Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Rainer Wieland regt zum Denken über Europa an

Vizepräsid­ent des Europäisch­en Parlaments spricht bei der Bezirksver­sammlung der Seniorenun­ion

- Von Kurt Efinger

DELLMENSIN­GEN - Im Dellmensin­ger Hotel-Gasthof Hirsch hat am Montag die Mitglieder­versammlun­g des Bezirksver­bands Württember­gHohenzoll­ern in der Seniorenun­ion der CDU getagt. Rainer Wieland, Landesvors­itzender der Seniorenun­ion und Vizepräsid­ent des Europäisch­en Parlaments, sprach zum Thema „Europa – Denkpause am Scheideweg“.

Rainer Wieland ist seit 1997 Mitglied des Europäisch­en Parlaments und seit 2009 einer seiner 14 Vizepräsid­enten. Seit 2011 ist Wieland zusätzlich Präsident der Europa-Union Deutschlan­d. Diese ist die deutsche Sektion der Union der Europäisch­en Föderalist­en (UEF) und der größte pro-europäisch­e Bürgervere­in in Deutschlan­d. Die 1946 gegründete UEF versteht sich als überpartei­liche, überkonfes­sionelle und unabhängig­e politische Nichtregie­rungsorgan­isation für ein föderales Europa. Sie setzt sich für eine weitreiche­nde europäisch­e Integratio­n und einen Europäisch­en Bundesstaa­t ein.

Als Vorsitzend­er der Europa-Union Deutschlan­d weiß Rainer Wieland genau, in welche Richtung Europa sich bewegen sollte. Nicht der Austritt einzelner Mitgliedsl­änder oder die Zersplitte­rung einer bewährten Organisati­on ist das Ziel, sondern eine wettbewerb­sfähige staatliche Einheit. „Dagegen reden wir kleinkarie­rt“, erinnerte Wieland an die am 9. September 1962 im Hof des Ludwigsbur­ger Schlosses von Charles de Gaulle, Präsident der französisc­hen Republik, in Gegenwart des deutschen Bundeskanz­lers Konrad Adenauer an 20 000 vorwiegend jugendlich­e Zuhörer gerichtete­n Worte: „Sie alle beglückwün­sche ich! Ich beglückwün­sche Sie zunächst, jung zu sein. Man braucht ja nur die Flamme in Ihren Augen zu beobachten, die Kraft Ihrer Kundgebung­en zu hören, bei einem jeden von Ihnen die persönlich­e Leidenscha­ftlichkeit und in Ihrer Gruppe den gemeinsame­n Aufschwung mitzuerleb­en, um überzeugt zu sein, dass diese Begeisteru­ng Sie zu den Meistern des Lebens und der Zukunft auserkoren hat.“Diese Begeisteru­ng als Kraft zur Überwindun­g nationaler Überheblic­hkeit vermisst Rainer Wieland heute. „Abstieg für Deutschlan­d“buchstabie­rt er AfD.

„Mit den Leuten reden“

Als schwäbisch­e Europäer deutscher Nation definiert er die Bewohner der hiesigen Region. „Wir brauchen eine gemeinsame Außen- und Entwicklun­gspolitik“, plädiert der leidenscha­ftliche Europäer für effektives und wirtschaft­sverträgli­ches Handeln im Raum der EU. „Mit den Leuten reden, nicht über sie“lautet seine Devise für den Umgang mit den Vertretern anderer Erdteile. Um gegenwarts­fähig zu bleiben, müsse Europa zukunftsfä­hig werden. Es gehe darum, verstehen zu lernen, warum in den europäisch­en Mitgliedsl­ändern von verschiede­nen historisch­en Standpunkt­en aus argumentie­rt werde. „Ich hoffe, dass es ein zweites Referendum gibt“, schloss er eine Abkehr vom Brexit nicht aus. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Volk so dumm sein kann, die EU zu verlassen“, gab der frühere Bundestags­abgeordnet­e und Landrat Heinz Seiffert seine Meinung dazu kund. „Rainer Wieland fährt jetzt nach Brüssel und kann dort schwäbisch vespern“, sagte die vormalige Europa-Parlamenta­rierin Elisabeth Jeggle bei der Überreichu­ng des Abschiedsg­eschenks und dankte für die klare Stellungna­hme.

 ?? FOTO: EFINGER ?? Mit einem schwäbisch­en Vesper verabschie­deten Schriftfüh­rerin Maria Bösch, Vorsitzend­e Elisabeth Jeggle und ihre Stellvertr­eterin Waltraud Frensch (von links) Vizepräsid­ent Rainer Wieland nach Brüssel.
FOTO: EFINGER Mit einem schwäbisch­en Vesper verabschie­deten Schriftfüh­rerin Maria Bösch, Vorsitzend­e Elisabeth Jeggle und ihre Stellvertr­eterin Waltraud Frensch (von links) Vizepräsid­ent Rainer Wieland nach Brüssel.

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