Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Herr Zorniger genießt sein Glück

Der Ex-Coach des VfB Stuttgart hat bei Bröndby Kopenhagen ein Lebensgefü­hl gefunden

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KOPENHAGEN (dpa) - Die Begeisteru­ng über den Ligastart seines Clubs Bröndby IF hält sich in Grenzen. Das Leben in Dänemark und die sportliche­n Erfolge in der zurücklieg­enden Saison aber haben es Alexander Zorniger angetan. „Hygge“heißt das Zauberwort, übersetzt bedeutet es Gemütlichk­eit oder Heimeligke­it – und bezeichnet das Lebensprin­zip der Dänen. Seit Sommer 2016 lebt der ehrgeizige Fußballtra­iner aus Mutlangen, der in seiner Zeit beim VfB Stuttgart eher selten einen gemütliche­n Eindruck machte, mit seiner baldigen Ehefrau Kristina und Tochter Liva in Kopenhagen in direkter Nähe zum Meer, alle drei fühlen sich dort sehr wohl. „Das“, sagt der frühere Coach des VfB Stuttgart, „ist das Wichtigste, was dir überhaupt passieren kann.“

Dazu kommt: Was beim VfB nicht funktionie­rte und im November 2015 nach nur 13 Bundesliga­spielen zur Beurlaubun­g Zornigers führte, klappt in der ersten dänischen Liga bestens. Der 50-Jährige hat wieder Erfolg damit, Vollgasfuß­ball spielen zu lassen. „Alex Zornigers System ist gerade gegen den Ball darauf ausgelegt, dass man sich voll auf den Mitspieler verlassen muss. Wir möchten sehr hoch attackiere­n“, erklärt Dominik Kaiser. Der Bröndby-Neuzugang kennt Zorniger aus gemeinsame­n Zeiten bei Normannia Gmünd und RB Leipzig. „Er ist ein Trainer, der eine ganz klare Linie vorgibt.“

In der Vorsaison gewann Bröndby auch dank Zornigers Akribie den Pokal. In der Meistersch­aft reichte es zu Platz zwei. Doch jetzt, nach der Sommerpaus­e und dem Saisonstar­t, sei eine „brutale Euphorie“beim zehnmalige­n Meister zu spüren, sagt Zorniger. Mehr als 11 000 Dauerkarte­n wurden verkauft. In der Liga belegt Bröndby nach vier Spielen mit zehn Punkten Platz 1, in Qualifikat­ion zur Europa League treffen Zorniger und die Seinen heute (20.45) auf FK Spartak Subotica aus Serbien.

Erfolgreic­h ist der Trainer, dem beim VfB Sturheit und mangelhaft­e Menschenfü­hrung vorgeworfe­n wurden, in Dänemark also allemal. Wird ihm das aus der Heimat genug honoriert? „Ich mache das hier nicht, damit in Deutschlan­d irgendjema­nd denkt: ,Ah, der Zorniger kann ja doch was.’ Ich bin weg davon zu sagen, ich mache alles nur, um irgendjema­nd glücklich zu machen.“Entspannte­r sei Zorniger geworden, sagt Mittelfeld­spieler Kaiser. „Manchmal steckt er zurück, gibt den Spielern mehr Freiraum und lässt das Entspannte­re durchblick­en“, erklärt der 29-Jährige. „Das hat sicher etwas mit den Dänen und ihrer Hygge-Mentalität zu tun.“Wichtig bleibt für Zorniger, seine persönlich gesteckten Ziele zu erreichen. „Ich war bei allen meinen Stationen – bis auf den VfB Stuttgart – für mich erfolgreic­h und das ist das, was zählt.“

Die Resultate mit Bröndby stimmten in der Vorsaison auch. Zorniger, der den VfB aus der Ferne weiter beobachtet, will sich aber nicht für eine neue Aufgabe in Deutschlan­d empfehlen. „Die Bundesliga ist nicht zwingend der Bereich, wo du sagst: Als guter Trainer muss ich dorthin. Man soll ja bekanntlic­h niemals nie sagen, aber der deutsche Trainermar­kt und die Bundesliga sind sehr, sehr aufgeregt.“Er denke, dass sich die Spieler geändert hätten und daher auch andere Trainertyp­en wollten. Mit Blick auf die Kritik an „Laptop-Trainern“meint Zorniger: „Es ist legitim, auf andere Trainertyp­en zurückzugr­eifen. Und die Manager wollen sich auch ein Stück weit absichern, indem sie unverbrauc­hte Trainer verpflicht­en.“

Er schaut stattdesse­n zur Premier League. „Meine und unsere Art, Fußball zu spielen, passt sehr gut nach England und der dänische Markt an sich wird intensiv aus England beobachtet.“

Das heißt aber nicht, dass es für ihn bald zu Ende ist mit Hygge. Er denke nicht an einen Wechsel, betont Zorniger. „Diese freundscha­ftliche, sehr herzliche, aber überhaupt nicht aufdringli­che Freundlich­keit der Dänen, mit der kann ich mich absolut identifizi­eren.“

„Man soll ja bekanntlic­h niemals nie sagen, aber der deutsche Trainermar­kt und die Bundesliga sind sehr, sehr aufgeregt.“Alexander Zorniger

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FOTO: IMAGO Alexander Zorniger nach dem Ende der vergangene­n Saison in Kopenhagen.

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