Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Über das Leben der Juden und gegen Vorurteile
Eine Ausstellung zeigt die Entwicklung des israelitischen Lebens von Siedlern in der Römerzeit bis zur Verfolgung durch die Nazis
ULM - An drei verschiedenen Orten in Ulm nacheinander wird die Wanderausstellung „Jüdische Lebenswelten in Deutschland heute“bis zum 20. Dezember zu sehen sein. Aktuell stehen die 19 Tafeln der von der Zeitbild-Stiftung konzipierten Ausstellung, die um ein Fotobuch der Ulmer jüdischen Gemeinde ergänzt sind, in der KZ-Gedenkstätte am Oberen Kuhberg. Danach wandern sie ins Ulmer Rathaus (ab 2. November) und in die Synagoge am Weinhof (ab 28. November).
Marina Chernivsky ist Psychologin. Shlomit Tulgan versteht sich als multikulturelle Brückenbauerin, und Yasha Mounk ist Autor und Dozent. Was sie und die anderen –meist jungen – in der Ausstellung porträtierten Menschen eint: Sie haben jüdische Wurzeln, so unterschiedlich sie diese auch leben. Zu den 13 PersonenTafeln, die die Vielfalt jüdischer Identität veranschaulichen, kommen weitere Banner. Diese erklären die Geschichte des Judentums auf deutschem Boden, angefangen mit jüdischen Siedlern auf dem „Germania Romana“genannten Teil des Römischen Reiches. Die Entwicklung jüdischen Lebens im Mittelalter und in der Neuzeit, während der Aufklärung und während des 19. Jahrhunderts sowie die nationalsozialistische Verfolgung werden vor allem für junge Ausstellungsbesucher informativ geschildert.
Nicola Wenge, Leiterin des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg, sieht die Ausstellung vor allem als Angebot zu Dialog und Austausch. „Wir wollen bei allen Besuchern Vorurteile abbauen“, sagt sie. „Die Ausstellung zielt auf Lernmöglichkeiten für eine offene Gesellschaft.“
Auch der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik wünscht sich, dass Juden, Christen, Muslime und Menschen anderer Religionen oder ohne Religion in Ulm in Frieden zusammenleben können.
Ein nicht unerheblicher Teil der Ulmer Bevölkerung arbeite mit rassistischen und ethnischen Zuschreibungen, sagt Kulturbürgermeisterin Iris Mann. Michael Blume, Beauftragter des Landes Baden-Württemberg gegen Antisemitismus, erkennt steigenden Antisemitismus, der gerade aus dem Internet ins reale Leben überschwappe. Antisemitismus sei ein Paradebeispiel für Verschwörungsglaube, sagt Blume.
Die Ausstellung „Jüdische Lebenswelten in Deutschland heute“ist in Ulm bis zum 20. Dezember zu sehen.
Programm: Im Begleitprogramm zur Ausstellung singt der Chor Levantate zur Kulturnacht am 15. September im der KZ-Gedenkstätte. Am 20. November liest die Autorin Lena Gorelik in der Ulmer Volkshochschule und spricht mit vh-Leiterin Dagmar Engels. Liora Hilbs Theatersolo „RememberRing“, das bereits in Ulm zu sehen war, wird am 9. Dezember im Podium des Theaters Ulm aufgeführt. (köd)