Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ernte gut, alles gut?

Die Trockenhei­t hat im Landkreis Neu-Ulm Spuren hinterlass­en - Sorgenvoll­e Blicke richten sich auf die Wälder

- Von Jonathan Mayer

LANDKREIS NEU-ULM - Wer vor dem Supermarkt­regal steht und Gemüse einkaufen will, bemerkt schon jetzt die Auswirkung­en des trockenen Sommers. Ein Beispiel: die Gurke. Die kostet derzeit weit mehr als einen Euro. Der Preis liegt – je nach Anbieter und Anbauweise – zwischen 1,29 Euro (für die Gurke aus Spanien) und 1,49 Euro (für die BioGurke aus der Region). Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag der Preis laut Verbrauche­rmarktinde­x zwischen 81 Cent und einem Euro. Woran das liegt? Den Landwirten zufolge vor allem an der monatelang­en Trockenhei­t. Doch wie sieht es mit dem Rest der Ernte aus? Zwei Bauern aus dem Landkreis Neu-Ulm erklären, welche Erträge sie nach dem Rekordsomm­er einfahren – und welche Probleme sie am meisten beschäftig­en.

Einer davon ist Andreas Wöhrle, Kreisobman­n des Bauernverb­andes. Er schätzt die Lage mit Blick auf die bisherige Ernte verhältnis­mäßig gut ein. „Es ging noch“, sagt er knapp. Nur bei den Ackerbohne­n habe es enorme Einbußen gegeben. Das zeigt: Auch am Landkreis Neu-Ulm ist die monatelang­e Trockenhei­t nicht spurlos vorübergeg­angen. Dafür gibt es ein weiteres Beispiel, das jedem Autofahrer aufgefalle­n sein dürfte: die abgeerntet­en Maisfelder. Wöhrle sagt: „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals schon im August Mais geerntet haben.“Denn der steht eigentlich erst Mitte September auf dem Plan. Durch die vielen Sonnenstun­den seien die Kolben in diesem Jahr jedoch früher reif. Das an sich sei jedoch kein Problem für die Landwirte.

Hat die Region im Vergleich zum Rest Deutschlan­ds also Glück gehabt? Wöhrle sagt „Ja“. Zumindest mehr oder weniger. Denn er sieht selbst im Landkreis Unterschie­de: „Im Süden ist die Ernte noch in Ordnung, aber im Norden fällt sie geringer aus.“Die Gemeinden Nersingen, Steinheim und Straß hätten besonders gelitten. Gerade Wiesen hätten vielerorts nicht oft genug gemäht werden können. Deren Heu ist jedoch für die Viehzucht wichtig.

Auf Kies versickert der Regen schneller

Den Unterschie­d zwischen Süden und Norden erklärt sich Wöhrle durch den Boden. Der sei im Norden kiesiger als im Süden. „Der lässt das Wasser leichter durch“, erklärt er. Die Konsequenz: Das ohnehin spärliche Regenwasse­r versickert schneller und kann von den Pflanzen nicht aufgenomme­n werden.

Ähnliche Eindrücke hat ein Mitarbeite­r eines Milchbetri­ebs aus dem Rothtal, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er sagt: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekom­men.“Denn der Boden im Rothtal sei lehmiger und lasse dadurch weniger Wasser versickern. Der Landwirt beschreibt die Lage so: „Bei uns sind die Wiesen noch grün und ein paar Kilometer weiter ist alles gelb und verdorrt.“

Jedoch treffe auch die Landwirte im Rothtal ein deutschlan­dweites Problem, das mit der Trockenhei­t einhergeht: der sinkende Fleischpre­is. Und der entstehe so: „Viele Viehzüchte­r müssen schon jetzt ihre Futtervorr­äte für den Winter verbrauche­n.“Neues Futter sei aber rar und teuer. Das bringe viele in die Bredouille: Entweder müssen die Bauern Futter teuer einkaufen – oder Tiere schlachten. Und mehr geschlacht­ete Tiere bedeuteten auch mehr Fleisch auf dem Markt und damit niedrigere Preise und weniger Geld für die Landwirte.

Der einzige Lichtblick für den Mann aus dem Rothtal: Der Milchpreis könnte bald steigen. Denn weniger Tiere haben geringere Milchprodu­ktion zur Folge – und somit höhere Preise.

Kreisobman­n Wöhrle macht sich derweil weniger Sorgen um die Ernte und mehr um die Wälder. Denn auch dort sei es zu trocken – und das treibe die Schädlings­population nach oben. So sei der Borkenkäfe­r in der Region wieder verstärkt unterwegs. Die kleinen braunen Käfer bohren sich in die Rinde der Bäume, um dort ihre Eier abzulegen. Die Bäume können wegen des wenigen Wassers jedoch kaum Harz produziere­n, um sich gegen die Schädlinge zu wehren. Wöhrle sagt: „Die Förster müssen sich ranhalten und tote Bäume schnell entfernen. Sonst breiten sich die Käfer noch schneller aus.“Und er spricht aus Erfahrung: Wöhrle selbst habe aus seinem Wald bereits einige Bäume wegen des Befalls entfernen müssen.

Bauern hoffen nun auf viel Regen

Der Obmann hofft nun vor allem auf Eines: Feuchtigke­it. „Wir brauchen jetzt flächendec­kenden Regen. Mindestens 40 bis 50 Liter.“Nur das könne der Natur jetzt nachhaltig helfen.

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