Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Rucksack randvoll mit Kokain und Heroin

Ein mutmaßlich­er Drogenschm­uggler, der betrunken im ICE auffiel, steht vor Gericht – Jetzt muss er für über sechs Jahre ins Gefängnis

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - An jenem 3. Februar 2018 lief für einen profession­ellen Drogenkuri­er alles schief. Mit einem Rucksack, randvoll mit Kokain und Heroin im Wert von über 100 000 Euro vollbepack­t, wollte er sturzbetru­nken von Dortmund in seine Heimatstad­t Saarbrücke­n mit dem ICE fahren. Er stieg aber in den Zug nach München ein. Dort belästigte er alkoholbed­ingt weibliche Fahrgäste und machte soviel Radau, nachdem der ICE Stuttgart passiert hatte, dass der Zugführer die Bundespoli­zei alarmierte, die den Angeklagte­n auf dem Ulmer Hauptbahnh­of in Empfang nahm. Jetzt wurde der mehrfach vorbestraf­te Mann von der Ersten großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ulm zu einer Freiheitss­trafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem werden die 10 000 Euro, die man bei ihm in der Wohnung fand, als inkriminie­rtes Geld eingezogen. Die Scheine waren im Tiefkühlfa­ch seines Kühlschran­kes versteckt.

Sowohl bei den polizeilic­hen Vernehmung­en als auch in der jetzigen Verhandlun­g machte der 51-jährige Angeklagte zu den Vorwürfen der Staatsanwa­ltschaft keine Angaben und nutzte das ihm zustehende Verweigeru­ngsrecht.

Zu seiner Person gab er allerdings Auskunft. Der zuletzt arbeitslos­e Saarbrücke­r ist deutscher Staatsbürg­er und stammt aus der Stadt Georgiewka in Kasachstan. Nach seinem Wehrdienst siedelte er mit seiner Frau nach Deutschlan­d um, arbeitete hier zunächst in einer Schokolade­nfabrik dann als Zeitarbeit­er. Zu seinem massiven Alkoholkon­sum kam im Lauf seines Leben die Drogensuch­t hinzu, die er offensicht­lich durch verbotenen Einfuhr und Handel von Kokain und Heroin finanziert­e. Zuletzt wurde er dafür zu einer dreijährig­en Haftstrafe vom Landgerich­t Saarbrücke­n verurteilt, die er in einer geschlosse­nen Entzugsans­talt verbrachte. Die Anklage umfasste damals insgesamt 190 Fälle wegen unerlaubte­n Handeltrei­bens mit Betäubungs­mittel.

Im Gefängnis wurde er durch die Therapie schließlic­h trocken, so dass ihm eine kurze Reststrafe erlassen wurde. Doch in Freiheit wurde der verheirate­te Mann schnell rückfällig Als er die aktuelle Tat im Februar dieses Jahres beging, stand er unter Bewährungs­aufsicht bis Oktober 2019. Deshalb kannte das Landgerich­t jetzt keine Gnade und ließ sich auf die Bitte des Verteidige­rs in seinem Plädoyer nicht ein, es noch mal im Gefängnis mit einem Entzug als letzte Chance für seinen Mandanten zu versuchen.

Angeklagte­r kann sich an nichts mehr erinnern

In der Beweisaufn­ahme wurde der Angeklagte schwer belastet. Zwar hatte er keine Angaben bei der Polizei gemacht, doch gegen über dem medizinisc­hen Sachverstä­ndigen gab er ausführlic­h an, dass er sich an die Geschehnis­se nicht mehr erinnern: Weder an eine Reise nach Holland, noch an die dortigen Übernachtu­ngen. „Ich habe nur gesoffen“. Er sei mit einem Freund nach Holland gefahren, der dort ein Auto habe kaufen wollen. Er könne sich nicht erinnern, wie er in den Besitz der Drogen gekommen sei.

Von dem Drogenruck­sack wollte er nichts wissen. Doch aufgrund von Zeugenauss­agen wurde der einwandfre­i dem Mann zugewiesen. Dass er sich in den Niederland­en – vermutlich Rotterdam – aufgehalte­n hat, ergab sich aus den sichergest­ellten Reiseunter­lagen und der festgestel­lten Einbuchung des mitgeführt­en Handys.

Die Kammer entsprach in ihrem Urteil exakt den Forderunge­n des Anklagever­treters. Der Verteidige­r plädierte auf eine wesentlich­e Verringeru­ng der Strafe, weil nach seiner Ansicht der Vorwurf der Einfuhr der Drogenware nicht exakt bewiesen werden konnte. Er erwägt jetzt einen Revisionsa­ntrag, weil die Ulmer Kriminalpo­lizei nicht der Bitte des Beschuldig­ten um einen Rechtsanwa­lt bei der Vernehmung entsproche­n habe. Der vernehmend­e Beamte will davon aber nichts mitbekomme­n haben.

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