Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Auf den Spuren der Geologie
SZ-Leser erhalten Einblick in Steinbruch Rösch in Merklingen.
MERKLINGEN - Einen umfangreichen Einblick in die Geologie der Schwäbischen Alb und die Abbauarbeiten im Steinbruch Rösch in Merklingen haben 14 SZ-Leser im Rahmen der Aktion SZ-Türöffner bekommen. Dieter Rösch, der gemeinsam mit seinem Cousin Berthold geschäftsführender Gesellschafter der Rösch Söhne GmbH & Co. KG mit Sitz in Feldstetten ist, hat die SZLeser mit auf eine exklusive Reise durch den Steinbruch Merklingen genommen. Diese waren begeistert und löcherten Dieter Rösch mit zahlreichen Fragen, die er auf seine humorvolle Art beantwortete.
Ausgestattet mit Helm und Sicherheitsweste nahmen die Besucher Platz im gecharterten Bus, denn zu Fuß wären die Wege in dem weitläufigen Gelände zu weit und auch zu gefährlich gewesen. Denn angesichts der Auftragslage herrschte im Schotterwerk Hochbetrieb.
Gut für die SZ-Leser. Denn nur selten kann man den Betrieb in einem Steinbruch nahezu hautnah erleben. Vorab informierte Dieter Rösch über das ausgesprochen aufwändige Genehmigungsprozedere, welches für den Betrieb eines Steinbruchs notwendig ist. Eingebunden sind Regierungspräsidium, der Landkreis und die betroffene Gemeinde. Berücksichtigt werden müssten Belange von Umweltverträglichkeit, Landschaft, Lärm, Hydrogeologie, Naturschutz oder auch Lärmbelastung und Erschütterungen zum Beispiel bei Sprengungen. Dieter Rösch machte deutlich, dass in einem Steinbruch der Natur nicht nur Material entnommen werde, sondern die Rekultivierung einen sehr hohen Stellenwert besitze. „Was man der Natur entnimmt, wird der Natur auch wieder zurückgegeben“, nennt Rösch den Anspruch. Zahlreiche besondere Lebensräume entstünden gerade in der speziellen Landschaft eines Steinbruchs. So finden sich hier neben spezialisierten Pflanzen auch beispielsweise der Kolkrabe und der Uhu. Nachweislich sei die Artenvielfalt in Steinbrüchen besonders groß. Eingebettet ist der Merklinger Steinbruch in den Unesco-Geopark, der sich über die ganze Schwäbische Alb erstreckt. Mittlerweile ist der Bus bei der ersten Station angekommen. Von hier aus haben die Gäste einen beeindruckenden Blick ins Innere des Steinbruchs mit seinen drei Sohlen. Wie Spielzeug sieht der Bagger aus, der 50 Meter tiefer am Grund steht und die „Spielzeugmulde“mit Gesteinsbrocken belädt. Aber: Der Bagger wiegt 87 Tonnen und hat eine Leistung von 540 PS. Er ist mit einem sogenannten Hochlöffel ausgestattet, der aus dem Haufwerk – das ist der Haufen Gesteinsbrocken, der bei der Sprengung entstanden ist – Löffel für Löffel abgräbt und die die große Mulde lädt. Diese kann 35 Tonnen transportieren, hat eine Motorleistung von 520 PS und fährt im Pendelverkehr die Gesteinsbrocken über eine Entfernung rund 700 Meter bis zum Brecher.
Ein großer Sandkasten
Die Wartezeit auf die Rückkehr der Mulde nutzt der Baggerfahrer, indem er scheinbar mit einer großen Eisenkugel spielt. Mit dem Baggerlöffel nimmt er die 3,5 Tonnen schwere Kugel auf und lässt sie über besonders großen Gesteinsbrocken fallen. Was aussieht wie ein Spiel im überdimensionalen Sandkasten hat einen praktischen Hintergrund: Manche Bruchstücke sind zu groß für den Brecher. Sie würden ihn blockieren und den Arbeitsfluss stören. Daher zerkleinert der Baggerfahrer mit der Kugel die übergroßen Stücke, um sie dann in brechergerechten Stücken auf die Mulde laden zu können.
Weiter geht es zur nächsten Station. Auf einer Etage, oder Sohle, wie es in der Fachsprache heißt, steht ein Großbohrlochgerät. Mit ihm werden Löcher im Abstand von drei bis vier Metern in einem Winkel von 85 Grad in den Fels vier Meter vor der Abbruchkante gebohrt – in die dann Sprengladungen kommen. „Das ist keine einfache Aufgabe“, informiert Dieter Rösch. „Die Tiefe der Löcher muss passen, ihr Abstand zueinander und zur Kante. Nur erfahrene Bohr- und Sprengmeister kommen hier zum Einsatz.“In die Löcher kommen dann eine Schlagpatrone, die Zündschnur und Sprengstoff. Die Zündung erfolgt dann elektrisch und zwar um Millisekunden versetzt in den einzelnen Bohrlöchern. Das abgesprengte Gestein wird vom Bagger auf die Mulde geladen und wieder zum Brecher transportiert.
Auf der Fahrt zum Brecher werden im Bus Schutzbrillen und Ohrstöpsel ausgeteilt. Warum? Das wird den SZ-Lesern rasch klar. Die Mulde steht bereits abladebereit vor dem Brecher und lässt das Material in den Beschicker rutschen, von dort aus gelangt es über einen Rollenrost in den Backenbrecher, der das Gestein zerkleinert. Hier ist es unglaublich laut und es staubt ordentlich. Die Gesteinsbrocken nehmen dann ihren weiteren Weg über verschiedenste Förderbänder, diverse Brecher, Siebe und Sortieranlagen. Zum Schluss landet das Kalkgestein fein nach Größe sortiert in den jeweiligen Silos und auf Halden. Ihre weitere Verwendung finden sie hauptsächlich in der Bauindustrie. Häufig nicht nur in einer Körnungsgröße, sondern als Gemisch. Für jeden Verwendungszweck stehen besondere Mischverhältnisse der Körnungen, vom groben Schotterstein bis zum feinen Sand zur Verfügung. Dieter Rösch demonstrierte dies, indem er eine Ladung Frostschutzschicht von der Mulde abkippen lies und die Gäste die Zusammensetzung dieses Steinhaufens näher betrachten konnten.
Die Technik dahinter
Zum Abschluss der Führung durften die SZ-Leser noch einen Blick in die Schaltzentrale werfen. Von dort aus wird die voll computergesteuerte Anlage überwacht.
Als Abschied schenkte Dieter Rösch seinen begeisterten Besuchern eine Kugel aus Merklinger Kalkstein, hergestellt in der Neidlinger Kugelmühle, als Andenken.