Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Vehementer, aber friedlicher Protest
Jahre des Umbruchs: SZ-Serie zu den Studentenprotesten vor 50 Jahren – In Laichingen?
LAICHINGEN - Zum (Fast-)Abschluss unserer Serie über die 68erBewegung – es folgt noch eine Nachbetrachtung – werfen wir noch einen Blick auf Laichingen. Das Archiv der „Schwäbischen Zeitung“bietet hier interessante Einblicke. Auch in Laichingen selbst wurde die Studentenbewegung durchaus ernst genommen.
So kann man in einem Bericht in der Schwäbischen Albzeitung (der Vorläuferin der Schwäbischen Zeitung) vom April 1969 nachlesen, dass der CDU-Ortsverband unter der Leitung seines Vorsitzenden, Rechtsanwalt Erhard Ullwer, eine ganze Reihe von Laichinger Studenten zu einer Podiumsdiskussion ins Gasthaus „Rössle“geladen hatte.
Die Studenten waren Wolfgang Betz, Rainer Dreher, Marx Erz, Rosa Kuhn, Jürgen Mangold, Ruth Reutter, Gaby Reulen, Martin Ströhle und Michael Wild. Betz, über den wir im Rahmen unserer Reihe berichteten, besuchte damals noch die 13. Klasse des Gymnasiums. Das Interesse in der Bevölkerung zeigte sich in einem gefüllten „Rössle“-Saal.
Ullwer (vor wenigen Jahren verstorben) führte zu Beginn aus, nach 20 Jahren Demokratie sei man bereit, Demokrat zu sein. Die Jugend habe dies erkannt und sie rebelliere jetzt gegen das Autoritätsdenken der Alten, so der CDU-Vorsitzende. Aber die Jugend solle auch verstehen, dass es für die ältere Generation nicht möglich sei, von heute auf morgen über den eigenen Schatten zu springen. Der Laichinger Student Jürgen Mangold vertrat im Gegensatz dazu vehement die Ansicht, dass die Demokratie eher gefährdet sei, und die aufgeheizte Situation an den Universitäten auch zu Lasten der CDU gehe, die ja bisher die Mehrheitsregierung gestellt und Erneuerungen an den Universitäten nicht gefördert habe.
Wie der Chronist der Schwäbischen Albzeitung weiter ausführt, war die Mehrheit der anwesenden Studenten ähnlicher Meinung. So wurde von Marx Erz gefragt, wie es denn sein könne, dass ein Ordnungsrecht, welches den raschen Ausschluss von Studenten aus der Uni ermögliche, in kurzer Zeit durchgepeitschtw erde, während das Hochs chulverfassungs gesetz, das manche Besserung bringen könnte, immer noch „durch sämtliche Institutionen gezerrt“werde.
Am Schluss ein Dankeschön
Die Diskussion war, so der Berichterstatter, sehr lebhaft und dauerte lang. Aber insgesamt sei alles in sachlicher Atmosphäre ausgetragen worden, wenngleich die veranstaltende CDU am meisten Kritik einstecken musste. Trotz allem blieb man höflich, und von Seiten der eingeladenen Studenten kam am Schluss ein Dankeschön für die Möglichkeit, ihre Meinung und Position vor der heimischen Bevölkerung einmal darzulegen.
Der Bericht des Redakteurs schließt mit den – damals fast prophetischen – Worten: „Die Studenten haben im Allgemeinen schon einiges erreicht und sie werden mit Sicherheit noch viele Zugeständnisse bekommen, wie lange es aber noch dauern mag, steht in den Sternen.“