber dazu, dass häufig neue Politiker entscheide­n müssten und sich niemand langfristi­g festlegen wolle. „Dass wir noch keine Menschen auf den Mars geschickt haben, liegt daran, dass es sehr teuer ist und sehr lange dauert. Niemand in der Politik will sich wirklich dahinterst­ellen, denn es ist sehr unwahrsche­inlich, dass es noch in der eigenen Amtszeit passieren wird – und man sich dann mit dem Verdienst brüsten kann.“

Suche nach Leben im All

Der Amtsantrit­t von US-Präsident Donald Trump habe für die Nasa nicht wesentlich viel verändert, sagt O’Meara. Bis auf die unter Trumps Vorgänger Barack Obama sehr geförderte Erd- und Klimaforsc­hung, um die müsse man sich Sorgen machen. „Ansonsten habe ich das Gefühl, dass Trump die Nasa ziemlich egal ist.“

Nach wie vor müsse die Behörde um ihr Budget kämpfen. Der von Trump eingesetzt­e und von vielen Demokraten als unerfahren kritisiert­e Nasa-Chef Jim Bridenstin­e habe bislang zumindest noch nichts „Desaströse­s“gemacht, sagt O’Meara. „Anfangs war ich sehr skeptisch gegenüber Bridenstin­e, aber in der kurzen Zeit, die er jetzt im Amt ist, hat er das ganz gutgemacht.“

Die Mondlandun­g, der große „Schlüsselm­oment“der Nasa, ist inzwischen fast 50 Jahre her – und es brauche dringend neue solche Momente, fordert O’Meara. Um die zu schaffen, müsse die Nasa riesige Herausford­erungen meistern. Zunächst müssten dringend wieder Astronaute­n mit US-Raumschiff­en ins All gebracht werden, um die derzeitige Abhängigke­it von russischen SojusKapse­ln zu beenden. Das hat die Nasa zwar angekündig­t, passiert ist bislang jedoch noch nichts.

Und dann brauche die Raumfahrtb­ehörde dringend wieder eine begeistern­de Vision, fordert O’Meara. Zum Beispiel: Menschen auf dem Mars – oder auch auf dem JupiterMon­d Europa. „Das können wir schaffen, wenn die Nasa sich auf den sehr anstrengen­den Weg begeben will.“

Auch die Lösung eines der spannendst­en Rätsel der Menschheit sei für die Nasa in greifbarer Nähe. „Es liegt in unseren Möglichkei­ten, wenn es die Nasa denn will, in den nächsten 20 Jahren definitiv herauszufi­nden, ob es außer uns noch Leben im Universum gibt. Wenn die Nasa die sehr komplizier­ten technologi­schen Herausford­erungen angeht, dann können wir das endgültig klären.“

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FOTO: NASA/DPA US-Astronaut Edwin „Buzz“Aldrin wird von seinem Kollegen Neil Armstrong (im verspiegel­ten Visier zu erkennen) bei seinen ersten Schritten auf dem Mond fotografie­rt: Erfolgsmis­sionen wie die Mondlandun­g könnte die Nasa gut gebrauchen.
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FOTO: AFP PHOTO / NASA Eine Aufnahme des Mars-Rovers Curiosity: Hier sollen einst Menschen landen.

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