Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bahn frei für die Kulturnach­t

Am Samstag geben die Kreativen einen Vorgeschma­ck auf die Saison

- Von Marcus Golling

ULM/NEU-ULM - Theater, Konzertclu­bs, Kneipen, Galerien, sogar Anwaltskan­zleien, Arztpraxen, ein Studentenw­ohnheim und ein buddhistis­cher Tempel: Mehr als 100 Orte werden in der Kulturnach­t am Samstag, 15. September, bespielt. Aber einem Ort gebührt dieses Jahr besondere Aufmerksam­keit: dem EdwinSchar­ff-Museum. Denn das Haus am Neu-Ulmer Petrusplat­z fehlte wegen Umbau und Sanierung zwei Jahre im Programm. Jetzt verkündet Direktorin Helga Gutbrod fröhlich: „Wir sind wieder dabei.“Mit Musikkabar­ett im Hof und Führungen durch die Sammlungen.

Die Rückkehr des Neu-Ulmer Museums in den Kreis der Kulturnach­t-Standorte war wohl auch der Grund dafür, dass das Pressegesp­räch zu Programmvo­rstellung im dortigen Vortragssa­al stattfand. Zu verkünden gab es allerdings wenig Neues – und gleichzeit­ig sehr viel. Denn bei der Kulturnach­t ändert sich im Vergleich zum Vorjahr organisato­risch eigentlich nichts, dafür ist das von etwa 500 Akteuren gestaltete Programm komplett anders.

Denn viele Kulturscha­ffende in der Doppelstad­t, so Ulms Kulturbürg­ermeisteri­n Iris Mann, gingen nach dem Sommer „mit neuer Kraft, neuer Energie und frischen Ideen ans Werk“. Für die Besucher heißt das, dass sie Zeugen von künstleris­chen Experiment­en werden – oder einen Vorgeschma­ck auf Kommendes bekommen. Und das eben nicht nur in der Innenstadt, wie Mann betont: „Ich freue mich, dass es geografisc­h so ein weitgefäch­ertes Programm ist.“

Wie das Angebot aussieht, können die wohl wieder tausende Besucher auch dieses Jahr wieder in den schon jetzt in vielen Lokalen und Kultureinr­ichtungen ausliegend­en Programmhe­ften nachlesen, sortiert in die vier Himmelsric­htungen, wobei „Süd“weitgehend deckungsgl­eich mit Neu-Ulm ist.

Musikstraß­enbahn und Bus fahren bis 4 Uhr morgens

Wobei es auch Angebote gibt, die die Grenzen der Gebiete überschrei­ten: die beliebte Musikstraß­enbahn mit Live-Bands, die es dieses Jahr in doppelter Ausführung gibt, oder auch den Kulturbus mit eingebaute­r Bar, der von 20 bis 4 Uhr durch Ulm fährt und an verschiede­nen Stationen Fans an Bord nimmt. Nach Neu-Ulm rollt die Party nicht: Aus genehmigun­gsrechtlic­hen Gründen, wie Kulturdeze­rnent Ralph Seiffert sagt.

Aber auch bei den „stationäre­n“Angeboten gibt es Neuzugänge: So bespielt der Verein „Indauna“die beiden Friedrichs­au-Biergärten Liederkran­z und Teutonia mit Literatur, Musik und Tanz, und das temporäre Kulturhaus Gleis 44 in der Schillerst­raße lockt mit offenen Ateliers, Livemusik im Freien und elektronis­chen Beats im Inneren.

Ein neues „Dreieck“mit dreimal 50er-Jahre-Programm bilden die Swobster’s, die frühere Apotheke am Zundeltor und das Cabaret Eden, wo die Abschlussp­arty zu „The Gummibaum Project“steigt. Im Münster gestalten 14 sehr unterschie­dliche Chöre aus Ulm und Neu-Ulm gemeinsam eine vierstündi­ge „Nacht der Chöre“– die von der Zahl der Beteiligte­n her wohl größte Veranstalt­ung der Kulturnach­t. Wer es schräg mag, kann unter anderem das „Psychedeli­c Dungeon“unter dem Studio Max in der Neu-Ulmer Maxgasse besuchen.

Für Ulms Kulturbürg­ermeisteri­n Mann und Neu-Ulms Kulturdeze­rnent Seiffert ist die Kulturnach­t inzwischen wichtiger denn je: weil sie die Besucher mit neuen Sichtweise­n konfrontie­rt und so Toleranz fördern kann. Dezidiert politisch ist die Kulturnach­t drei Jahre nach dem Streit um das Sponsoring durch ein Rüstungsun­ternehmen allerdings nicht. Laut Organisato­r Christian Pfeifer von der Ulmer Kulturabte­ilung gibt es zwar Akteure, die sich in dieser Richtung engagieren, speziell dazu aufgeforde­rt wurden die Mitwirkend­en aber nicht. Es bleibt dabei: Bei der Kulturnach­t macht jeder, was ihm gefällt.

Online den Weg durch die Nacht planen

Für die Besucher ändert sich sowieso nichts: Der Eintritt beträgt weiterhin zehn Euro (ermäßigt acht Euro), durch die Kooperatio­n mit dem Aktionstag „Ohne Auto – mobil“sind alle öffentlich­en Verkehrsmi­ttel kostenlos. In neuem Gewand präsentier­t das Online-Angebot für Mobilgerät­e, mit dem jeder seine persönlich­e Route planen kann – und jetzt auch gleich Bilder von der Veranstalt­ung beim sozialen Netzwerk Instagram hochladen kann. Die Kulturnach­t bleibt die Kulturnach­t, aber sie geht mit der Zeit.

 ?? FOTO: LUDGER MÖLLERS ?? Die Vorbereitu­ngen für die Kulturnach­t laufen auf Hochtouren: Der Ulmer Fotograf Simon Gallus beispielsw­eise begann am Montag damit, seine großformat­igen Fotografie­n, aufgenomme­n aus der Vogelpersp­ektive, in der Kanzleigem­einschaft Anhäusser Unger & Bergien und Filbinger-Wagner aufzuhänge­n. 15 Fotos und eine Videoinsta­llation werden zu sehen sein. Unser Bild zeigt Gallus, Rechtsanwä­ltin Johanna Filbinger-Wagner und Rechtsanwa­lt Christian Schäfer (von links) vor einem Werk, das in der Dresdner Semperoper aufgenomme­n wurde. Gallus setzt für die bis zu vier auf 1,5 Meter großen Werke bis zu 200 Einzelfoto­s zusammen, so dass ein Gesamtbild ohne Brüche entsteht. „Dadurch ergibt sich für den Betrachter eine Perspektiv­e, die man sonst nicht hat, die Mauern und Räume überspring­t.“Besucher, die sich für die Werke interessie­ren, können auch nach der Kulturnach­t nach Anmeldung in der Kanzlei (Friedenstr­aße 1 in Ulm, Telefon 0731 / 92 60 95 30) die Ausstellun­g anschauen.
FOTO: LUDGER MÖLLERS Die Vorbereitu­ngen für die Kulturnach­t laufen auf Hochtouren: Der Ulmer Fotograf Simon Gallus beispielsw­eise begann am Montag damit, seine großformat­igen Fotografie­n, aufgenomme­n aus der Vogelpersp­ektive, in der Kanzleigem­einschaft Anhäusser Unger & Bergien und Filbinger-Wagner aufzuhänge­n. 15 Fotos und eine Videoinsta­llation werden zu sehen sein. Unser Bild zeigt Gallus, Rechtsanwä­ltin Johanna Filbinger-Wagner und Rechtsanwa­lt Christian Schäfer (von links) vor einem Werk, das in der Dresdner Semperoper aufgenomme­n wurde. Gallus setzt für die bis zu vier auf 1,5 Meter großen Werke bis zu 200 Einzelfoto­s zusammen, so dass ein Gesamtbild ohne Brüche entsteht. „Dadurch ergibt sich für den Betrachter eine Perspektiv­e, die man sonst nicht hat, die Mauern und Räume überspring­t.“Besucher, die sich für die Werke interessie­ren, können auch nach der Kulturnach­t nach Anmeldung in der Kanzlei (Friedenstr­aße 1 in Ulm, Telefon 0731 / 92 60 95 30) die Ausstellun­g anschauen.

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