Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kriegspropaganda statt Feldpost
Oberdischinger Museumsverein zeigt eine umfangreiche Ausstellung zum Ersten Weltkrieg
OBERDISCHINGEN - Feierlich hat Werner Kreitmeier am Sonntag das neueste Buch des Museumsvereins in Oberdischingen enthüllt. 224 Seiten mit 232 Abbildungen ist das Werk über die Herrengasse stark, das unter dem Titel „Die Oberdischinger Herrengasse – Geschichte einer Straße“für 18 Euro zu haben ist, erklärte der Autor vor einem voll besetzten Ratssaal. Gleichzeitig zur Buchpräsentation wurde vom Museumsverein eine umfangreiche Ausstellung zum Ersten Weltkrieg gezeigt. Wer am Sonntag keine Zeit fand, die Ausstellung anzuschauen, der hat keine weitere Möglichkeit, weil der Ratssaal schon wieder gebraucht wird, hieß es von Veranstalterseite.
In der Ausstellung führte der Vereinsvorsitzende Kreitmeier mit Helfern Daten zum allgemeinen Kriegsverlauf, aber auch Informationen zur Garnison Ulm und zur Gemeinde Oberdischingen zusammen. Zum Beispiel notierte der damalige Pfarrer Artur Gutmann, dass ihm am Abend des 1. August 1914, als er von Rißtissen zurückkam, zugerufen wurde: „Es ist Krieg“. In der Nacht fuhren unablässig Fahrzeuge und die Frauen und auch Männer fielen im Sonntagsgottesdienst mit Tränen in den Augen auf. Feldpost kam anfangs keine in Oberdischingen an, dafür schon Kriegspropaganda über vergiftete Brunnen und feindliche Spione, auf die geachtet werden sollte. Aus der alten Garnisonsstadt Ulm marschierten Hunderttausende von 1914 bis 1918 in den Krieg, wobei 26 513 Gefallene vermeldet werden, besagt eine Festschrift zum Garnisonstreffen von 1954 mit Hinweis auf Gedenktafeln im Ulmer Münster.
Euphorisch zogen die ersten Soldaten in den Krieg, sahen den Einsatz als Ausflug nach Paris, wobei schon ab Kriegsbeginn 1914 Hunger herrschte, sagte Kreitmeier, der auch erklärte, dass Verdun für Sinnlosigkeit stehe und der Erste Weltkrieg den Zweiten Weltkrieg bedingt habe und viele nachkommende Konflikte. In der Ausstellung waren sieben vermisste Oberdischinger und 25 Gefallene mit Todestag und Todesort, überwiegend in Frankreich, aber einer auch in Polen und einer in Russland, aufgeführt. Für die Heimkehrer nach Oberdischingen wurde am 26. Januar 1919 eine Begrüßungsfeier, wie andernorts auch, mit Festgottesdienst, Festbankett und Streichmusik veranstaltet. Die Herrengassenhäuser waren dafür geschmückt. Am Tag darauf fand die Trauerfeier für die Gefallenen statt. Das Kriegerdenkmal wurde im Mai 1922 eingeweiht. Werner Kreitmeier zitierte einen Antikriegsspruch von Albert Einstein. Die Ausstellung war mit Abbildungen aus einem Modekatalog von 1870 kombiniert, wobei der Kontrast der Themen das Potenzial besitzen konnte, die Härte eines Krieges intensiver darzustellen.
Das Buch über die Herrengasse enthält viel Geschichte und Geschichten (die SZ berichtete). Werner Kreitmeier setzte zur Buchpräsentation einen sogenannten „Cliffhanger“, in dem er erzählte, dass eine Ehefrau Zuflucht während eines Streits suchte und dann ihr Ehemann mit dem „Hülfeleister“in Streit geriet. „Wie die Geschichte weitergeht, erfahren sie im Buch“, lockte Werner Kreitmeier zum später gut besuchten Verkaufsstand, an dem dieser fünfte Band des Oberdischer Museumsvereins angeboten wurde.
Idee zum Buch geboren
2015 war mit einer Dokumentation zum Tag des offenen Denkmals die Idee zum Buch geboren, allerdings dauerte es wegen anderer Projekte etwas länger, was aber beim Auffinden weiterer Details letztlich hilfreich war. Die Unterstützer bekamen ein Freiexemplar, zum Beispiel Bürgermeister Fritz Nägele, Anton Braig, „Löwen“-Besitzer Manfred Spähn oder auch stellvertretend Sylvia Sautter. Als dritten Höhepunkt des Tages kündigte der Museumsvereinsleiter das Mittagessen an. Es gab „Historisches“aus der Feldküche des DRK. Der Vorsitzende Thomas Oswald hatte mit der Feldküchenmannschaft unter anderem Schwarzen Brei, Graupensuppe und Armer Ritter zubereitet, was sehr gut bei den Gästen ankam.