Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Bibel kehrt zurück

Uraltes Werk nach Restaurati­on wieder in Merklingen eingetroff­en.

- Von Franziska Dunz

MERKLINGEN - Der Hof von Brigitte Burghardt ist makellos sauber, neben ihrer Haustüre sind perfekt symmetrisc­h Blumentöpf­e platziert. Alles ist bereit für den besonderen Besuch, den sie an diesem Nachmittag erwartet. Der Südwestrun­dfunk (SWR) hat sich angekündig­t. Er bringt ihr die uralte Bibel ihres Ururgroßva­ters zurück. Das Erbstück ist Teil der SWRSendung „Lieblingss­tücke – abgestaubt und aufgemöbel­t“und wurde im Zuge dessen von einem Ulmer Restaurato­r auf Vordermann gebracht.

Als der SWR sich damals bei ihr meldete, konnte sie es kaum fassen. „Ich habe mich einfach mal beworben und es schon fast wieder vergessen, als ich den Anruf bekam“, erklärt Burghardt. Vor mehreren Wochen wurde die Bibel vom SWR abgeholt (die „Schwäbisch­en Zeitung“berichtete). Brigitte Burghardt hatte das uralte Werk, ein Hochzeitge­schenk für ihren Ururgroßva­ter, auf ihrem Dachboden wiedergefu­nden.

Brigitte Burghardt sitzt gespannt in ihrem Wohnzimmer und wartet – das Kamerateam ist noch nicht da. „Aufgeregt bin ich schon und auch froh, wenn es endlich vorbei ist“, sagt die Merklinger­in mit einem Lächeln. Sie serviert Getränke und erzählt von der Bibel und von den Stellen, wo die Zähne der Zeit an dem Werk genagt haben: Der Einband war komplett weg, mehrere Seiten lose und teilweise hatten sie Risse. „Mir ist es wichtig, dass die Bibel immer noch ihren alten Charakter hat nach der Restaurier­ung“, sagt Burghardt. Mit dem Restaurato­r Andreas Schäffler aus Ulm habe sie bereits am Telefonkon­takt gehabt. Bei der Übergabe am Donnerstag konnte er nicht dabei sein. Schäffler weilt an diesem Nachmittag in seiner Buchbinder­ei in Ulm. „Ich hätte mir gewünscht, dass der Restaurato­r mitgekomme­n wäre. Er hat ja so viel Arbeit in die Bibel gesteckt“, sagt sie.

Zwei Monate hat’s gedauert

Zwei Monate hat die Rettung der Familienbi­bel beanspruch­t, insgesamt 25 Arbeitsstu­nden. „Bei der Bibel war relativ viel zu tun. Sie war schon in einem schlechten Zustand beziehungs­weise in einem üblichen für so ein altes Werk“, erklärt Andreas Schäffler zu der Restaurier­ung. Er musste den Einband entfernen und ungefähr ein Drittel des Buches auseinande­rnehmen. Mit sehr dünnem Japanpapie­r hat er die Risse in der Bibel verschloss­en. Für das gemusterte Papier der Aufschlags­eiten musste er intakte Stellen kopieren und dann diese wie ein Puzzle in die fehlenden Stellen einfügen.

Die präzise Arbeit hat sich gelohnt. Als das Kamerateam in Merklingen aufschlägt und die Bibel ihrer Besitzerin übergeben wird, ist diese begeistert. Besonders ist sie angetan von der guten Arbeit von Andreas Schäffler. „Dass er das so machen kann. Er ist ja wirklich ein Meister seines Werkes“, erzählt Brigitte Burghardt vor laufender Kamera der Moderatori­n der Sendung, Heike Greis.

Das Kamerateam hat sich inzwischen in Burghardts Wohnung ausgebreit­et: Im Wohnzimmer der Familie stehen Kamera, Tonmänner und helle Lichtquell­en. In der Küche ist eine temporäre Maske eingericht­et worden. Die Bibel wird sorgfältig im Licht der Kameras inspiziert. Das Familiener­bstück ist jetzt ein gebundenes Werk – ohne losen Seiten, gerissene Stellen oder kaputtem Einband.

Die mehr als zweitausen­d Seiten lange Bibel erstrahlt in neuem Glanz, der es auch gebührt, einen neuen Platz zu erhalten. Brigitte Burghardt hat für ihr 155 Jahre altes Buch auch schon ein besonderes Zuhause ausgesucht: Vom Dachboden darf die Bibel jetzt direkt ins Wohnzimmer ziehen. Burghardt hat sich für die Wand extra ein Brett von einem Schreiner anfertigen lassen. Direkt über dem Werk wird künftig auch ein Bild von ihrem Urgroßvate­r zu sehen sein – dem zweiten Sohn des ursprüngli­chen Besitzers der Bibel. Beides zusammen wird in Zukunft eine ständige Erinnerung an die eigene Familienge­schichte sein. Und es wird Brigitte Burghardt an die Tage erinnern, an denen das SWR-Kamerateam in Merklingen aufschlug, um mit ihr über ihre Bibel zu reden. Lesen Sie noch einmal die bisherige Berichters­tattung über die uralte Bibel www.schwäbisch­e.de/ bibel-merklingen

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FOTO: DUNZ
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FOTO: DUNZ Das Filmteam bespricht mit Brigitte Burghardt (rechts) den Dreh.
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FOTO: SCHÄFFLER In diesem Zustand war das Werk vor der Restaurier­ung (links). Und so sieht sie jetzt aus (rechts).
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