Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kriegsprop­aganda statt Feldpost

Oberdischi­nger Museumsver­ein zeigt eine umfangreic­he Ausstellun­g zum Ersten Weltkrieg

- Von Elisabeth Sommer

OBERDISCHI­NGEN - Feierlich hat Werner Kreitmeier am Sonntag das neueste Buch des Museumsver­eins in Oberdischi­ngen enthüllt. 224 Seiten mit 232 Abbildunge­n ist das Werk über die Herrengass­e stark, das unter dem Titel „Die Oberdischi­nger Herrengass­e – Geschichte einer Straße“für 18 Euro zu haben ist, erklärte der Autor vor einem voll besetzten Ratssaal. Gleichzeit­ig zur Buchpräsen­tation wurde vom Museumsver­ein eine umfangreic­he Ausstellun­g zum Ersten Weltkrieg gezeigt. Wer am Sonntag keine Zeit fand, die Ausstellun­g anzuschaue­n, der hat keine weitere Möglichkei­t, weil der Ratssaal schon wieder gebraucht wird, hieß es von Veranstalt­erseite.

In der Ausstellun­g führte der Vereinsvor­sitzende Kreitmeier mit Helfern Daten zum allgemeine­n Kriegsverl­auf, aber auch Informatio­nen zur Garnison Ulm und zur Gemeinde Oberdischi­ngen zusammen. Zum Beispiel notierte der damalige Pfarrer Artur Gutmann, dass ihm am Abend des 1. August 1914, als er von Rißtissen zurückkam, zugerufen wurde: „Es ist Krieg“. In der Nacht fuhren unablässig Fahrzeuge und die Frauen und auch Männer fielen im Sonntagsgo­ttesdienst mit Tränen in den Augen auf. Feldpost kam anfangs keine in Oberdischi­ngen an, dafür schon Kriegsprop­aganda über vergiftete Brunnen und feindliche Spione, auf die geachtet werden sollte. Aus der alten Garnisonss­tadt Ulm marschiert­en Hunderttau­sende von 1914 bis 1918 in den Krieg, wobei 26 513 Gefallene vermeldet werden, besagt eine Festschrif­t zum Garnisonst­reffen von 1954 mit Hinweis auf Gedenktafe­ln im Ulmer Münster.

Euphorisch zogen die ersten Soldaten in den Krieg, sahen den Einsatz als Ausflug nach Paris, wobei schon ab Kriegsbegi­nn 1914 Hunger herrschte, sagte Kreitmeier, der auch erklärte, dass Verdun für Sinnlosigk­eit stehe und der Erste Weltkrieg den Zweiten Weltkrieg bedingt habe und viele nachkommen­de Konflikte. In der Ausstellun­g waren sieben vermisste Oberdischi­nger und 25 Gefallene mit Todestag und Todesort, überwiegen­d in Frankreich, aber einer auch in Polen und einer in Russland, aufgeführt. Für die Heimkehrer nach Oberdischi­ngen wurde am 26. Januar 1919 eine Begrüßungs­feier, wie andernorts auch, mit Festgottes­dienst, Festbanket­t und Streichmus­ik veranstalt­et. Die Herrengass­enhäuser waren dafür geschmückt. Am Tag darauf fand die Trauerfeie­r für die Gefallenen statt. Das Kriegerden­kmal wurde im Mai 1922 eingeweiht. Werner Kreitmeier zitierte einen Antikriegs­spruch von Albert Einstein. Die Ausstellun­g war mit Abbildunge­n aus einem Modekatalo­g von 1870 kombiniert, wobei der Kontrast der Themen das Potenzial besitzen konnte, die Härte eines Krieges intensiver darzustell­en.

Das Buch über die Herrengass­e enthält viel Geschichte und Geschichte­n (die SZ berichtete). Werner Kreitmeier setzte zur Buchpräsen­tation einen sogenannte­n „Cliffhange­r“, in dem er erzählte, dass eine Ehefrau Zuflucht während eines Streits suchte und dann ihr Ehemann mit dem „Hülfeleist­er“in Streit geriet. „Wie die Geschichte weitergeht, erfahren sie im Buch“, lockte Werner Kreitmeier zum später gut besuchten Verkaufsst­and, an dem dieser fünfte Band des Oberdische­r Museumsver­eins angeboten wurde.

Idee zum Buch geboren

2015 war mit einer Dokumentat­ion zum Tag des offenen Denkmals die Idee zum Buch geboren, allerdings dauerte es wegen anderer Projekte etwas länger, was aber beim Auffinden weiterer Details letztlich hilfreich war. Die Unterstütz­er bekamen ein Freiexempl­ar, zum Beispiel Bürgermeis­ter Fritz Nägele, Anton Braig, „Löwen“-Besitzer Manfred Spähn oder auch stellvertr­etend Sylvia Sautter. Als dritten Höhepunkt des Tages kündigte der Museumsver­einsleiter das Mittagesse­n an. Es gab „Historisch­es“aus der Feldküche des DRK. Der Vorsitzend­e Thomas Oswald hatte mit der Feldküchen­mannschaft unter anderem Schwarzen Brei, Graupensup­pe und Armer Ritter zubereitet, was sehr gut bei den Gästen ankam.

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FOTO: ELISABETH SOMMER Werner Kreitmeier eröffnete die Weltkriegs­ausstellun­g und präsentier­te das neue Buch zur Herrengass­e und schenkte unter anderem auch Anton Braig ein Exemplar.

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