Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Elterntaxis sind kein Mittel zur Risikominimierung“
Empfehlung: „Gehgemeinschaft“– Oder Rollentausch: Kinder bringen ihre Eltern zur Schule
LAICHINGEN - Es ist wieder soweit; das neue Schuljahr beginnt und Schüler machen sich morgens wieder auf den Weg zur Schule. Manche auch zum ersten Mal. An der Laichinger Erich-Kästner-Grundschule werden die Erstklässler am Donnerstag begrüßt. Doch was müssen Eltern vor dem ersten Schultag und beim künftigen Weg ihrer Kinder zur Schule beachten? Wolfgang Jürgens, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ulm, gibt im Gespräch mit unserer Mitarbeiterin Carla Günther Ratschläge.
Was sollten die Eltern der Grundschüler beachten?
Für die Eltern ist wichtig, ihrem Kind zu vertrauen und ihm dieses Vertrauen zu zeigen. Wenn sie dann mit ihrem Kind den Schulweg üben, können sie mögliche Gefahren minimieren. Ein Kind sollte seinen Schulweg kennen und wissen, dass es sich in einem Notfall Hilfe holen kann und bei wem. Beim Üben des Wegs sollte den Kindern gezeigt werden, wo „Rettungsinseln“sind. Diese sind wichtig, wenn ihm etwas passiert ist, vielleicht weil es stürzte. Solche Rettungsinseln sind zum Beispiel Geschäfte, Behörden, die Polizei oder Bekannte. Wichtig ist, dass man den Kindern keine Angst vor der Polizei macht. Es ist nicht hilfreich, wenn die Polizei das Kind sucht und es versteckt sich vor ihr. Man sollte mit dem Kind auch üben, wo man sicher über die Straße geht und worauf man an einer Ampel achten muss. Auch das richtige Gehen auf dem Gehweg will gelernt sein. Ein Rollentausch ist auch sinnvoll, dabei lässt man sich als Erziehungsberechtigter von seinem Kind zur Schule bringen.
Was ist sonst noch wichtig? Kinder
sollten immer rechtzeitig losgehen, um Fehler unter Zeitdruck zu vermeiden. Wenn möglich, kann eine Art „Gehgemeinschaft“der Kinder zur Schule organisiert werden. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl und die Kinder werden besser wahrgenommen. In einem Notfall sind die Kinder nicht alleine. Regeln sind sehr wichtig, auch zum Thema: „Mitgehen und Sachen annehmen.“Denn Kinder brauchen klare Regeln. Etwa diese: „Du gehst nirgendwo hin, wenn du es nicht vorher mit uns besprochen hast.“Diese Regel kann auf die Annahme von Geschenken erweitert werden. Durch gut sichtbare Kleidung lassen sich ebenfalls Gefahren minimieren. Gerade in der dunklen Jahreszeit werden Kinder mit heller und reflektierender Kleidung besser wahrgenommen. Ganz wichtig: Elterntaxis sind kein Mittel zur Risikominimierung. Denn Kinder müssen lernen, mit den Herausforderungen umzugehen. Diese Möglichkeit wird ihnen mit dem Elterntaxi genommen. Die Kinder werden damit vom Verkehrsraum entfremdet. Und Fachleute stellen bei Kindern einen ständig zunehmenden Bewegungsmangel fest. Hierzu zählt auch die Koordination, welche für das künftige Fahrradfahren äußerst wichtig ist. Von der sozialen Komponente einmal ganz abgesehen.
Ab wann sollte man die Kinder alleine laufen lassen?
Wenn das Kind den Schulweg sicher beherrscht, die aufgestellten Regeln beachtet und sich im Notfall Hilfe holen kann, kann man darüber nachdenken, das Kind alleine laufen zu lassen.
Worauf sollten Eltern und Lehrer vor allem Grundschüler hinweisen?
Pünktlichkeit ist wichtig, denn dies ist ein Schutzmechanismus. Eltern müssen wissen, ab wann und wo sie ihr Kind suchen müssen, wenn es über die von ihnen gesetzte Zeitspanne hinaus unterwegs ist. Zudem die Einhaltung der vereinbarten Regeln. Einem Kind der ersten Klassenstufe kann man nur bedingt die Verantwortung übertragen. Zuerst muss das Kind überhaupt verstehen, auf was es zu achten hat. Oft sind Kinder in diesem Alter entwicklungsbedingt noch gar nicht in der Lage dazu. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie denken, fühlen und handeln nicht wie Erwachsene. Kinder in dieser Altersgruppe leben noch oft in der magischen Welt. Das heißt, Wirklichkeit und Fantasie verwischen noch. Sie fühlen sich stark und unverletzlich. Für sie hat ein Fahrzeug oft ein eigenes Leben und sie gehen davon aus, dass es sofort anhalten kann.
Kann man Grundschüler mit dem Fahrrad zur Schule fahren lassen?
Die Polizei befürwortet dies ab Bestehen der Radfahrausbildung, welche jedes Kind in der vierten Klassenstufe in Baden-Württemberg absolviert.