Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Zukunftsmarkt Afrika
Voith, Volkswagen und Bosch planen Projekte in zweistelliger Millionenhöhe
RAVENSBURG - Tain River – so soll das erste Solar-Wasser-Hybridkraftwerk, nahe des Flusses Tain, in Afrika heißen. Strom erzeugen ein 35 - 45 Megawatt Solarfeld und ein Kleinwasserkraftwerk mit fünf Megawatt. Der Technologiekonzern Voith will so zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im Westen Ghanas beitragen.
Die dreitägige Afrika-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Freitag mit dem Besuch in Nigeria zu Ende gegangen. Mit Senegal, Ghana und Nigeria hat Merkel drei sehr unterschiedliche Länder besucht. Eines der Themen: Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland. Drei deutsche Firmen sehen das Potenzial Westafrikas als Wirtschaftsmarkt und werden dort investieren. Der Automobilriese Volkswagen, der Verpackungshersteller Bosch Packaging Technology und der Technologiekonzern Voith haben entsprechende Absichtserklärungen unterzeichnet.
Das Heidenheimer Unternehmen Voith hat während des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ghana im Westen Afrikas, eine Entwicklungsvereinbarung mit dem ghanaischen Projektentwickler Tabcon für das Solar-Wasser-Hybridkraftwerk Tain River getroffen. „Die Kombination von verschiedenen erneuerbaren Energien in einer Anlage und die Nutzung der individuellen Vorteile zählt nicht nur in Afrika als Zukunftsmodell und wird ein Leuchtturmprojekt für Ghana und Deutschland sein“, erklärt Unternehmenssprecher Marian Moebius.
Volkswagen plant Montagewerke
Auch Volkswagen hat während der Afrika-Reisen jeweils eine Absichtserklärung mit Ghana und Nigeria unterzeichnet. Konkret plant das Unternehmen in Ghana ein Montagewerk wie es in einer Pressemitteilung heißt. Damit wäre auch die Entwicklung eines Verkaufs- und Service-Netzwerks sowie der Aufbau einer Schulungsakademie für Produktion und After-Sales verbunden. Zudem soll VW eine Machbarkeitsstudie für integrierte Mobilitätslösungen, wie Car-Sharing, Mitfahrbörsen oder Miet- und ShuttleServices, durchführen. Die Regierung Ghanas wird im Gegenzug den Automobilsektor ausbauen, um die Automobilproduktion in Ghana zu fördern. „Mit der in Nigeria unterzeichneten Absichtserklärung verpflichtet sich Volkswagen dazu, stufenweise die Montage von Fahrzeugen aufzubauen und Nigeria langfristig zu einem Automobil-Zentrum an der Westküste Afrikas zu entwickeln“, schreibt VW weiter. Die Regierung verpflichtet sich dazu, die Verabschiedung der nigerianischen Automobilpolitik zu beschleunigen.
Der Bosch-Geschäftsbereich Packaging Technology, einer der führenden Anbieter von Prozess- und Verpackungstechnik, mit Sitz in Waiblingen, und Aspirx, ein ghanaisches Pharmaunternehmen, haben eine Kooperation zur Pharmaherstellung beschlossen. Eine entsprechende Absichtserklärung sei von beiden Unternehmen in Accra, der Hauptstadt Ghanas, unterzeichnet worden, teilt eine Unternehmenssprecherin auf Nachfrage mit. „Bei der geplanten Kooperation steht für Bosch Packaging Technology die Konzeption und Lieferung einer Multifunktionsanlage zur Herstellung und Verpackung von flüssigen und festen Pharmazeutika im Fokus“, erklärt die Sprecherin weiter. Der genaue Leistungsumfang stehe noch nicht fest, werde aber in den nächsten Wochen ausgearbeitet.
Wie Angela Merkel lobt auch Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrieund Handelskammertags (BWIHK), den Einsatz der drei Unternehmen in Afrika. Sie würden einen „wichtigen Impuls“setzen und „zeigen, dass sich Investitionen auf dem Kontinent lohnen können“. Aus BadenWürttemberg würden sich bereits einige Unternehmen in Afrika engagieren, zum Beispiel aus den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Messtechnik oder Pharmazie beziehungsweise der Chemiebranche.
Großes Marktpotenzial in Afrika
Doch da sei noch mehr Potenzial: „Afrika gilt seit langem als Chancenkontinent“, sagt Wolfgang Grenke. Eine Chance für die Unternehmen bei der Kundengewinnung sieht Grenke in den rund 1,2 Milliarden Einwohnern des Kontinents und der Schätzung, dass sich bis 2050 die Bevölkerung verdoppelt. „Es wächst ein großer Markt, auf dem wir stärker vertreten sein sollten“, fordert der Präsident des BWIHK. „Wir sollten verstärkt mit einzelnen Ländern in Kontakt treten, Unternehmen die Marktpotenziale anhand konkreter Projekte näher bringen und so schrittweise Vertrauen schaffen.“Viele Möglichkeiten biete die Digitalisierung mit dem meist jungen, digitalen Unternehmertum. „Entrepreneure haben das Potenzial, Wirtschaft und Gesellschaft ihrer Länder zu modernisieren, innovative Lösungen für Entwicklungsprobleme zu finden sowie neue Perspektiven zu schaffen“, sagt Grenke.
Neue Perspektiven schaffen und die Entwicklung voranbringen, das planen auch Voith und Tabcon. „Neben dem Hybridkraftwerk soll in Westghana auch ein Naturschutzpark für den ökologischen Tourismus, ein Eco-Resort mit einem internationalen Konferenzzentrum sowie ein kleiner Flughafen und Straßen entstehen“, teilt Sprecher Moebius mit. Gleichzeitig soll eine vierstellige Zahl an Arbeitsplätzen entstehen.