Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Produktion läuft weiter, Zukunft ungewiss
400 Arbeitsplätze sind von SAM-Pleite betroffen – Das plant der Insolvenzverwalter
FELDSTETTEN - Tag 1 nach Bekanntwerden der Insolvenz der Firma SAM automotive, die auch in Feldstetten einen Standort betreibt. Rund 400 Mitarbeiter sind dort beschäftigt, sie fertigen unter anderem Zierleisten für Autos. Und sie haben dort auch am Dienstag gearbeitet. Die Produktion laufe uneingeschränkt weiter, so der beauftragte Insolvenzverwalter. Für drei Monate sind die Löhne der Beschäftigten gesichert. Was danach kommt, ist allerdings ungewiss.
Der Parkplatz vor dem Werksgelände von SAM automotive am Feldstetter Ortseingang ist auch am Dienstag – einen Tag nach Bekanntwerden, dass die Firma Insolvenz angemeldet hat – gut gefüllt. Rund 50 Fahrzeuge stehen um die Mittagszeit in der prallen Hitze. Die teils verchromten Zierleisten an den Wägen glänzen in der Sonne. Und auch drinnen, in den Firmengebäuden, werden diese offenbar weiter produziert. „Das vorläufige Insolvenzverfahren hat keinerlei Auswirkungen auf die Auftragsbearbeitung bei SAM. Alle Aufträge werden vereinbarungsgemäß abgewickelt und in der gewohnt hohen Qualität ausgeliefert“, teilt der vom Insolvenzgericht Aalen zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Holger Leichtle von der Kanzlei Schultze & Braun (Stuttgart) mit.
Löhne vorläufig gesichert
Seit Montag hat Leichtle sein Mandat inne. Und weiter heißt es in einer von seiner Kanzlei am Dienstag verbreiteten Pressemeldung, dass die Löhne der rund 1800 Mitarbeiter der SAM automotive group (Hauptverwaltung in Steinheim, Firmensitz in Böhmenkirch) „gesichert“seien. Zumindest für die nächsten drei Monaten, bis Oktober. Das Geld kommt als „Insolvenzgeld“vom Staat.
Drei Monate dauert zunächst auch die Arbeit von Insolvenzverwalter Holger Leichtle, deswegen wurde er auch nur zum „vorläufigen“Insolvenzverwalter bestellt. Dann muss wieder ein formeller Beschluss fallen, wer die Firma danach weiterführt. Gut möglich, dass dies dann wieder Leichtle sein wird. Stand jetzt aber: Kaffeesatzleserei.
Was für Leichtle jetzt zählt, der sich nun mit einem Team vor Ort die Firma genau anschaut (auch der Standort Feldstetten bekam von der Geschäftsführung am Dienstag schon Besuch), sei es, „in den kommenden Wochen eine konkrete Perspektive zu erarbeiten, um die SAM automotive group wieder auf ein solides Fundament zu stellen“. Sprich: Die Firma, und damit so viele Arbeitsplätze wie möglich, sollen gerettet werden. Einschränkend muss man einwenden: Dieses Ziel hat zunächst jeder Insolvenzverwalter zu Beginn seiner Arbeit.
Leichtle zeigt sich aber optimistisch: „Ich bin zuversichtlich, dass uns eine Lösung gelingt.“Er begründet dies damit, dass der derzeit in der Branche stark diskutierte Wandel vom Verbrennungs- zum Elektromotor „keinerlei Auswirkungen auf das Geschäftsmodell der SAM haben wird“. Eben, weil Zierleisten, wie sie auch in Feldstetten gefertigt werden, auch für Elektroautos benötigt werden.
280 Millionen Euro Umsatz
Die SAM automotive group ist laut Holger Leichtle ein „etablierter Automobilzulieferer“, der für mehrere große Automarken Dachrelingsysteme, Dachzierleisten, Zierleisten und Tankdeckelsysteme entwickelt und fertigt. Dass die SAM-Produkte grundsätzlich gut sind, davon geht auch Laichingens Bürgermeister Klaus Kaufmann aus. Auch bei ihm lebt deshalb die Hoffnung, dass SAM wieder auf die Beine kommt. Dies ließ er die SZ am Montag wissen. Insgesamt vier Standorte hat SAM: Neben Feldstetten, Steinheim und Böhmenkirch auch einen im mexikanischen Puebla. Weltweit erwirtschafte SAM 280 Millionen Euro Umsatz.
Doch warum kam es überhaupt zur Schieflage, die dazu geführt hat, dass das SAM-Management mit dem Beantragen der Insolvenz die Notbremse gezogen hat? Hierzu meldet sich am Dienstag auch „Bregal Unternehmerkapital“zu Wort. Diese Firma (hinter ihr steckt die holländische Familie Brenninkmeijer, die das Modehaus C&A gründete) ist Hauptgesellschafter von SAM – und sie teilt mit, dass ein Großbrand im Galvanikbereich in einem der Hauptwerke im März 2018 die betrieblichen Abläufe „massiv“beeinträchtigt habe. Folgen: „hohe indirekte Kosten“und „starke Effizienzverluste“. Zusätzlich habe sich die Nachfrage „nach verschiedenen von SAM belieferten Plattformen“abgeschwächt und der Umsatz sei eingebrochen. An „verschiedenen Lösungsmöglichkeiten außerhalb einer Insolvenz“habe das Management um Geschäftsführer Peter Markowsky zwar „über Monate hinweg intensiv“gearbeitet. Allerdings sei die Zeit zu knapp gewesen, um eine Möglichkeit außerhalb der Insolvenz realisieren zu können.
Auch Insolvenzverwalter Leichtle, der nun das Sagen bei der Firma hat, geht von den von SAM genannten Punkten als ursächlich für die Probleme aus. Wie SAM aus diesen nun aber wieder herauskommt, das könne man aktuell nicht sagen – noch nicht, so Ingo Schorlemmer, der Sprecher von Leichtle, auf Anfrage der SZ. Grundsätzlich aber gebe es in solchen Fällen zwei Möglichkeiten: Entweder die betroffene Firma werde durch interne Maßnahmen aus sich heraus saniert, dazu könne auch das „Abschneiden“von Schulden gehören. Oder aber, „man sucht einen Investor“. Denkbar sind natürlich auch gleichsam beide Szenarien.
Offenbar aber scheinen die Geldsorgen groß. Laut Bregal habe sich zuletzt herausgestellt, dass der Liquiditätsgesamtbedarf für die Firma in den kommenden Jahren – angesichts der Absatzsituation und der Brandfolgen – hoch sei. Zu hoch, als dass SAM von Bregal, Banken und verschiedenen Kunden, die alle bereit gewesen seien, „signifikante Beiträge“zur Rettung zu leisten, hätte stabilisiert werden können.