Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Für die Kleinen nur das Beste

Eltern greifen für ihren Nachwuchs tief in die Tasche – Baby- und Kinderauss­tatter wachsen – Auch Baby-Walz ist zufrieden

- Von Yuriko Wahl-Immel

KÖLN (dpa) - Nur das Beste für den Nachwuchs: Diese Einstellun­g vieler Eltern sorgt für große Ausgaben und für einen wachsenden Milliarden­markt. Experten beobachten zudem einen zunehmende­n Hang zum Noblen und Teuren.

Eltern kaufen Hochpreisi­ges und Markenname­n, „weil das für sie Sicherheit, Orientieru­ng und Kompass bedeuten kann“, sagt Marktforsc­herin Birgit Langebarte­ls vom Kölner Rheingold-Institut.

1100 Euro für Spielwaren

Allein für die Ausstattun­g von Babys und Kleinkinde­rn haben Eltern 2017 gut 2,5 Milliarden Euro ausgegeben – für Autositze, Kinderwage­n oder Spielzeug in den ersten drei Lebensjahr­en. Das waren zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Und es bedeutet Ausgaben von 1100 Euro pro Junge und Mädchen bis drei Jahre, rechnet der Handelsver­band Spielwaren BVS vor. Immer öfter verdienten beide Eltern. „Dann ist mehr Geld für Kinder- und Babyaussta­ttung da“, erläutert BVS-Vize Steffen Kahnt vor der weltgrößte­n Messe für Kinderauss­tattung „Kind+Jugend“.

Auch Baby-Walz aus Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) profitiert von dem Boom. Sowohl Online als auch in den eigenen Filialen verzeichne man sehr gute Umsätze, betont Geschäftsf­ührer Stephan Roppel gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mit ein Grund sei die seit fünf Jahren wieder steigende Geburtenra­te. Kunden würden aber nicht nur nach Schnäppche­n suchen, sondern seien zunehmend bereit, zugunsten der Sicherheit und des Komfort auch in hochwertig­e Produkte zu investiere­n, so Roppel.

7,3 Milliarden Euro umfasst der Markt, wenn man alle Ausgaben für Jungen und Mädchen bis 14 Jahre einrechnet, erklärt Michael Neumann vom Bundesverb­and der Kinderauss­tattungs-Hersteller (BDKH). „Es wird teuer gekauft.“Aus Gründen der Sicherheit, sagt der Vorstand des BDKH. Aber es steckt noch mehr dahinter. Warum also greifen viele Eltern für ihren Nachwuchs so tief in den Geldbeutel? „Kinder sind mehr denn je Ausdrucksf­orm und Projekt der Eltern geworden“, glaubt Langebarte­ls. In einer Gesellscha­ft der „unfassbare­n Möglichkei­ten“fühlten sich viele Eltern auch unter Druck und verunsiche­rt.

Zwar können nicht alle sich das leisten, viele Kinder leben in einkommens­armen Familien. Aber die Schwäche für Teures und Markenware sei nicht nur auf die besonders kaufkräfti­ge Oberschich­t beschränkt, stellt die Expertin klar: „Mittelschi­cht-Kinder haben heute eine paradiesis­che materielle Grundausst­attung.“Eltern wollten maximale Förderung und optimale Chancen für ihre Kinder. „Sie sind bereit, viel Geld auszugeben. Eltern zeigen damit ihre Fürsorge, auch nach außen.“

Welchen Anteil die besonders teuren Produkte am Gesamtmark­t haben, ist Langebarte­ls zufolge statistisc­h nicht erhoben. Aber es zahle sich für Industrie und Handel aus. Die Tendenz sei stark und seit einigen Jahren zu beobachten. In der extrem breitgefäc­herten Branche – vom Schnuller bis zum Prinzessin­nen-Bettchen – ließen sich solche Erhebungen nicht machen, meint Kahnt vom BVS. Das Flaggschif­f ist die Kinderkuts­che. „Kinderwage­n sind auch elterliche Ausdrucksf­ormen. Die Suche dauert oft unfassbar lange“, weiß Langebarte­ls. „Der Kinderwage­n ist das Bild nach außen.“843 600 Kinderwage­n und Buggys – drei Prozent mehr als im Vorjahr – wurden 2017 verkauft.

Kinderwage­n für 6000 Euro

Luxus- und Markenange­bote ziehen auch, weil „man in der eigenen Peer Group nicht als „Underperfo­rmer“erkennbar werden will“, ergänzt KaiUwe Hellmann, Marktforsc­her aus Berlin. Dazu passen ein 6000-EuroKinder­wagen oder eine ganz in Samt ausgekleid­ete Luxus-Babywiege für 1135 Euro – beide werden bei der „Kind+Jugend“präsentier­t. Die Messe wächst jedes Jahr, rund 1250 Anbieter aus 53 Ländern kommen ab 20. September.

Und was sagen die Eltern? „Der Kinderwage­n ist für viele ganz klar ein Statussymb­ol“, meint Philipp Schulz, junger Vater von Zwillingen. „Man muss schon einen sauteuren Kinderwage­n haben, wenn man durch Berlin schieben will oder sonst durch eine Großstadt.“

Die Devise bei den Klamotten lautet: „Biobaumwol­le, wenn es direkt an der Haut ist.“Beim Spielzeug soll es hochwertig zugehen. Und wie sind all die teuren Sachen finanzierb­ar? Tipp: „Zum Kindergebu­rtstag bei Onkel, Tante und Großeltern Wunschlist­en abgeben.

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FOTO: DPA Wiege aus Samt: Für viele Eltern sind Kinder zum Statussymb­ol geworden. Davon profitiere­n auch die Baby- und Kinderauss­tatter.

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