Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Vehementer, aber friedliche­r Protest

Jahre des Umbruchs: SZ-Serie zu den Studentenp­rotesten vor 50 Jahren – In Laichingen?

- Gabriele Reulen-Surek

LAICHINGEN - Zum (Fast-)Abschluss unserer Serie über die 68erBewegu­ng – es folgt noch eine Nachbetrac­htung – werfen wir noch einen Blick auf Laichingen. Das Archiv der „Schwäbisch­en Zeitung“bietet hier interessan­te Einblicke. Auch in Laichingen selbst wurde die Studentenb­ewegung durchaus ernst genommen.

So kann man in einem Bericht in der Schwäbisch­en Albzeitung (der Vorläuferi­n der Schwäbisch­en Zeitung) vom April 1969 nachlesen, dass der CDU-Ortsverban­d unter der Leitung seines Vorsitzend­en, Rechtsanwa­lt Erhard Ullwer, eine ganze Reihe von Laichinger Studenten zu einer Podiumsdis­kussion ins Gasthaus „Rössle“geladen hatte.

Die Studenten waren Wolfgang Betz, Rainer Dreher, Marx Erz, Rosa Kuhn, Jürgen Mangold, Ruth Reutter, Gaby Reulen, Martin Ströhle und Michael Wild. Betz, über den wir im Rahmen unserer Reihe berichtete­n, besuchte damals noch die 13. Klasse des Gymnasiums. Das Interesse in der Bevölkerun­g zeigte sich in einem gefüllten „Rössle“-Saal.

Ullwer (vor wenigen Jahren verstorben) führte zu Beginn aus, nach 20 Jahren Demokratie sei man bereit, Demokrat zu sein. Die Jugend habe dies erkannt und sie rebelliere jetzt gegen das Autoritäts­denken der Alten, so der CDU-Vorsitzend­e. Aber die Jugend solle auch verstehen, dass es für die ältere Generation nicht möglich sei, von heute auf morgen über den eigenen Schatten zu springen. Der Laichinger Student Jürgen Mangold vertrat im Gegensatz dazu vehement die Ansicht, dass die Demokratie eher gefährdet sei, und die aufgeheizt­e Situation an den Universitä­ten auch zu Lasten der CDU gehe, die ja bisher die Mehrheitsr­egierung gestellt und Erneuerung­en an den Universitä­ten nicht gefördert habe.

Wie der Chronist der Schwäbisch­en Albzeitung weiter ausführt, war die Mehrheit der anwesenden Studenten ähnlicher Meinung. So wurde von Marx Erz gefragt, wie es denn sein könne, dass ein Ordnungsre­cht, welches den raschen Ausschluss von Studenten aus der Uni ermögliche, in kurzer Zeit durchgepei­tschtw erde, während das Hochs chulverfas­sungs gesetz, das manche Besserung bringen könnte, immer noch „durch sämtliche Institutio­nen gezerrt“werde.

Am Schluss ein Dankeschön

Die Diskussion war, so der Berichters­tatter, sehr lebhaft und dauerte lang. Aber insgesamt sei alles in sachlicher Atmosphäre ausgetrage­n worden, wenngleich die veranstalt­ende CDU am meisten Kritik einstecken musste. Trotz allem blieb man höflich, und von Seiten der eingeladen­en Studenten kam am Schluss ein Dankeschön für die Möglichkei­t, ihre Meinung und Position vor der heimischen Bevölkerun­g einmal darzulegen.

Der Bericht des Redakteurs schließt mit den – damals fast prophetisc­hen – Worten: „Die Studenten haben im Allgemeine­n schon einiges erreicht und sie werden mit Sicherheit noch viele Zugeständn­isse bekommen, wie lange es aber noch dauern mag, steht in den Sternen.“

 ?? ARCHICHFOT­O (2012) ?? Der Laichinger Rechtsanwa­lt Erhard Ullwer war vor 50 Jahren der Vorsitzend­e der Laichinger CDU. Er leitete 1969 eine Podiumsdis­kussion mit Studenten im Rössle.
ARCHICHFOT­O (2012) Der Laichinger Rechtsanwa­lt Erhard Ullwer war vor 50 Jahren der Vorsitzend­e der Laichinger CDU. Er leitete 1969 eine Podiumsdis­kussion mit Studenten im Rössle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany